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    Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen. [02.01.1811]Bülletin der öffentlichen Blätter. [02.01.1811]Ein Satz aus der höheren Kritik.Miscellen. [02.01.1811]
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  • 1811. Nro. 1. Berlin, den 2ten Januar 1811.
1811. Nro. 1. Berlin, den 2ten Januar 1811.

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1

1811. Nro. 1.

Berliner Abendblaͤtter.

Berlin, den 2ten Januar 1811.

Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen.

Am 29ſten Abends 7 Uhr hat ein Hausknecht vor
ſeines Herrn Hauſe das Ungluͤck gehabt, von einer
Kutſche uͤbergefahren zu werden.
Durch ſchnelles Fah⸗
ren hat ſich der Fuͤhrer der Equipage, worauf ſich 5
auch noch Bediente befanden, der naͤhern Ausmittelung
entzogen.

Geſtern Morgen verließ eine Scheuerfrau ihre
Wohnung, im allgemeinen Militair⸗Lazareth, um an
ihr Geſchaͤft zu gehen, und ihre beiden Kinder von 10
reſpekt. 8 Jahren und 3 Wochen, blieben darin zu⸗
ruͤck. Das aͤltere von ihnen ergriff nicht lange nach⸗
her eine brennende Lampe, in der Abſicht, Etwas zu
ſuchen, und bei dieſer Gelegenheit fiel eine Schnup⸗
pe auf die Bettgardine, welche anfing zu ſchwaͤlen. 15
Das Kind verſuchte, ſie zu loͤſchen, kam damit aber
nicht zu Stande und lief daher zu einer Bekannten im
Lazarethgebaͤude, um Huͤlfe zu ſuchen.
Waͤhrend der
Zeit war auch die Mutter zuruͤckkommen, und es
wurde nun jeder weitere Schadeverhuͤtet. Schade verhuͤtet.
Das Bette 20
iſt indeß ſehr beſchaͤdigt, und der dabei erwachſene
Verluſt fuͤr dieBeſitzerinn, die Beſitzerinn, um ſo empfindlicher, da ſie
arm iſt.

Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.

Aus Schweden, den 5. Dec.25

Man ſieht zu Stockholm jetzt einen Brief Sr. Maj.
des Koͤnigs vom 24. Nov. an die Graͤfinn Piper, wo⸗
rin Se. Maj. dieſer Dame ihr Beileid uͤber das ihr
und ihrem Bruder, dem Graf. Graf Axel von Ferſen, un⸗
ſchuldig wiederfahrne Ungluͤck bezeugen.
Dieſer Brief 30
ſchließt folgendermaßen:“ Da folgendermaßen: „Da Ihre Unſchuld alſo in ge⸗
ſetzlicher Ordnung an den Tag gelegt, da der Stempel
2 des Verbrechens, welchen die Bosheit und Geſetzloſig⸗
keit an Ihres Bruders Namen zu heften geſucht hat,
um eine abſcheuliche Mordthat zu bemaͤnteln und zu 35
rechtfertigen, vertilgt iſt, ſo eile ich, Ihnen meine auf⸗
richtige Theilnahme an dem harten Schickſal und den
Leiden, welche durch Ihres Bruders Tod Ihr Loos
geworden, zu erkennen zu geben.“ —
In der Antwort
zeigt die Graͤfinn Piper an, daß ſie beſchloſſen habe, 40
ihre Tage fern von dem Ort, der ſie an ihre ſchreck⸗
lichen Leiden erinnern wuͤrde, auf dem Lande zuzu⸗
bringen.
(Corr. f. Deutſchl.)

Petersburg, d. 12ten Dec.

Unſere Zeitungen enthalten folgendes merkwuͤrdige 45
Factum, als ein Beiſpiel der Beſonnenheit und des
Muths eines Ruſſiſchen Seemanns:

„Der Buͤrger Jeraſimov, aus Kola im Ruſſiſchen
Capland, ward im Monat Juli als Capitain eines
Kauffartheiſchiffes, dem Archangelſchen Handelshauſe 50
Alexei Popovs Soͤhne gehoͤrig, mit einer Ladung
Roggen von Archangel nach Norwegen abgefertigt.
Am 19ten Auguſt, unfern der Hoͤhe des Nordkaps,
gerieth er in die Naͤhe eines Engliſchen bewaffneten
dreimaſtigen Schiffs, welches auf ihn zuſegelte, und 55
eine Schaluppe mit einem Officier und fuͤnf Mann auf
ſein Schiff ſandte, welche gleich nach ihrer Ankunft
auf dem Ruſſiſchen Schiffe daſſelbe als gute Priſe be⸗
handelten, ſich mancherlei Sachen zueigneten und Geld
forderten.
Jeraſimov wagte es nicht, ſich zu wider⸗60
ſetzen, da außer dem genannten Schiffe noch eine Eng⸗
liſche Fregatte ſich in der Naͤhe befand.
Auf ſeinem
Schiffe, von welchem vier Matroſen weggenommen
waren, blieb ein Engliſcher Officier mit ſieben Eng⸗
liſchen Matroſen. Er mußte nun den Engliſchen Schif⸗65
fen folgen.
Am 23. Aug. trennte ihn ein Sturm von
denſelben. Jeraſimov faßte nun mit ſeinen Gefaͤhrten
den Entſchluß, ſich ſeines Schiffes wieder zu bemaͤch⸗
tigen.
Am 30. Aug. um 5 Uhr des Morgens, als der
Engl. Officier nebſt ſechs Matroſen in der Cajuͤte 70
ſchlief, und nur einer der Engliſchen Matroſen auf
dem Verdeck Wache hielt, ſtuͤrzte Jeraſimov nebſt ſei⸗
nen Gefaͤhrten den wachthabenden Matroſen ins Meer,
und vernagelte die Thuͤre der Cajuͤte, in welcher der
Engl. Officier mit ſeinen ſechs Matroſen ſchlief.
Nach⸗75
dem dieſe erwacht waren, tobten ſie auf alle moͤgliche
3 Weiſe; allein vergeblich. Nach drei Tagen baten ſie
um Lebensmittel, die Jeraſimov ihnen auch reichte,
und darauf mit ſeinen Gefangenen grade nach der
Daͤniſchen Feſtung Wardohuus ſeegelte, wo er dieſel⸗
den
dieſel⸗80
den
dem Commandanten uͤbergab, ſich von ihm ein
Atteſt uͤber den Vorfall ertheilen ließ, den Leck ſeines
Schiffes ausbeſſern ließ, und damit nach Kola zuruͤck⸗
ſeegelte.
(L. d. B.)

Aus Portugal.85

Es ſcheint, daß ſich an der Graͤnze Portugals eine
zweite Armee bildet, an Staͤrke beinahe der erſten
gleich, um die Operationen des Prinzen v. Eßling zu
unterſtuͤtzen.
(Corr. f. Deutſchl.)

Paris, den 21ten Dec.90

Das Journal de l’Empire enthaͤlt folgendes:
Aus dem Hauptquartier vor Torto⸗
ſa, den 28ten Nov.

Die Valencier, unter dem Befehl des Gen. Baße⸗
court, haben am 26ten das von einer Diviſion des 3t. 95
Corps beſetzte Lager von Val de Cenar angegriffen; ſie
wurden in Schuſſesferne empfangen, und in voͤllige
Flucht geſchlagen.
Wir haben ihnen 3000 Gefangene
abgenommen: mehr als 800 Mann ſind ertrunken.
Auch
der Gen. Klopisky hat ihnen zu Alventoſa eine Com⸗100
pagnie reitende Artillerie und ſechs Kanonen abgenom⸗
men.
Dieſem Angriff vom 26t. waren ſchon einige an⸗
dre entferntere Affairen vorangegangen, wo unſere
Truppen ſtets den Sieg davon trugen.
Unter den
Gefangenen befindet ſich der Brigadier Garcias Na⸗105
varo.
(L. d. B.)

Ein Satz aus der hoͤheren Kritik.

An * * *

Es gehoͤrt mehr Genie dazu, ein mittelmaͤßiges
Kunſtwerk zu wuͤrdigen, als ein vortreffliches.
Schoͤn⸗110
heit und Wahrheit leuchten der menſchlichen Natur in
der allererſten Inſtanz ein; und ſo wie die erhabenſten
Saͤtze am Leichteſten zu verſtehen ſind (nur das Minu⸗
tioͤſe iſt ſchwer zu begreifen): ſo gefaͤllt das Schoͤne
leicht; nur das Mangelhafte und Manierirte genießt 115
ſich mit Muͤhe.
In einem trefflichen Kunſtwerk iſt das
Schoͤne ſo rein enthalten, daß es jedem geſunden Auf⸗
4 faſſungsvermoͤgen, als ſolchem, in die Sinne ſpringt;
im Mittelmaͤßigen hingegen iſt es mit ſoviel Zufaͤlli⸗
gem oder wohl gar Widerſprechenden vermiſcht, daß 120
ein weit ſchaͤrferes Urtheil, eine zartere Empfindung,
und eine geuͤbtere und lebhaftere Imagination, kurz
mehr Genie dazu gehoͤrt, um es davon zu ſaͤubern.
Daher ſind auch uͤber vorzuͤgliche Werke die Meinun⸗
gen niemals getheilt (die Trennung, die die Leiden⸗125
ſchaft hineinbringt, erwaͤge ich hier nicht;) nur uͤber
ſolche, die es nicht ganz ſind, ſtreitet und zankt
man ſich.
Wie ruͤhrend iſt die Erfindung in manchem
Gedicht: nur durch Sprache, Bilder und Wendungen
ſo entſtellt, daß man oft unfehlbares Senſorium haben 130
muß, um es zu entdecken.
Alles dies iſt ſo wahr, daß
der Gedanke zu unſern vollkommenſten Kunſtwerken (z. B.
eines großen Theils der Shakeſpearſchen) bei der Lek⸗
tuͤre ſchlechter, der Vergeſſenheit ganz uͤbergebener Bro⸗
ſchuͤren und Charteken entſtanden iſt.
Wer alſo Schil⸗135
ler und Goͤthe lobt, der giebt mir dadurch noch gar
nicht, wie er glaubt, den Beweis eines vorzuͤglichen und
außerordentlichen Schoͤnheitsſinnes; wer aber mit Gellert
und Kronegckhie Kronegck hie und da zufrieden iſt, der laͤßt mich,
wenn er nur ſonſt in einer Rede Recht hat, vermu⸗140
then, daß er Verſtand und Empfindungen, und zwar
beide in einem ſeltenen Grade beſitzt.
r y.

Miscellen.

Zu Montesquieu’s Zeiten waren die Friſuren ſo 145
hoch, daß es, wie er witzig bemerkt, ausſah, als ob die
Geſichter in der Mitte der menſchlichen Geſtalt ſtaͤnden;
bald nachher wurden die Hacken ſo hoch, daß es aus⸗
ſah, als ob die Fuͤße dieſen ſonderbaren Platz einnaͤh⸗
men.
Auf eine aͤhnliche Art waren, mit Montesquieu 150
zu reden, vor einer Handvoll Jahren, die Taillen ſo
duͤnn, daß es ausſah, als ob die Frauen gar keine Lei⸗
ber haͤtten; jetzt im Gegentheil ſind die Arme ſo dick,
daß es ausſieht, als ob ſie deren drei haͤtten.

Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen. [02.01.1811]; Bülletin der öffentlichen Blätter. [02.01.1811]; Ein Satz aus der höheren Kritik.; Miscellen. [02.01.1811];

https://archive.org/details/BerlinerAbendbltter1810-11/page/n324/mode/1up

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1811-01, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 24.05.2025

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  • 20Schadeverhuͤtet.Schade verhuͤtet.
  • 22dieBeſitzerinn,die Beſitzerinn,
  • 29Graf.Graf
  • 31folgendermaßen:“ Dafolgendermaßen: „Da
  • 80dieſeldendieſelden
  • 139KronegckhieKronegck hie

Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 1811. Nro. 1. Berlin, den 2ten Januar 1811. Berlin: August Kuhn, 2.1.1811.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 1–4 (1811)

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Polizeiliche Tages⸗Mittheilungen. [02.01.1811]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 1

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/8 II 7

Bülletin der öffentlichen Blätter. [02.01.1811]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 1–3

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/8 II 7–10

Ein Satz aus der höheren Kritik.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: r y. [= Heinrich von Kleist]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 3–4

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/8 II 10f. [MA] II 445f. [DKV] III 564f. [SE:1993] II 346f.

Miscellen. [02.01.1811]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 4

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/8 II 11 [MA] II 446 [DKV] III 564 [SE:1993] II 346

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