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    Das Grab der Väter.Andeutungen.Der Jüngling an das Mädchen.Bülletin der öffentlichen Blätter. [1810-12-05]Druckfehler.
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  • 57tes Blatt. Den 5ten Dezember 1810.
57tes Blatt. Den 5ten Dezember 1810.

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xxx

Berliner Abendblätter.

57tes Blatt. Den 5ten Dezember 1810.

Das Grab der Vaͤter.

Einem jungen Bauersmann in Norwegen ſoll einmal
folgende Geſchichte begegnet ſein. Er liebte ein ſchoͤnes
Maͤdchen, die einzige Tochter eines reichen Nachbarn,
und ward von ihr geliebt, aber die Armuth des Wer⸗5
bers machte alle Hofnung auf naͤhere Verbindung zu
nichte.
Denn der Brautvater wollte ſeine Tochter
nur einem ſolchen geben, der ſchuldenfreien Hof und
Heerde aufzuweiſen habe, und weil der arme junge
Menſch weit davon entfernt war, half es ihm zu 10
nichts, daß er von einem der uralten Heldenvaͤter des
Landes abſtammte, ob zwar Niemand einen Zweifel an
dieſer ruͤhmlichen Geſchlechtstafel hegte.
Seiner Ahnen
Erſter und Groͤßter ſollte auch in einem Huͤgel be⸗
graben ſein, den alle Landleute unfern der Kuͤſte zu 15
zeigen wußten. Auf dieſen Huͤgel pflegte ſich denn
der betruͤbte Juͤngling oftmals in ſeinem Leide zu ſez⸗
zen, und dem begrabnen Altvordern vorzuklagen, wie
ſchlecht es ihm gehe, ohne daß der Bewohner des
Huͤgels auf dieſen kleinen Jammer Ruͤckſicht zu neh⸗20
men ſchien. Meiſt hatten auch die zwei Liebenden
ihre verſtohlnen Zuſammenkuͤnfte dort, und ſo geſchah
es, daß einſtmals der Vater des Maͤdchens den einzig
gangbaren ſteilen Pfad zum Huͤgel von ohngefaͤhr
herauf gegangen kam, indeß die beiden oben ſaßen.
25
Eine toͤdtliche Angſt befiel die Jungfrau, ihr Lieb⸗
haber faßte ſie in ſeine ſtarken Arme, uud und verſuchte,
von der andern Seite das Geſtein herabzuklimmen.

Da ſtanden ſie aber ploͤtzlich, auf glattem Raſen am
ſchroffen Hange, feſt, ſie hoͤrten ſchon die Tritte des 30
Vaters uͤber ſich, der ſie auf dieſe Weiſe unfehlbar er⸗
blicken mußte, ſchon fuͤhlten ſich beide von Angſt und
[ 57 ] 224Schwindel verſucht, die jaͤhe Tiefe und den Stand⸗
kreis hinab zu ſtuͤrzen, — da gewahrten ſie nahe bei
ſich einer kleinen Oefnung, und ſchluͤpften hinein, und 35
ſchluͤpften immer tiefer in die Dunkelheit, immer noch
voll Angſt vor dem Bemerktwerden, bis endlich das
Maͤdchen erſchrocken aufſchrie: „mein Gott, wir ſind
ja in einem Grabe!“
— Da ſahe auch der junge
Normann erſt um ſich, und bemerkte, daß ſie in einer 40
laͤnglichen Kammer von gemauerten Steinen ſtanden,
wo ſich inmitten etwas erhub, wie ein großer Sarg.

Jemehr aber die Finſterniß vor den ſich gewoͤhnenden
Augen abnahm, je deutlicher konnte man auch ſehn,
daß die Maſſe in der Mitte kein Sarg war, ſondern 45
ein uralter Nachen, wie man ſie mit Seehelden an
den nordiſchen Kuͤſten vor Zeiten einzugraben pflegte.

Auf dem Nachen ſaß, dicht am Steuer, in aufrechter
Stellung, eine hohe Geſtalt, die ſie erſt fuͤr ein ge⸗
ſchnitztes Bild anſahen.
Als aber der junge Menſch, 50
dreiſt geworden, hinaufſtieg, nahm er wahr, daß es
eine Ruͤſtung von rieſenmaͤßiger Groͤße ſei. Der
Helm war geſchloſſen, in den rechten Panzerhandſchuh
war ein gewaltiges bloßes Schwerdt mit dem goldnen
Griffe hineingeklemmt.
Die Braut rief wohl ihrem 55
Liebhaber aͤngſtlich zu, herab zu kommen, aber in einer
ſeltſam wachſenden Zuverſicht riß er das Schwerdt
aus der beerzten Hand.
Da raſſelten die muͤrben
Knochen, auf denen die Waffen ſich noch erhielten, zu⸗
ſammen, der Harniſch ſchlug auf den Boden des Na⸗60
chens lang hin, der entſetzte Juͤngling den Bord hin⸗
unter zu den Fuͤßen ſeiner Braut.
Beide fluͤchteten,
uneingedenk jeder andere anderen Gefahr, aus der Hoͤle,
den Huͤgel mit Anſtrengung aller Kraͤfte wieder hin⸗
auf, und oben wurden ſie erſt gewahr, daß ein unge⸗65
heurer Regenguß wuͤthete, welcher den Vater von da
vertrieben hatte, und zugleich mit ſolcher Gewalt,
Steine und Sand nach der ſchaurigen Oeffnung hin⸗
abzuwaͤlzen begann, daß ſolche vor ihren Augen ver⸗
ſchuͤttet ward, und man auch nachher nie wieder hat 70
225da hinein finden koͤnnen.
Der junge Menſch aber hatte
das Schwerdt ſeines Ahnen mit heraus gebracht.
Er
ließ mit der Zeit den goldnen Griff einſchmelzen, und
ward ſo reich davon, daß ihm der Brautvater ſeine
Geliebte ohne Bedenken antrauen ließ. Mit der un⸗75
geheuren Klinge aber wußten ſie nichts beſſers anzufan⸗
gen, als daß ſie Wirthſchafts⸗ und andere Geraͤthſchaf⸗
ten, ſo viel ſich thun ließ, daraus ſchmieden ließen.

M. F.

Andeutungen.80

Der Menſchenverſtand hat ſich beſonders in den
letzten zehn bis funfzehn Jahren, als Opponent der
Philoſophie und Poeſie, ſo haͤufig mit ſeinem Geſund⸗
heits
gefuͤhle
gebruͤſtet, daß man ſchon deshalb in
Verſuchu ng Verſuchung gerathen ſollte, ihm einige Schwaͤche zu⸗85
zutrauen.
Beſcheidene Schriftſteller haben von jeher
in den meiſten Faͤllen, den Ausdruck: „Gemeiner Men⸗
ſchenverſtand“ vorgezogen.

Man hat ein Buch vom Profeſſor Poͤlitz in Wit⸗
tenberg
, in welchen welchem gelehrt wird, wie man die deut⸗90
ſchen Dichter, ſtatariſch oder curſoriſch auf Schulen
leſen ſoll.
Unter den Anmerkungen, mit denen der
Herausgeber die einzelnen Gedichte begleitet, ſcheint
mir folgende die anziehendſte. Sie ſteht bei den Ver⸗
ſen aus Schillers Spatziergang:
95

„Jene Linien dort, die des Landmanns Eigenthum ſchuͤtzen,
In die Furche der Flur hat ſie Demeter gewirkt,“

und erklaͤrt, Demetrios ſei ein beruͤhmter Philoſoph
und Mathematiker aus Alexandrien geweſen, der ſich
um die Theorie der geraden und krummen Linien 100
ſehr verdient gemacht habe.

N.

226

Der Juͤngling an das Maͤdchen.

Charade.

Zwei kurze Laute ſage mir;105

Doch einzeln nicht, — ſo ſpricht ein Thier!

Zuſammen ſprich ſie huͤbſch geſchwind:

Du liebſt mich doch, mein ſuͤßes Kind.

(Die Aufloͤſung im folgenden Blatt.)

Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.110

Der Herausgeber der Schweizeriſchen Nachrichten,
iſt wegen Einruͤckung eines Artikels von Belenz, den
Canton Teſſin betreffend (der ihm unterſagt war) in
Gefangenſchaft geſetzt worden. (Schw. Nachr.)

Das gelbe Fieber wuͤthet ſehr ſtark auf Cuba. 115
Mehrere Schiffe, von Havannah kommend, haben den
groͤßten Theil ihrer Equipage verloren. (ibid.)

Kopenhagen den 27. Nov.

Die Koͤnigl. Quarantaine⸗Direction hat, wegen
der auf mehreren Punkten des Erdkreiſes herrſchen⸗120
den, anſteckenden Krankheiten, die ſtrengſten Maas⸗
regeln ergriffen.
Aus der deshalb erlaſſenen Verord⸗
nung geht hervor, daß die in Otranto und Brindiſi
ausgebrochene Kontagion eine beulenartige (eine Peſt)
ſei: die in den ſpaniſchen Seeſtaͤdten Mallaga und 125
Karthagena herrſchende hingegen ſcheint das gelbe
Fieber zu ſein. (Hamb. Zeit.)

Petersburg den 14. Nov.

Geſtern iſt hier durch einen Courier von der Mol⸗
dauiſchen Armee die Nachricht eingegangen, daß die ta⸗130
pfern ruſſiſchen Truppen die Feſtung Nicopolis erobert
haben. (ibid.)

Druckfehler.

Pag. 217 Zeile 7 anſtatt Hoͤfen ließ Hefen. Häfen.

Das Grab der Väter.; Andeutungen.; Der Jüngling an das Mädchen.; Bülletin der öffentlichen Blätter. [1810-12-05]; Druckfehler.;

https://archive.org/details/BerlinerAbendbltter1810-11/page/n236

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1810-57, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 09.05.2025

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Apparat

  • Editorische Anmerkungen
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  • Erwähnte Orte
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Stellenkommentar

51dreiſtUm 1800 hatte ›dreist‹ noch die Bedeutung von ›kühn‹ oder ›mutig‹. Vgl. Adelung ›dreist‹: »1) Eigentlich, kühn, beherzt, keine Gefahr scheuend. So nennt man besonders denjenigen dreist, welcher sich nicht vor den Gespenstern fürchtet.«

54bloßesVgl. Adelung ›Blöß‹: »1. Eigentlich. Ein bloßer Degen, ein bloßes Schwert, im Gegensatze dessen, welches in der Scheide steckt. Ein bloßes Messer. Auf der bloßen (unbedeckten) Erde schlafen. Besonders für unbekleidet. Mit bloßen Füßen, mit bloßem Kopfe einher gehen. Brust und Arme waren bloß.«

60HarniſchVgl. Adelung ›Hárnísch‹: »1) Eine eiserne oder stählerne Bekleidung des ganzen Leibes und seiner Theile, zur Sicherheit im Kriege; welche bey den Soldaten am häufigsten ein Küraß genannt wird. Der volle Harnisch, die ganze Rüstung, womit man sich vom Haupte bis auf die Füße bekleidet.«

117EquipageHier in der Bedeutung von Besatzung, allgemein Ausrüstung, Ausstattung, Zubehör.

124KontagionAnsteckung, Infektion

131Feſtung NicopolisIm 7. russisch-türkischen Krieg (1806–1812) (vgl. Wikipedia) wurde die Festung von den Russen am 15. Oktober 1810 unter Graf Nikolai Kamenski eingenommen.

 Emendationen (insges. 5)
  • 27uudund
  • 63andereanderen
  • 85Verſuchu ngVerſuchung
  • 90welchenwelchem
  • 134Hefen.Häfen.

Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 57tes Blatt. Den 5ten Dezember 1810. Berlin: J. E. Hitzig, 5.12.1810.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 223–226

Editorische Anmerkungen

  • 84 GeſundheitsgefuͤhleIm Druck sind folgende Buchstaben »Geſundheitsge« gesperrt.

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Das Grab der Väter.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: M.F. [= Friedrich Baron de la Motte Fouqué]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 223–225

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 293–295

Andeutungen.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: N. [= Franz Horn]

Texte sind auch in ›Franz Horn: Latona, Berlin 1811‹ enthalten.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 225

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 295

Der Jüngling an das Mädchen.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 226

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 296 [MA] II 524 [DKV] III 447 [SE:1993] I 37

Bülletin der öffentlichen Blätter. [1810-12-05]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Bülletin ›Schweizer Nachrichten‹: Redigierter Text aus ›Gemeinnützige Schweizer Nachrichten‹ vom 21. November 1810;
Bülletin ›Kopenhagen‹: Redigierter Text aus ›Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten‹ vom 1. Dezember 1810.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 226

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 296

Druckfehler.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 226

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 296

 Erwähnte Personen
  • []Demeter (1)
  • []Horn, Franz (1)
  • []Pölitz, Karl Heinrich Ludwig (1)
  • []Schiller, Friedrich (1)
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 Erwähnte Orte
  • []Alexandrien (1)
  • []Belenz (1)
  • []Brindisi (1)
  • []Cartagena (1)
  • []Copenhagen (1)
  • []Cuba (1)
  • []Havannah (1)
  • []Malaga (1)
  • []Nicopolis (1)
  • []Otranto (1)
  • []Petersburg (1)
  • []Tessin (1)
  • []Wittenberg (1)
  • [»]Alle Orte anzeigen +/–
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