kleist-digital
  • Werke
  • Briefe
  • Verzeichnisse
  •  Lexikalische Suche
  •  Semantische Suche
kleist-digital
  •  Suche
  • Werke
  • Briefe
  • Verzeichnisse

  • Emendationen
  • Textkonstitution
  • Editorial Artikel
  • Erwähnte Personen
  • Erwähnte Orte
    Zu den Artikeln
    Die Heilung.Berichtigung. [C. J. Kraus, 29.11.1810]Miscellen. [29.11.1810]Polizeiliche Tages-Mittheilungen. [29.11.1810]Berichtigung. [29.11.1810]
  • Home
  • Werke
  • Berliner Abendblätter
  • 52tes Blatt. Den 29ten November 1810.
52tes Blatt. Den 29ten November 1810.

Textwiedergabe  nach Erstdruck.

  • Fassung Erstdruck
    emendiert
  • Textversion
    ohne orig. Zeilenfall
  • Textversion
    [+] ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ

Alle Textversionen sind inhaltlich identisch und folgen dem angegebenen Textzeugen.
Die Fassung Erstdruck/Textzeuge zeigt die zeichengenaue Wiedergabe des Textzeugen. Nur offensichtliche Fehler sind emendiert. Alle Emendationen sind im Apparat verzeichnet. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Die Fassung wird auf Smartphones wegen der Zeilenlänge nicht angezeigt.

In der Textversion ohne originalen Zeilenfall wird der Zeilenfall mit einem Schrägstrich / angezeigt, die Zeile wird aber nicht umbrochen. Ansonsten folgt sie der angegebenen Textquelle.

In der Textversion ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ sind zusätzlich das lange ſ und historische Umlautformen der heutigen Orthographie angepasst.

191

Berliner Abendblaͤtter.

52tes Blatt. Den 29ten November 1810.

Die Heilung.

In den Zeiten des hoͤchſten Glanzes der altfranzoͤſi⸗
ſchen Hofhaltung unter Ludwig XIV, lebte ein Edel⸗
mann, der Marquis de Saint Meran, der die Anmuth,
Geiſtesgewandheit und ſittliche Verderbniß der damali⸗5
gen vornehmen Welt im hoͤchſten Grade in ſich vereinigte.
Unter andern unzaͤhlbaren Liebesabentheuern hatte er
auch eines, mit der Frau eines Porcuratoren, Procuratoren, die es
ihm gelang, dem Manne ſowohl, als deſſen Familie und
ihrer eignen gaͤnzlich abzuwenden, ſo daß ſie deren 10
Schmach ward, deren Juweel ſie geweſen war, und
in blinder Leidenſchaft das Hotel ihres Verfuͤhrers be⸗
zog.
Er hatte zwar nie ſo viel bei einer Liebesge⸗
ſchichte empfunden, als bei dieſer, ja, es regten ſich
bisweilen Gefuͤhle in ihm, die man einen Abglanz von 15
Religion und Herzlichkeit haͤtte nennen moͤgen, aber
endlich trieb ihn dennoch, wenn nicht die Luſt am
Wechſel, doch die Mode des Wechſels von ſeinem ſchoͤ⸗
nen Opfer wieder fort, und er ſuchte nun dieſes durch
die ausgeſuchteſten und verfeinertſten Grundſaͤtze ſei⸗20
ner Weltweisheit zu beruhigen.
Aber das war nichts
fuͤr ein ſolches Herz.
Es ſchwoll in Leiden, die ihm
keine Geiſteswendung zu mildern vermochte, ſo ge⸗
waltſam auf, daß es den einſtmals lichtklaren und
lichtſchnellen Verſtand verwirrte, und der Marquis, 25
nicht boͤsartig genug, die arme Verruͤckte ihrem Jam⸗
mer und dem Hohn der Menſchen zu uͤberlaſſen, ſie
auf ein entferntes Gut in der Provence ſchickte, mit
dem Befehl, ihrer gut und anſtaͤndig zu pflegen.
Dort
aber ſtieg was fruͤher ſtille Melancholie geweſen war, 30
zu den gewaltſamſten phrenetiſchen Ausbruͤchen, mit
[ 52 ] 204deren Berichten man jedoch die frohen Stunden des
Marquis zu unterbrechen ſorgſam vermied.
Dieſem
faͤllt es endlich einmal ein, die provenzaliſche Beſiz⸗
zungBeſitzung
zu beſuchen.
Er kommt unvermuthet an, eine 35
fluͤchtige Frage nach dem Befinden der Kranken wird
eben ſo fluͤchtig beantwortet, und nun geht es zu ei⸗
ner Jagdparthie in die nahen Berge hinaus.
Man
hatte ſich aber wohl gehuͤtet, dem Marquis zu ſagen,
daß eben heute die Ungluͤckliche in unbezwinglicher 40
Wuth aus ihrer Verwahrung gebrochen ſei, und man
ſich noch immer vergeblich abmuͤhe, ſie wieder ein⸗
zufangen.
Wie mußte nun dem Leichtſinnigen zu
Muthe werden, als er auf ſchroffem Fußgeſtade an ei⸗
ner der einſamſten Stellen des Gebirges, weit ge⸗45
trennt von alle ſeinem Gefolge, im eiligen Umwen⸗
den um eine Ecke des Felſens, der furchtbaren Fluͤch⸗
tigen grad in die Arme rennt, die ihn faßt mit alle
der unwiderſtehlichen Kraft des Wahnſinns, mit ihren,
aus den Kreiſen gewichenen blitzenden Augenſtern, ge⸗50
rad in ſein Antlitz hineinſtarrt, waͤhrend ihr reiches,
nun ſo graͤßliches, ſchwarzes Haar, wie ein Mantel von
Rabenfittigen, uͤber ihr hinweht, und die dennoch nicht
ſo entſtellt iſt, daß er nicht auf den erſten Blick die
einſt ſo geliebte Geſtalt, die von ihm ſelber zur Furie 55
umgezauberte Geſtalt, haͤtte erkennen ſollen. —
Da
wirrte auch um ihm der Wahnſinn ſeine grauſe Schlin⸗
gen, oder vielmehr der Bloͤdſinn, denn der ploͤtzliche Gei⸗
ſtesſchlag zerruͤttete ihn dergeſtalt, das daß er beſinnungs⸗
los in den Abgrund hinunter taumeln wollte.
Aber 60
die arme Manon lud ihn, ploͤtzlich ſtill geworden, auf
ihren Ruͤcken, und trug ihn ſorgſam nach der Gegend
des Schloſſes zuruͤck.
Man kann ſich das Entſetzen
der Bedienten denken, als ſie ihrem Herren auf dieſe
Weiſe und in der Gewalt der furchtbaren Kranken 65
begegneten.
Aber bald erſtaunten ſie noch mehr, die
Rollen hier vollkommen gewechſelt zu finden.
Manon
war die verſtaͤndige, ſittige Retterin und Pflegerin
des bloͤdſinnigen Marquis geworden, und ließ fuͤrder⸗
205hin nicht Tag nicht Nacht auch nur auf eine Stunde 70
von ihm.
Bald gaben die herbeigerufnen Aerzte jede
Hoffnung zu ſeiner Heilung auf, nicht aber Manon.
Dieſe pflegte mit unerhoͤrter Geduld und mit einer
Faͤhigkeit, welche man fuͤr Inſpiration zu halten ver⸗
ſucht war, den armen verwilderten Funken in ihres 75
Geliebten Haupt, und lange Jahre nachher, ſchon
als ſich beider Locken bleichten, genoß ſie des unaus⸗
ſprechlichen Gluͤckes, den ihr uͤber Alles theuren Geiſt
wieder zu ſeiner ehemaligen Bluͤthe und Kraft herauf⸗
erzogen zu haben.
Da gab der Marquis ſeiner Hel⸗80
ferin am Altare die Hand, und in dieſer Entfernung
der Hauptſtadt wußten alle Theilhaber des Feſtes von
keinen anderen Gefuͤhlen, als denen der tiefſten Ehr⸗
furcht und der andaͤchtigſten Freude.

M. F.85

Berichtigung.

Auf wiederholtes und dringendes Verlangen des
Verfaſſers der Aufſaͤtze uͤber C. J. Kraus (S. 19tes
und 34tes Abendblatt) nehmen wir noch folgendes
Fragment einer an uns eingelaufenen Erklaͤrung auf:
90

„Den Beruf des Herr A. v. A. fuͤr einen Freund,
in die Schranken zu treten, erkennen wir willig und
ehrend an. Ja wir ſind ihm Dank ſchuldig, uns auf⸗
merkſam gemacht zu haben, wie man unſere Worte
auslegen koͤnnte. —
95

Wem konnte es aber je einfallen, daß der Ver⸗
faſſer
jenes als Feuerbrand bezeichneten Werks, mit
dem Verfaſſer des unter dieſem Titel erſchienenen
Journals je in Vergleichung oder in irgend eine Ge⸗
meinſchaft geſetzt werden ſollte?
Selbſt die Schriften 100
werden nicht verglichen, ſondern ſtehen in directem Ge⸗
genſatz, weshalb eben die Anſpielung auf den waſſer⸗
reichen mit dem Umſchlag und Titel contraſtirenden
Inhalt jenes Journals gemacht wurde.
Das Werk ha⸗
ben wir einen Feuerbrand genannt, weil es mit Feuer 105
geſchrieben iſt, in demſelben Sinne, wie man die
Schriften Luthers, Voltaires, Burkes und jedes Man⸗
nes der fuͤr eine abweichende Meinung mit Kraft auf⸗108a
ritt,
auf⸗
tritt,
Feuerbraͤnde nennen koͤnnte.“ —

206

Der Reſt dieſer Erklaͤrung betrifft nicht mehr die 110
Sache, ſondern Perſoͤnlichkeiten; und da er mithin
das Misverſtaͤndniß, ſtatt es aufzuloͤſen, nur vermeh⸗
ren wuͤrde: ſo ſchließen wir den ganzen Streit, den
der Aufſatz C. J. Kraus (11tes Blatt) veranlaßt, mit
dieſer Berichtigung ab.
(Die Red.)115

Miscellen.

Aus Kaſſel.

Die Auffuͤhrung der Oper Cendrillon lockte viel
Neugierige herbei.
Das Stuͤck war in Paris 42 Mal
hintereinander gegeben worden: und ſo glaubte man 120
in Kaſſel an eine aͤhnliche Wirkung.
Aber das deut⸗
ſche Publikum ſcheint zu einer ſolchen Beſtaͤndigkeit
nicht geſchickt: weder die Muſik iſt von ausgezeichnetem
Gehalt, noch auch wird das Auge durch Dekorationen
beſtochen.
Faſt ſollte man glauben, daß die Oper Cen⸗125
drillon ihr ganzes Gluͤck der Demoiſelle Alexandrine
St. Aubin
verdankt, welche als Cendrillon alle Stim⸗
men fuͤr ſich gewann, und dem mittelmaͤßigen Stuͤck
einen rauſchenden Beifall erwarb.

(Journ. d. L. u. d. Mod.)130

Polizeiliche Tages-Mittheilungen.

Vorgeſtern Abend brach im Hauſe eines Viktua⸗
lienhaͤndlers in einem Schornſtein Feuer aus, welches
aber ſogleich geloͤſcht wurde.

Zweien Schlaͤchtern und einem Seifenſieder ſind 135
Waageſchaalen in Beſchlag genommen, welche durch
Anhaͤngen von Blei und eiſernen Haken unrichtig ge⸗
macht waren.

Berichtigung.

In dem Theaterartikel des 49ten Blatts haben ſich, 140
auſſer mehrern kleinern, zwei erhebliche, zum Theil
Widerſinn hervorbringende, Druckfehler eingeſchlichen.

Seite 1 Zeile 25 ſtatt bewaͤhrte ließ: abweichende
Seite 3 Zeile 27 28 ſtatt poetiſche ließ: romantiſche.

Die Heilung.; Berichtigung. [C. J. Kraus, 29.11.1810]; Miscellen. [29.11.1810]; Polizeiliche Tages-Mittheilungen. [29.11.1810]; Berichtigung. [29.11.1810];

https://archive.org/details/BerlinerAbendbltter1810-11/page/n214

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1810-52, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 09.05.2025

Zeilen- u. Seitennavigation

Apparat

  • Emendationen
  • Erwähnte Personen
  • Erwähnte Orte
  • Stellenkommentar
 Emendationen (insges. 4)
  • 8Porcuratoren,Procuratoren,
  • 59dasdaß
  • 108aufritt,auftritt,
  • 1442728

Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 52tes Blatt. Den 29ten November 1810. Berlin: J. E. Hitzig, 29.11.1810.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 203–206

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Die Heilung.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: M. F. [= Friedrich de La Motte Fouqué]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 203–205

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 267–269

Berichtigung. [C. J. Kraus, 29.11.1810]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Die redaktionelle Ein- und Ausleitung stammen von Kleist. Der zitierte Text wird in der Kleistforschung Johann Gottfried Hoffmann, dem Nachfolger von Kraus auf dem Lehrstuhl in Königsberg, zugeschrieben.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 205f.

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 269f. [MA] II xxx [DKV] III xxx [SE:1993] II xxx

Miscellen. [29.11.1810]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

— Miszelle ›Aus Kassel‹: redigierter Text aus ›Journal des Luxus und der Moden‹ vom November 1810 (S. 734).

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 206

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 270 [MA] II xxx [DKV] III xxx [SE:1993] II xxx

Polizeiliche Tages-Mittheilungen. [29.11.1810]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [Bearb.]

Von Kleist redigierte Texte aus den Polizei-Rapporten vom 28. November 1810 (vgl. BKB 11, hier S. 172f.)

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 206

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 270

Berichtigung. [29.11.1810]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 206

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 I 271 [MA] II xxx [DKV] III xxx [SE:1993] II xxx

 Erwähnte Personen
  • []Arnim, Achim von (1)
  • []Burke, Edmund (1)
  • []Kraus, Christian Jakob (1)
  • []Louis XIV. (1)
  • []Luther, Martin (1)
  • []Saint-Aubin, Alexandrine (1)
  • []Voltaire (1)
  • [»]Alle Personen anzeigen +/–
 Erwähnte Orte
  • []Cassel (1)
  • []Paris (1)
  • [»]Alle Orte anzeigen +/–
WERKE
  • Dramen
  • Erzählungen
  • Lyrik
  • Sonstige Prosa
  • Berliner Abendblätter
  • Phöbus
VERZEICHNISSE
  • Personen
  • Orte
  • Kleist Texte (alphabetisch)
  • Von Kleist erwähnte Werke
  • Literaturverzeichnis
SONSTIGES
  • Über die Edition
  • Kleist-Wörter-Rätsel
  • Handschriften-Simulator
  • Handschriften-Fonts
  • Kontakt Herausgeber
  • Impressum / Haftungsausschluss
  • Datenschutzerklärung
  • Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter einer
    Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz