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Literariſche Notiz.
Schon fruͤher iſt in dieſen
Blaͤttern von dem, ſeit
dem 1ſten Juli d. J. bei
Hrn. Perthes in
Ham⸗
burg erſcheinenden, Vaterlaͤndiſchen Muſeum
die Rede geweſen. Das ſo eben erſchienene 5te Heft 5
dieſer
vortrefflichen Zeitſchrift enthaͤlt unter andern
hoͤchſt merkwuͤrdigen Aufſaͤtzen eine von Herrn Hof⸗
Sekretair Friedrich Schlegel in Wien abgehaltene
Vorleſung uͤber die Natur und die Folgen der
Kreuz⸗
zuͤge, die wir unſern Leſern
nicht genug empfehlen 10
koͤnnen. —
Ueberhaupt verdient dieſe liberale, wir
moͤgten ſagen, großmuͤthige Unternehmung, bei
der,
wie es die Natur der Sache zeigt, keine
Art ge⸗
meiner Spekulation obgewaltet
hat, die Unterſtuͤz⸗
zung aller
Gutgeſinnten. Die alte Richtung des
15
deutſchen Sinnes nach Gruͤndlichkeit des
Denkens
und Forſchens, findet ſich in dieſer
Zeitſchrift wieder,
und alle bedeutende Koͤpfe
unſrer Nation werden
ſich anſchließen. So ſehr dieſes Vaterlaͤndiſche Mu⸗
ſeum einerſeits ſtrebt die aͤußeren
Verhaͤltniſſe von 20
Deutſchland, wie es ſich
gebuͤhrt, unberuͤhrt zu laſ⸗
ſen, ſo
wird ſie doch andrerſeits alle inneren
Staats-Angelegenheiten, Finanzen, Polizei, Geſetz⸗
gebung, oͤffentliche Erziehung und
Cultus, einer
ernſten Betrachtung unterziehn,
und jedermann wird 25
einer unbefangenen
Eroͤrterung deſſen was in den
verſchiedenen
deutſchen Staaten in jenen großen
Ruͤckſichten
veraͤndert oder verbeſſert worden, mit
großem
Intereſſe entgegenſehn.
Theater.30
Geſtern ſollte die Schweizerfamilie, vom Hrn.
Kapellm. Weigl wiederholt werden. Ein heftiges und
ziemlich allgemeines Klatſchen aber, bei der
Erſcheinung
[
50 ]
196Mſlle. Herbſt, welches durch
den Umſtand, daß man,
bevor ſie noch einen Laut
von ſich gegeben hatte, da 35
capo rief, ſehr
zweideutig ward — machte das Herab⸗
laſſen der Gardine nothwendig; Hr. Berger erſchien
und erklaͤrte, daß man ein anderes Stuͤck
auffuͤhren
wuͤrde.
Ob nun dem Publiko
(wenn anders ein Theil deſ⸗40
ſelben ſo
heißen kann) das Stuͤck misfiel; ob es mit
der
Mſlle. Herbſt, fuͤr welche die Rolle der Emeline
nicht ganz geeignet ſchien, unzufrieden war; oder welch
eine andre Urſach, bei dieſen Bewegungen, zum
Grunde
liegen mogte — laſſen wir dahin geſtellt
ſein. Das 45
Angenehme der Muſik war, wie man hoͤrt, bei der er⸗
ſten Darſtellung, ziemlich allgemein
empfunden worden;
und auch Mſlle. Herbſt hatte
die Aufgabe mit mehr
Geſchicklichkeit geloͤſ’t,
als man, nach den Bedingun⸗
gen ihrer
muſikaliſchen und mimiſchen Natur, haͤtte er⸗50
warten ſollen.
Uebrigens ward das
Publikum, durch die
Auffuͤh⸗52a
Auffuͤh⸗
ung
liest ›Aufführung‹
der beiden Stuͤcke: die Geſchwiſter von Goͤthe und
des
Singſpiels: der
Schatzgraͤber gut genug
eut⸗54a
ſchaͤdigt.
ent⸗
ſchaͤdigt.
liest ›entschädigt.‹
In dem erſten hat Mſlle.
Schoͤnfeld recht 55
wacker, und Hr.
Gern, in dem andern,
wie gewoͤhnlich,
als Meiſter geſpielt.
rz.
Anekdote.
Der Czar Iwan
Baſilowitz, mit dem Beinamen
der
Tyrann, ließ einem fremden Geſandten, der, nach 60
der damaligen Europaͤiſchen Etikette, mit bedecktem
Haupte vor ihm erſchien, den Hut auf den Kopf
na⸗
geln. Dieſe Grauſamkeit vermogte nicht den
Botſchaf⸗
ter der Koͤnigin Eliſabeth von England,
Sir Jere⸗
mias
Bowes,
liest ohne Komma
abzuſchrecken. Er hatte die
Kuͤhnheit, 65
den Hut auf dem Kopfe, vor dem Czaar
zu erſchei⸗
nen. Dieſer fragte ihn, ob er nicht von der
Strafe
gehoͤrt haͤtte, die einem andern
Geſandten widerfahren
waͤre, welcher ſich eine
ſolche Freiheit herausgenom⸗
men? „Ja, Herr, erwiderte Bowes, aber ich bin
der 70
Botſchafter der Koͤnigin von England, die
nie, vor ir⸗
gend einem Fuͤrſten in der
Welt, anders, wie mit be⸗
decktem Haupte
erſchienen iſt. Ich bin ihr
Repraͤſen⸗
tant, und wenn mir die
geringſte Beleidigung wider⸗
faͤhrt, ſo
wird ſie mich zu raͤchen wiſſen.“ „Das iſt 75
ein braver Mann, ſagte der Czaar,
indem er ſich zu
197ſeinen Hofleuten wandte, der fuͤr die Ehre
ſeiner Mo⸗
narchin zu handeln und zu
reden verſteht: wer von
Euch haͤtte das
naͤmliche fuͤr mich gethan?“
Hierauf wurde der
Bothſchafter der Favorit des 80
Czars. Dieſe Gunſt zog ihm den Neid des Adels zu.
Einer der Großen,
der zuweilen den vertrauten Ton
mit dem
Monarchen annehmen durfte, beredete ihn,
die
Geſchicklichkeit des Bothſchafters auf die Probe zu⸗
ſtellen. Man ſagte naͤhmlich, daß er ein ſehr geſchick⸗85
ter Reuter waͤre. Nun
wurde ihm, um den Beweis
davon zu fuͤhren, ein
ungebaͤndigtes ſehr wildes Pferd
vor dem Czar
zu reiten gegeben, und man hofte, daß
Bowes zum
wenigſten mit einer derben Laͤhmung das
Kunſtſtuͤck bezahlen wuͤrde. Indeſſen widerfuhr der 90
neidiſchen Eiferſucht
der Verdruß, ſich betrogen zu ſehn.
Der brave Englaͤnder baͤndigte nicht nur
das Pferd,
ſondern er jagte es dermaßen
zuſammen, daß es kraft⸗
los wieder
heimgefuͤhrt wurde, und wenige Tage nach⸗
her crepirte. Dieſes Abentheuer
vermehrte den Cre⸗95
dit des Bothſchafters
bei dem Czar, der ihm jederzeit
nachher die
ausgezeichnetſten Beweiſe ſeiner Huld
widerfahren ließ.
(Barrow’s Sammlung von
Reiſebeſchreibungen
nach der franzoͤſiſchen
Ueberſetzung von Targe. 1766.)100
Schoͤnheit.
Jeglichem Sinn offenbart in mancher Geſtalt ſich die
Schoͤnheit;
Wohl ihm, welchem ſie mehr außer den Sinnen
ſich
zeigt.105
Austauſch.
Wie ſich Thorheit leicht verraͤth in
aͤußrer Gebaͤrde,
Solche Gebaͤrde fuͤhrt
innere Thorheit herbei.
W.
Buͤlletin der oͤffentlichen Blaͤtter.110
Paris den 16ten Nov.
Vermoͤge eines
Kaiſerl. Franz.
Drekrets
Dekrets
vom
12ten d. iſt das Walliſer⸗Land, 1) um der
Straße uͤber den Simplon mehr Sicherheit zu
geben,
1982) weil die Regierung ihre Verpflichtungen, in
Hin⸗115
ſicht auf den Bau derſelben,
nicht nachgekommen iſt,
3) um uͤberhaupt der
Anarchie, die dies Land druͤckt,
ein Ende zu
machen, — mit dem Franzoͤſiſchen Reiche
vereinigt und ihm der Namen: Departement des
Simplon,
gegeben worden. (L. d. B.)120
Die Engliſche Convoy,
600 Segel ſtark, unter dem
Admiral Saumarez, iſt durch
einen fuͤrchterlichen
Sturm in der Oſtſee
zerſtreut worden. Mehr als 200
Schiffe ſind geſcheitert, und viele andere,
deren Zahl
man noch nicht kennt, genoͤthigt
worden, in die daͤni⸗125
ſchen oder
preuſſiſchen Haͤfen einzulaufen, wo man ſie
confiscirt hat. (L. d. B.)
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Ein Kaufmann iſt
geſtern Abend bei Verlaſſung
des Schauſpielhauſes in
deſſen Naͤhe mit zwei
Toͤchten
Toͤchtern
130
und zwei Enkeln unter einen Wagen gerathen,
deſ⸗
ſen Fuͤhrer wahrſcheinlich die
Leine zerriſſen war, in⸗
dem die Pferde
mehrmals einen ſehr engen Kreis be⸗
ſchrieben und zuletzt mit dem Vorderwagen weiter ge⸗
gangen ſind. Auch ſoll der Kutſcher
herabgefallen ſein.135
Bei der aͤrztlichen
Unterſuchung hat ſich ergeben,
daß der
Kaufmann vier Rippen mehrmals zerbrochen
und
außerdem eine ſtarke Kontuſion am Hinterkopfe,
eine Geringere aber am linken Schenkel erhalten hat.
Eine ſeiner Toͤchter hat
eine leichte Kontuſion an der 140
Huͤfte und ein
14jaͤhriger Knabe einen Stoß vor den
Magen
erlitten, die beiden uͤbrigen Perſonen blieben
ganz unbeſchaͤdigt.
Nach dem
Gutachteu
Gutachten
liest ›Gutachten‹
des Arztes iſt zwar keine der
Verletzungen des Kaufmanns
abſulut
abſolut
letal, ſie koͤnnen 145
aber zuſammen
genommen, da derſelbe ein bejahrter
Mann iſt,
leicht den Tod herbeifuͤhren. Die
Folgen
der Beſchaͤdigung des Knaben, ſind noch
nicht ausge⸗
mittelt, ſcheinen jedoch
von keiner Bedeutung zu ſein.
Wegen Ausforſchung des
Kutſchers, welche bei dem 150
dringenden
Beduͤrfniß der Huͤlfsleiſtung fuͤr die Be⸗
ſchaͤdigten nicht zur Stelle geſchehen konnte, ſind
die
noͤthigen Einleitungen bereits
getroffen.