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Kunst-Ausstellung./
(Fortsetzung des im 9ten Blatt abgebrochenen Aufsatzes.)/
Es ist keinesweges die Absicht, die Büryschen Bilder /hier mit unverdienten Lobsprüchen überschütten zu wol/len. Der bescheidene Künstler würde sich dadurch am /meisten verletzt halten. Aber das Bestreben, die Ab/sicht und den Sinn desselben zu verständigen, das ist /es, was hier versucht werden soll, wobei der unerschüt/terlichen und strengen Ehrfurcht vor der Natur, neben /der Gegenwart wahrer Kunst in seinen Werken die / 10 gebührende Achtung nicht versagt werden kann./
Es sind in Allem fünf Porträte, welche Hr. Büry /ausgestellt hat, und welche angesehen werden können /als eine Stufenfolge künstlerischer Behandlungsarten /des Porträts überhaupt, von dem einfachen, ausdrucks/vollen Charakterbilde an, bis hinauf zur bedeutungs/vollesten symbolischen Vergötterung der menschlichen /Gestalt. Wenn daher oben das Porträt nur brauchte /von seiner gewöhnlichen, gleichsam natürlichen Seite /betrachtet zu werden, so sind wir dagegen durch die / 20 Büryschen Bilder veranlaßt, dasselbe nunmehr in einer /höheren Beziehung und vom Standpunkte der Kunst/ansicht selbst ins Auge zu fassen./
Der große Haufe von Beschauern und die soge/nannten Liebhaber verlangen von einem Bilde zuerst, /daß es ihre Aufmerksamkeit und Theilnahme errege, /und außerdem noch ein gewisses, ihnen selbst nicht /recht deutliches Etwas, welches sie bald Grazie, bald /Schönheit, bald Ideal zu nennen pflegen; die Profes/sionisten der Mahlerei hingegen und die sogenannten / 30 Kenner dringen auf Richtigkeit der Zeichnung, auf /Wahrheit der Farben, auf Wirkung des Lichtes und / 56 Schattens und auf Fertigkeit des Pinsels. Beide ha/ben Recht, sowohl jene, welche die Idee, wie diese, /welche deren angemessene Darstellung verlangen, und /wenn die wohlverstandenen Forderungen beider erfüllt /sind, so ist die Kunst erschienen. Denn alle Kunst über/haupt besteht in Darstellung einer Idee, d. h. /eines Ganzen, eines Einen in in [gesperrt] Allem. Durch wel/ches Mittel die Idee dargestellt werde, ist an und für / 40 sich einerlei; am schönsten und erhabensten geschieht es, /wenn der sittliche Mensch sich selbst zum Kunstwerk /macht, oder der begeisterte sein ganzes Geschlecht. Die /Mahlerei aber erwählt zu ihrem Mittel die sichtbare /Gestalt und Erscheinung der Dinge durch Farbe und /Licht. Wie vermittelst derselben die unsichtbare Idee /auf das verständlichste ausgedrückt werden könne, ist /ihr Studium, und die Natur und das Leben selbst /sind ihre Schule./
Damit aber Ideen wirklich dargestellt werden kön/ 50 nen, ist vor allen Dingen nöthig, daß dergleichen über/haupt vorhanden seyen; und nie haben sie der Welt /gefehlt. Keine Zeit hat derselben entbehrt; jede ist /von ihnen auf andere, eigene Weise bewegt worden /und jede hat demzufolge auch ihre besondere eigen/thümliche Kunst hervorgebracht oder begünstigt./
Was nun unser Zeitalter betrift, so ist demselben /überhaupt und dem Deutschen Volke insonderheit be/reits zur Genüge die mangelnde Begeisterung für Re/ligion, Freiheit und Vaterland vorgeworfen und da/ 60 gegen Selbstsucht und Empfindelei zugeschrieben wor/den. Auch widerlegt der gegenwärtige Zustand der /Kunst und insbesondere der Malerei diese Vorwürfe /keinesweges, indem dieselbe ihres eigentlichen und wür/digsten Gebietes, der Religion und Geschichte, ganz /zu entbehren und auf Porträt und Landschaft einge/schränkt worden zu sein scheint. Allein nur zu leicht /wird übersehen, wie dagegen unsere Zeit und unser /Volk von zwei anderen, nicht minder erhabenen, Ideen /auf- und angeregt werde, welche das Leben selbst und / 70 57 dessen politische und gesellschaftliche Verhältnisse zu /gestalten unternommen haben, vom Rechte nämlich /und von der Sitte. Jeder, der zu dieser Zeit wirk/lich lebt, ist von ihnen berührt und bewegt worden; /jedes wahrhafte Werk dieser Zeit trägt den Stempel /derselben und die ganze Richtung derjenigen Kunst, /welche dieser Zeit in der That und Wahrheit angehört, /ist durch sie bestimmt worden./
Auch die Büryschen Bilder bekräftigen nun dieses. /Sowohl das große Gemälde, von welchem an einem / 80 andern Orte geredet werden soll, als auch ein Theil /der Porträte tragen das unverkennbare Gepräge einer /wirklichen, ächten und Deutschen Begeisterung für das /Recht und die Sitte./
(Wird fortgesetzt.)/
Schreiben eines Berliner Einwohners an den /Herausgeber der Abendblätter./
Mein Herr!/
Dieselben haben in dem 11ten Stück der Berliner Abendblät/ter, unter der Rubrik: Nützliche Erfindungen, den Entwurf einer / 90 Bombenpost zur Sprache gebracht; einer Post, die der Mangelhaf/tigkeit des elektrischen Telegraphen, nämlich, sich mit nichts, als /kurzen Anzeigen, befassen zu können, dadurch abhilft, daß sie dem /Publico auf zweckmäßig angelegten Artillerie-Stationen, Briefe /und Packete mit Bomben und Granaten zuwirft. Erlauben Die/selben mir zu bemerken, daß diese Post, nach einer, in Ihrem eige/nen Aufsatz enthaltenen Aeußerung, voraussetzt, der Stettiner oder /Breslauer Freund habe auf die Frage des Berliners an ihn: wie /geht’s dir? zu antworten: recht gut! Wenn derselbe jedoch, gegen /die Annahme, zu antworten hätte: so, so! oder: mittelmäßig! oder / 100 die Wahrheit zu sagen, schlecht; oder gestern Nacht, da ich verreis’t /war, hat mich meine Frau hintergangen; oder: ich bin in Prozessen /verwickelt, von denen ich kein Ende absehe; oder: ich habe Banke/rot gemacht, Haus und Hof verlassen und bin im Begriff in die / weite Welt weiteWelt zu gehen: so gingen, für einen solchen Mann, unsere /ordinairen Posten geschwind schnell schnell genug. Da nun die Zeiten von der /Art sind, daß von je hundert Briefen, die zwei Städte einander zu/schicken, neun und neunzig Anzeigen von der besagten Art enthalten, /so dünkt uns, sowohl die elektrische Donnerwetterpost, als auch die /Bomben- und Granatenpost könne vorläufig noch auf sich beruhen, / 110 und wir fragen dagegen an, ob Dieselben nicht die Organisation /58einer anderen Post zu Wege bringen können, die, gleichviel, ob sie /mit Ochsen gezogen, oder von eines Fußboten Rücken getragen /würde, auf die Frage: wie geht’s dir? von allen Orten mit der /Antwort zurückkäme: je nun! oder: nicht eben übel! oder: so wahr /ich lebe, gut! oder: mein Haus habe ich wieder aufgebaut; oder: /die Pfandbriefe stehen wieder al pari; oder: meine beiden Töchter /habe ich kürzlich verheirathet; oder: morgen werden wir, unter dem /Donner der Kanonen, ein Nationalfest feiern; — und was derglei/chen Antworten mehr sind. Hiedurch würden Dieselben sich das / 120 Publikum auf das lebhafteste verbinden, und da wir von Dero Ei/fer zum Guten überall, wo es auf Ihrem Wege liegt, mitzuwirken, /überzeugt sind, so halten wir uns nicht auf, die Freiheit dieses Brie/fes zu entschuldigen, und haben die Ehre, mit der vollkommensten /und ungeheucheltsten Hochachtung [liest ›Hochachtung‹] [liest ›Hochachtung‹] zu sein, u. s. w./
Berlin den 14. Okt. 1810. Der Anonymus./
Antwort an den Einsender des obigen Briefes./
Dem Einsender obigen witzigen Schreibens geben wir hiemit /zur Nachricht, daß wir uns mit der Einrichtung seiner Ochsenpost, /oder seines moralischen und publizistischen Eldorados nicht befassen / 130 können. Persiflage und Ironie sollen uns, in dem Bestreben, das /Heil des menschlichen Geschlechts, soviel als auf unserem Wege /liegt, zu befördern, nicht irre machen. Auch in dem, Gott sei /Dank! doch noch keineswegs allgemeinen Fall, daß die Briefe mit /lauter Seufzern beschwert wären, würde es, aus ökonomischen und /kaufmännischen Gesichtspunkten noch vortheilhaft sein, sich dieselben /mit Bomben zuzuwerfen. Demnach soll nicht nur der Prospectus /der Bombenpost, sondern auch ein Plan, zur Einsammlung der /Actien, in einem unserer nächsten Blätter erfolgen./
Die Redaktion./ 140
Fragment eines Haushofmeisters-Examens /aus dem Shakespear./
Ehrn Matthias. Was ist des Pythagoras Lehre wildes Geflü/gel anlangend? — —/
Was achtest du von dieser Lehre? —/
Vx./
Miscellen./
Außer dem Feuer in der Landsberger Straße soll auch in der /vorgestrigen Nacht in Wilmersdorf wieder Feuer gewesen sein./ 150
[Hierbei ein Extrablatt.]/
Extrablatt/
zum 14ten Berliner Abendblatt./
Ueber die gestrige Luftschiffahrt des Herrn /Claudius./
Herr Claudius hat seinen Versuch, den Ballon will/kührlich, vermittelst einer Maschiene, zu dirigiren, nicht /zu Stande bringen können. Sei es nun, daß der Wind, /indem er die Taftwände zusammendrückte, der Anfül/lung hinderlich, oder aber die Materialien (welches das / 160 Wahrscheinlichere ist), von schlechter Beschaffenheit wa/ren: der Ballon hatte um 4 Uhr noch keine Steige/kraft. Das Volk ist, bei solchen Gelegenheiten, im/mer wie ein Kind; und während sich Hr. Reichard, /der sich der Sache angenommen hatte, der augenschein/lichen Gefahr ungeachtet, erbot, in die Lüfte zu ge/hen, ward Hr. Claudius, durch die Vorsorge der Po/lizei, im Stillen in Sicherheit gebracht. Hr. Reichard, /dieser erfahrne und muthige Luftschiffahrer, dessen Ein/sicht man diese Sache überlassen mußte, setzte sich dem/ 170 nach in der That in die Gondel; sein Glück aber wollte, /daß er, sogleich beim Aufsteigen, in die Bäume des zu/nächst liegenden Gartens gerieth: ohne welchen Glücks/fall er unfehlbar auf halsbrechende Weise über die Dä/cher der Stadt hinweg geschleift haben würde. Hier/auf, nachdem man den Ballon wieder niedergezogen /und in die Mitte des Schützenplatzes gebracht hatte, /ward er von höherer Hand befragt: ob er anders /nicht, als mit Lebensgefahr steigen könne? und da Hr. /Reichard antwortete: „steigen könne und wolle er; / 180 aber, unter solchen Umständen, ohne Lebensgefahr /nicht!“ so ward ihm, auf unbedingte Weise, befohlen, /auszusteigen: worauf die Herren Unternehmer, nach/dem dies bewerkstelligt war, dem Volk noch, um es zu /befriedigen, das kostspielige Schauspiel gaben, den Bal/lon für sich, ohne Schiffahrer, in das Reich der Lüfte /empor gehen zu lassen. In weniger als einer Vier/58btelstunde, war derselbe nunmehr den Augen entschwun/den; und ob man ihn wieder auffinden wird, steht /dahin./ 190
Bei dieser Gelegenheit müssen wir auf den Ver/such Hrn. Garnerins zurückkommen, den Ballon, auf /ganz leichte und ungewaltsame Weise, ohne alle Ma/schienerie, willkührlich zu bewegen. Dieser Versuch /scheint Hrn. Claudius nicht in seinem ganzen Umfange /bekannt geworden zu sein. Hr. Garnerin hat, bei sei/nem interessanten Experiment, zwei Erfahrungen zum /Grunde gelegt: einmal, daß in der Luft alle nur /möglichen Winde in horizontaler Richtung, über ein/ander liegen; und dann, daß diese Winde, während / 200 der Nacht, den mindesten Wechseln (Veränderungen) /unterworfen sind. Demnach ist er, im August d. J., /zu Paris, mit der Vorherbestimmung, daß er nach /Rheims gehen würde, zur Zeit der Abenddämmerung, /aufgestiegen: überzeugt, daß er, in senkrechten Auf- und /Niederschwebungen, vermittelst des Compasses, den er /bei sich hatte, den Luftstrom finden würde, der ihn nach /dieser Stadt hintragen würde. Hier bei der Morgen/dämmerung des nächsten Tages angekommen, hat er /sich ausgeruht und restaurirt, und ist, bei Einbruch / 210 der Nacht, mit der Vorherbestimmung, daß er nach /Trier gehen würde, mit demselben Ballon, von Neuem /in Luft gegangen. Diese Vorherbestimmung schlug in /so fern fehl, daß er, am andern Morgen, nach Cölln /kam: aber der Versuch war entscheidend genug, um /darzuthun, daß man, bei der Direction des Luftbal/lons, schlechthin keiner Maschienen bedürfe. — Hr. /Claudius kann die nähere Beschreibung davon in den /öffentlichen Blättern finden./
Polizeiliche Tages-Mittheilungen./ 220
Im Backhause eines Bäckermeisters in der Lands/berger Straße brach vorgestern Abend Feuer aus, wurde /aber in kurzer Zeit glücklich gelöscht./
Ein Uhlan hat seinen Vize-Wachtmeister, der ihn /arretiren wollen, vorgestern Nachmittag um 3 Uhr in /seiner Wohnung durch zwei Pistolenschüsse getödtet./