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Allerneuester
Erziehungsplan.
(Fortsetzung.)
Einige Beispiele, hochverehrtes Publicum, werden
dies deutlicher machen.
Das gemeine
Gesetz des Widerspruchs ist jeder¬5
mann, aus eigner Erfahrung, bekannt; das Gesetz, das
uns
geneigt macht, uns, mit unserer Meinung, immer
auf die entgegengesetzte
Seite hinüber zu werfen. Je¬
mand sagt mir, ein Mensch, der am Fenster
vorüber¬
geht, sei so
dick, wie eine Tonne. Die Wahrheit zu 10
sagen,
er ist von gewöhnlicher Corpulenz. Ich aber,
da ich ans Fenster komme, ich berichtige diesen Irr¬
thum nicht bloß: ich rufe Gott zum Zeugen an, der
Kerl sei so dünn, als ein Stecken.
Oder eine Frau
hat sich, mit ihrem Liebhaber, 15
ein Rendezvous menagirt. Der Mann, in der Regel,
geht des Abends, um
Triktrak zu spielen, in die Ta¬
bagie; gleichwohl um sicher zu gehen, schlingt sie den
Arm
um ihn, und spricht: mein lieber Mann! Ich
habe die Hammelkeule, von
heute Mittag, aufwärmen 20
lassen. Niemand
besucht mich, wir sind ganz allein;
laß uns den heutigen Abend einmal,
in recht heiterer
und vertraulicher Abgeschlossenheit zubringen. Der
Mann, der gestern schweres Geld in der Tabagie
ver¬
lor, dachte in der
That heut, aus Rücksicht auf seine 25
Casse, zu Hause zu bleiben; doch
plötzlich wird ihm
die entsetzliche Langeweile klar, die ihm, seiner
Frau
gegenüber, im Hause verwartet. Er
spricht: liebe
Frau! Ich habe einem Freunde versprochen, ihm im
Triktrak, worin ich gestern gewann, Revange zu ge¬30
ben. Laß mich, auf
eine Stunde, wenn es sein kann,
in die Tabagie gehn; morgen von Herzen
gern stehe
ich zu deinen Diensten.
(Die Fortsetzung
folgt.)
Aëronautik.35
(Beschluß.)
Zudem bemerken
wir, daß wenn 7) der Luftschiff¬
fahrer, aller dieser Hülfsmittel ungeachtet, Tage und
Wochen lang auf den Wind, der ihm passend ist,
war¬
ten müßte, derselbe
sich mit dem Seefahrer zu trö¬40
sten hätte, der auch Wochen, oft Monate lang, auf
günstige Winde im Hafen harren muß: wenn er ihn
aber gefunden hat,
binnen wenigen Stunden damit
weiter kommt, als wenn er sich, von Anfang
herein,
während der ganzen verlornen Zeit, zur Axe oder zu 45
Pferde fortbewegt hätte.
Endlich selbst
zugegeben 8) — was wir bei der
Möglichkeit, auch selbst in der
wolkigsten Nacht, den
Polarstern, wenigstens auf Augenblicke,
aufzufinden, kei¬
nesweges thun — dem Luftschiffer fehle es schlechthin 50
an
Mittel, sich in der Nacht im Luftraum zu orienti¬
ren: so halten wir den von dem unbekannten Hrn. R.
berechneten Irrthum von 6 Meilen, auf einen Radius
von
30 Meilen, für einen sehr mäßigen und erträglichen.
Der Aeronaut würde immer noch, wenn x die Zeit ist, 55
die er gebraucht haben würde, um den
Radius zur
Axe zurückzulegen, in x/5 den Radius und die Sehne
zurücklegen können. Wenn er dies, gleichviel aus
wel¬
chen Gründen, ohne
seinen Ballon, nicht wollte, so
würde er sich wieder mit dem Seefahrer
trösten müs¬60
sen, der auch
oft, widriger Winde wegen, statt in den
Hafen einzulaufen, auf der
Rhede vor Anker gehen,
oder gar in einen andern ganz entlegenen Hafen
ein¬
laufen muß, nach
dem er gar nicht bei seiner Abreise
gewollt hat.65
Was Hr. Garnerin
betrift, so werden wir im
Stande sein, in Kurzem bestimmtere Facta, als
die im
13ten Abendblatt enthalten waren, zur Erwiderung auf
die gemachten Einwurfe, beizubringen.
rm.70
Schreiben aus Berlin.
Den 28. Octbr.
Die Oper
Cendrillon, welche sich Mad. Bethmann
zum Benefiz gewählt hat, und Herr
Herklots bereits,
zu diesem Zweck, übersetzt, soll, wie man sagt, der
zum 75
Grunde liegenden, französischen Musik wegen, welche
105 ein dreisilbiges Wort
erfordert, Ascherlich, Ascher¬
ling oder Ascherlein u. s. w. nicht Aschenbrö¬
del, genannt werden. Brödel, von Brod oder, alt¬
deutsch, Brühe (brode im Französischen) heißt
eine mit 80
Fett und Schmutz bedeckte Frau; eine Bedeutung, in
der sich das Wort, durch eben das, in Rede stehende,
Mährchen, in welchem es, mit dem Muthwillen freund¬
licher Ironie, einem zarten und lieben Kinde von
über¬
aus schimmernder
Reinheit an Leib und Seele, gege¬85
ben wird, allgemein beim Volk erhalten hat. Warum,
ehe man diesem Mährchen dergestalt, durch Unterschie¬
bung eines, an sich gut
gewählten, aber gleichwohl
willkührlichen und bedeutungslosen Namens,
an das
Leben greift, zieht man nicht lieber, der Musik zu Ge¬90
fallen, das „del“ in „d‘l“
zusammen, oder elidirt das
d ganz und gar? Ein österreichischer Dichter wür¬
de ohne Zweifel keinen Anstand nehmen, zu sagen:
Aschenbröd’l oder Aschenbröl.
Ascherlich oder
Aschenbröd’l selbst, wird Madmois. 95
Maas; Mad. Bethmann,
wie es heißt, die Rolle ei¬
ner der eifersüchtigen Schwestern übernehmen. Mlle.
Maas ist ohne Zweifel durch mehr, als die bloße Ju¬
gend, zu dieser Rolle berufen;
von Mad. Bethmann
aber sollte es uns leid thun, wenn sie glauben
sollte, 100
daß sie, ihres Alters wegen, davon ausgeschlossen wäre.
Diese Resignation käme (wir meinen, wenn
nicht den
größesten, doch den verständigsten Theil des Publicums,
auf unserer Seite zu haben) noch um viele Jahre zu
früh. Es ist, mit dem Spiel dieser Künstlerin, wie 105
mit dem Gesang manchen alten Musikmeisters am For¬
tepiano. Er hat
eine, von manchen Seiten mangel¬
hafte, Stimme und kann sich, was den Vortrag be¬
trift, mit keinem jungen, rüstigen Sänger
messen.
Gleichwohl, durch den Verstand und
die ungemein 110
zarte Empfindung, mit welcher er zu Werke geht,
führt er, alle Verletzungen vermeidend, die Einbildung,
in einzelnen Momenten, auf so richtige Wege, daß
jeder sich mit
Leichtigkeit das Fehlende ergänzt, und
ein in der That höheres
Vergnügen genießt, als ihm 115
eine bessere Stimme, aber von einem
geringern Ge¬
nius
regiert, gewährt haben würde. — Mad. Bethmanns
größester Ruhm, meinen wir, nimmt allererst, wenn
sie sich
anders auf ihre Kräfte versteht, in einigen Jah¬
ren (in dem Alter, wo Andere ihn verlieren,) seinen 120
Anfang.
y.
An die Verfasser schlechter
Epigramme.
Des
Satyrs Geißel schmerzt von Rosenstrauch am
meisten. 125
Wer nur den Knieriem führt, der bleibe ja beim
Leisten.
st.
Miscellen.
Die Insel Bonaparte (ehemals
Bourbon) ist den 7ten 130
Juli von
6000 Engländern, welche daselbst gelandet, erobert wor¬
den. Der französische Obrist Sainte-Suzanne, der auf
der Insel
kommandirte, hat gleichwohl eine ehrenvolle Capitulation
abge¬
schlossen. Isle de France,
den Angriffen der Engländer nunmehr
ausgesetzt, ist in zweckmäßigen
Vertheidigungsstand gesetzt worden.135
(Mon.)
Mehrere Generale und höhere Offiziere sind im Oesterreichi¬
schen vor ein
Spezial-Kriegsgericht gezogen worden, um wegen
ihres Verhaltens,
während des Kriegs, Rechenschaft abzulegen.
Man sagt, die Akten werden zur Kenntniß des Publikums ge¬140
bracht werden.
Hr. Grattan ist beauftragt worden, die Addresse der Irrlän¬
der, wegen Zurücknahme der
Unionsacte, dem Parlament vorzu¬
legen.
Der Englische Admiral
Saumarez soll Befehl erhalten haben, 145
gegen den schwedischen Handel
feindlich zu agiren. Demnach wäre
der Krieg
zwischen England und Schweden erklärt. (Frk. St.
Rist.
Rist.)
Polizeiliche
Tages-Mittheilungen.
Es sind gestern
4 Personen wegen begangener
Marktdiebstäle zur Untersuchung
gezogen.150
Bei der heute
früh um 4 Uhr beendigten Gene¬
ralvisitation sind 22 Männer und 2 Weiber verhaftet,
deren Verhältnisse näher untersucht werden.
Ein angeblicher
Oekonom hat sich mit Bettelbrie¬
fen bei einem hiesigen Einwohner introduzirt und ist 155
verhaftet.
Die
Viehtransporte waren besonders bedeutend
blos an Ochsen 286 Stück,
größtentheils fremde.
Bei J. E. Hitzig, hinter der katholischen Kirche
Nr. 3, und in der Expedition der Abendblätter, Jä¬160
gerstraße Nr. 25, ist zu haben:
Taschenbuch für denkende Frauen 1811.
Enthaltend: Briefe über Zweck und Richtung
weibli¬
cher Bildung,
von Caroline, Baronin
Fouque.
Fouqué.
Eine Weihnachtsgabe. 16. Elegant gebunden 12 gr.165