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Berliner Abendblätter.
32tes Blatt. Den 6ten November 1810.
Warnung gegen weibliche Jägerei.
(Beschluß.)
In dem Augenblicke krachte der Wagen über eine Wurzel, daß der arme Abbé kein Wort sagen konnte, sondern um sich verständlich zu machen, den Rock aufknöpfte; das Tuch fiel herunter und das Blut floß in großer Menge herab. — Mein Gott, rief der Wundarzt, sind sie auch verwundet, wahrhaftig! ja, da muß man sich hier nichts draus machen, ich habe heute auch ein Paar Schroten von der Frau Gräfin in das dicke Fleisch bekommen, es macht ihr so viel Vergnügen und ich singe lustig dabei:
Der gute Abbé, der eine gewisse Kränkung empfunden hatte, wie er erst so verbindlich in dem Hause aufgenommen und im Unglücke so ganz vergessen sei, mußte jetzt selbst lächlen, als er bei dieser Anzeige bemerkte, wie er sich beim Falle auf dem feuchten Boden beschmutzt hatte, dabei über 128 nahm ihn eine Ohnmacht, von der er erst im Schlosse erwachte. Ich sah ihn mehrere Jahre nach diesem Vorfalle, den er glücklich überstanden hatte; ich fühlte die Kugel, sie hatte sich wohl zwei Hände breit hinter den Rippen niedergesenkt, und war jetzt unter denselben fühlbar. Zuweilen litt er noch an Schmerzen und versicherte, daß alle Gefahren, die von den Dichtern einem gewissen Bogengeschoß aus weiblichen Augen nachgesagt würden, nicht mit den Gefahren weiblicher Jägerei zu vergleichen wären, denn die Geschicklichkeit Dianens mögte wohl so selten geworden sein, wie ihre anderen Eigenschaften.
vaa.
Brief eines jungen Dichters an einen jungen Mahler.
Uns Dichtern ist es unbegreiflich, wie ihr euch entschließen könnt, ihr lieben Mahler, deren Kunst etwas so Unendliches ist, Jahre lang zuzubringen mit dem Geschäft, die Werke eurer großen Meister zu copiren. Die Lehrer, bei denen ihr in die Schule geht, sagt ihr, leiden nicht, daß ihr eure Einbildungen, ehe die Zeit gekommen ist, auf die Leinewand bringt; wären wir aber, wir Dichter, in eurem Fall gewesen, so meine ich, wir würden unsern Rücken lieber unendlichen Schlägen ausgesetzt haben, als diesem grausamen Verbot ein Genüge zu thun. Die Einbildungskraft würde sich, auf ganz unüberwindliche Weise, in unseren Brüsten geregt haben, und wir, unseren unmenschlichen Lehrern zum Trotz, gleich, sobald wir nur gewußt hätten, daß man mit dem Büschel, und nicht mit dem Stock am Pinsel mahlen müsse, heimlich zur Nachtzeit die Thüren verschlossen haben, um uns in der Erfindung, diesem Spiel der Seeligen, zu versuchen. Da, wo sich die Phantasie in euren jungen 129 Gemüthern vorfindet, scheint uns, müsse sie, unerbittlich und unrettbar, durch die endlose Unterthänigkeit, zu welcher ihr euch beim Copiren in Gallerieen und Sälen verdammt, zu Grund und Boden gehen. Wir wissen, in unsrer Ansicht schlecht und recht von der Sache nicht, was es mehr bedarf, als das Bild, das euch rührt, und dessen Vortrefflichkeit ihr euch anzueignen wünscht, mit Innigkeit und Liebe, durch Stunden, Tage, Wochen, Monden, oder meinethalben Jahre, anzuschauen. Wenigstens dünkt uns, läßt sich ein doppelter Gebrauch von einem Bilde machen; einmal der, den ihr davon macht, nämlich die Züge desselben nachzuschreiben, um euch die Fertigkeit der mahlerischen Schrift einzulernen; und dann in seinem Geist, gleich vom Anfang herein, nachzuerfinden. Und auch diese Fertigkeit müßte, sobald als nur irgend möglich, gegen die Kunst selbst, deren wesentliches Stück die Erfindung nach eigenthümlichen Gesetzen ist, an den Nagel gehängt werden. Denn die Aufgabe, Himmel und Erde! ist ja nicht, ein Anderer, sondern ihr selbst zu sein, und euch selbst, euer Eigenstes und Innerstes, durch Umriß und Farben, zur Anschauung zu bringen! Wie mögt ihr euch nur in dem Maaße verachten, daß ihr willigen könnt, ganz und gar auf Erden nicht verhanden gewesen zu sein; da eben das Dasein so herrlicher Geister, als die sind, welche ihr bewundert, weit entfernt, euch zu vernichten, vielmehr allererst die rechte Lust in euch erwecken und mit der Kraft, heiter und tapfer, ausrüsten sollen, auf eure eigne Weise gleichfalls zu sein? Aber ihr Leute, ihr bildet euch ein, ihr müßtet durch euren Meister, den Raphael oder Corregge, oder wen ihr euch sonst zum Vorbild gesetzt habt, hindurch; da ihr euch doch ganz und gar umkehren, mit dem Rücken gegen ihn stellen, und, in diametral-entgegengesetzter Richtung, den Gipfel der Kunst, den ihr im Auge habt, auffinden und ersteigen könntet. — So! sagt ihr und seht mich an: was der Herr uns da Neues sagt! und lächelt und zuckt die 130 Achseln. Demnach, ihr Herren, Gott befohlen! Denn da Copernicus schon vor dreihundert Jahren gesagt hat, daß die Erde rund sei, so sehe ich nicht ein, was es helfen könnte, wenn ich es hier wiederholte. Lebet wohl!
y.
Als dem mittelmäßigen Alcest eine Auszeichnung widerfuhr.
Den Optimaten gleich behandelt ihr Alcesten? Man zählt ihn nicht, man hat ihn nur zum Besten.
sn.
Miscellen.
Unter einem Artikel: London vom 10 Okt. wird gemeldet, daß zur Wiedereinschiffung der englischen Armee in Portugal, falls es die Umstände nothwendig machen sollten, Alles in Bereitschaft ist. Dem Admiral Berkley ist die Sorge dafür übertragen. (Jour. d. l’Emp.)
Lord Wellington hat bei Torres Vedras mit seiner Armee festen Fuß gefaßt, und scheint entschlossen in dieser starken Position, zwischen dem Tago und dem Meere, den General Massena, der ihm folgt, zu erwarten. (J. d. l’E.)
Man glaubt, daß die Franzosen im Besitz von Oporto sind, wo man keine einzige Kanone gelassen hatte, so daß die Stadt ohne Vertheidigung war.
Der Engl. Brig. Gen. Crawfurd ist in Portugall an einer Krankheit gestorben.
Alle conföderirte Staaten haben sich beeifert dem Beispiel Frankreichs, die Colonialwaaren betreffend, nachzufolgen. Ueberall erreicht diese Maasregel ihren Zweck; überall spürt man die glücklichen Wirkungen davon: im Würtembergischen ist der Preis der Colonialwaaren noch an demselben Tage, da die Publikation der Regierung erschien, um die Hälfte gestiegen u. s. w. (Mon.)
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Bei der gestern früh um 4 Uhr beendigten General-Visitation sind wiederum einige Personen arretirt.
Ein 88jähriger Mann hat sich in seiner Wohnung aus Melancholie erhenkt.
Ein Rekrute vom Brandenburgschen Husaren Regiment hat sich in abgewichener Nacht in der Fieberhitze aus dem Fenster seiner Wohnung 3 Stock hoch herabgestürzt. Er ist zwar noch nicht todt, aber so beschädigt, daß er schwerlich wieder aufkommen wird.
Auf dem Gensd’armen- Spittel- und Molkenmarkt sind einige durch den Gebrauch abgenutzte Gemäße zerschlagen und eine ungestempelte Metze konfiscirt.
Auch sind einer Wildhändlerin 92 verdorbene Krammets- und andere Vögel weggenommen.