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    Warnung gegen weibliche Jägerei. (Beschluß.)Brief eines jungen Dichters an einen jungen Mahler.Als dem mittelmäßigen Alcest eine Auszeichnung widerfuhr.Miscellen. [6.11.1810]Polizeiliche Tages-Mittheilungen. [6.11.1810]
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  • 32tes Blatt. Den 6ten November 1810.
32tes Blatt. Den 6ten November 1810.

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127

Berliner Abendblätter.

32tes Blatt. Den 6ten November 1810.

Warnung gegen weibliche Jägerei.

(Beschluß.)

In dem Augenblicke krachte der Wagen über eine
Wurzel, daß der arme Abbé kein Wort sagen konn¬
te
, sondern um sich verständlich zu machen, den Rock 5
aufknöpfte; das Tuch fiel herunter und das Blut
floß in großer Menge herab. —
Mein Gott, rief
der Wundarzt, sind sie auch verwundet, wahrhaftig!
ja, da muß man sich hier nichts draus machen, ich
habe heute auch ein Paar Schroten von der Frau 10
Gräfin in das dicke Fleisch bekommen, es macht ihr
so viel Vergnügen und ich singe lustig dabei:

Es ist ein Schuß gefallen,
Mein, sagt, wer schoß da draus?
Es war ein junger Jäger,15
Der schoß im Hinterhaus.
Die Spatzen in dem Garten,
Die machen viel Verdruß,
Zwei Spatzen und ein Schneider,
Die fielen von dem Schuß.20
Die Spatzen von den Schroten,
Der Schneider von dem Schreck:
Die Spatzen in die Schoten,
Der Abbé in den Dreck.

Der gute Abbé, der eine gewisse Kränkung em¬25
pfunden
hatte, wie er erst so verbindlich in dem
Hause aufgenommen und im Unglücke so ganz ver¬
gessen
sei, mußte jetzt selbst lächlen, als er bei die¬
ser
Anzeige bemerkte, wie er sich beim Falle auf
dem feuchten Boden beschmutzt hatte, dabei über 30
[ 32 ] 128 nahm ihn eine Ohnmacht, von der er erst im
Schlosse erwachte.
Ich sah ihn mehrere Jahre
nach diesem Vorfalle, den er glücklich überstanden
hatte; ich fühlte die Kugel, sie hatte sich wohl zwei
Hände breit hinter den Rippen niedergesenkt, und 35
war jetzt unter denselben fühlbar.
Zuweilen litt er
noch an Schmerzen und versicherte, daß alle Ge¬
fahren
, die von den Dichtern einem gewissen Bo¬
gengescho
ß aus weiblichen Augen nachgesagt würden,
nicht mit den Gefahren weiblicher Jägerei zu ver¬40
gleichen
wären, denn die Geschicklichkeit Dianens
mögte wohl so selten geworden sein, wie ihre an¬
deren
Eigenschaften.

vaa.

Brief eines jungen Dichters an einen jungen 45
Mahler.

Uns Dichtern ist es unbegreiflich, wie ihr euch
entschließen könnt, ihr lieben Mahler, deren Kunst et¬
was
so Unendliches ist, Jahre lang zuzubringen mit
dem Geschäft, die Werke eurer großen Meister zu co¬50
piren
.
Die Lehrer, bei denen ihr in die Schule geht,
sagt ihr, leiden nicht, daß ihr eure Einbildungen, ehe
die Zeit gekommen ist, auf die Leinewand bringt;
wären wir aber, wir Dichter, in eurem Fall gewesen,
so meine ich, wir würden unsern Rücken lieber un¬55
endlichen
Schlägen ausgesetzt haben, als diesem grau¬
samen
Verbot ein Genüge zu thun.
Die Einbildungs¬
kraft
würde sich, auf ganz unüberwindliche Weise, in
unseren Brüsten geregt haben, und wir, unseren un¬
menschlichen
Lehrern zum Trotz, gleich, sobald wir nur 60
gewußt hätten, daß man mit dem Büschel, und nicht
mit dem Stock am Pinsel mahlen müsse, heimlich zur
Nachtzeit die Thüren verschlossen haben, um uns in
der Erfindung, diesem Spiel der Seeligen, zu versu¬
chen
.
Da, wo sich die Phantasie in euren jungen 65
129 Gemüthern vorfindet, scheint uns, müsse sie, unerbitt¬
lich
und unrettbar, durch die endlose Unterthänigkeit,
zu welcher ihr euch beim Copiren in Gallerieen und
Sälen verdammt, zu Grund und Boden gehen.
Wir
wissen, in unsrer Ansicht schlecht und recht von der 70
Sache nicht, was es mehr bedarf, als das Bild, das
euch rührt, und dessen Vortrefflichkeit ihr euch anzu¬
eignen
wünscht, mit Innigkeit und Liebe, durch Stun¬
den
, Tage, Wochen, Monden, oder meinethalben Jah¬
re
, anzuschauen.
Wenigstens dünkt uns, läßt sich ein 75
doppelter Gebrauch von einem Bilde machen; einmal
der, den ihn ihr davon macht, nämlich die Züge desselben
nachzuschreiben, um euch die Fertigkeit der mahleri¬
schen
Schrift einzulernen; und dann in seinem Geist,
gleich vom Anfang herein, nachzuerfinden.
Und auch 80
diese Fertigkeit müßte, sobald als nur irgend möglich,
gegen die Kunst selbst, deren wesentliches Stück die
Erfindung nach eigenthümlichen Gesetzen ist, an den
Nagel gehängt werden.
Denn die Aufgabe, Himmel
und Erde! ist ja nicht, ein Anderer, sondern ihr selbst 85
zu sein, und euch selbst, euer Eigenstes und Innerstes,
durch Umriß und Farben, zur Anschauung zu bringen!

Wie mögt ihr euch nur in dem Maaße verachten, daß
ihr willigen könnt, ganz und gar auf Erden nicht
verhanden gewesen zu sein; da eben das Dasein so 90
herrlicher Geister, als die sind, welche ihr bewundert,
weit entfernt, euch zu vernichten, vielmehr allererst
die rechte Lust in euch erwecken und mit der Kraft,
heiter und tapfer, ausrüsten sollen, auf eure eigne
Weise gleichfalls zu sein?
Aber ihr Leute, ihr bildet 95
euch ein, ihr müßtet durch euren Meister, den Raphael
oder Corregge, oder wen ihr euch sonst zum Vorbild
gesetzt habt, hindurch; da ihr euch doch ganz und gar
umkehren, mit dem Rücken gegen ihn stellen, und, in
diamentral-entgegengesetzter diametral-entgegengesetzter Richtung, den Gipfel der 100
Kunst, den ihr im Auge habt, auffinden und ersteigen
könntet. —
So! sagt ihr und seht mich an: was der
Herr uns da Neues sagt! und lächelt und zuckt die
130 Achseln.
Demnach, ihr Herren, Gott befohlen! Denn
da Copernicus schon vor dreihundert Jahren gesagt hat, 105
daß die Erde rund sei, so sehe ich nicht ein, was es
helfen könnte, wenn ich es hier wiederholte.
Lebet
wohl!

y.

Als dem mittelmäßigen Alcest eine Auszeich¬110
nung
widerfuhr.

Den Optimaten gleich behandelt ihr Alcesten?
Man zählt ihn nicht, man hat ihn nur zum Besten.

sn.

Miscellen.115

Unter einem Artikel: London vom 10 Okt. wird gemeldet,
daß zur Wiedereinschiffung der englischen Armee in Portugal, falls
es die Umstände nothwendig machen sollten, Alles in Bereitschaft
ist.
Dem Admiral Berkley ist die Sorge dafür übertragen.
(Jour. d. l’Emp.)120

Lord Wellington hat bei Torres Vedras mit seiner Armee fe¬
sten
Fuß gefaßt, und scheint entschlossen in dieser starken Position,
zwischen dem Tago und dem Meere, den General Massena, der ihm
folgt, zu erwarten.
(J. d. l’E.)

Man glaubt, daß die Franzosen im Besitz von Oporto sind, 125
wo man keine einzige Kanone gelassen hatte, so daß die Städt Stadt oh¬
ne
Vertheidigung war.

Der Engl. Brig. Gen. Crawfurd ist in Portugall an einer
Krankheit gestorben.

Alle conföderirte Staaten haben sich beeifert dem Beispiel 130
Frankreichs, die Colonialwaaren betreffend, nachzufolgen.
Ueberall
erreicht diese Maasregel ihren Zweck; überall spürt man die glückli¬
chen
Wirkungen davon: im Würtembergischen ist der Preis der
Colonialwaaren noch an demselben Tage, da die Publikation der
Regierung erschien, um die Hälfte gestiegen u. s. w. (Mon.)
135

Polizeiliche Tages-Mittheilungen.

Bei der gestern früh um 4 Uhr beendigten General-Visitation
sind wiederum einige Personen arretirt.

Ein 88jähriger Mann hat sich in seiner Wohnung aus Melan¬
cholie
erhenkt.
140

Ein Rekrute vom Brandenburgschen Husaren Regiment hat
sich in abgewichener Nacht in der Fieberhitze aus dem Fenster sei¬
ner
Wohnung 3 Stock hoch herabgestürzt.
Er ist zwar noch nicht
todt, aber so beschädigt, daß er schwerlich wieder aufkommen wird.

Auf dem Gensd’armen- Spittel- und Molkenmarkt sind ei¬145
nige
durch den Gebrauch abgenutzte Gemäße zerschlagen und eine
ungestempelte Metze konfiscirt.

Auch sind einer Wildhändlerin 92 verdorbene Krammets- und
andere Vögel weggenommen.

Warnung gegen weibliche Jägerei. (Beschluß.); Brief eines jungen Dichters an einen jungen Mahler.; Als dem mittelmäßigen Alcest eine Auszeichnung widerfuhr.; Miscellen. [6.11.1810]; Polizeiliche Tages-Mittheilungen. [6.11.1810];

https://archive.org/details/BerlinerAbendbltter1810-11/page/n134

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1810-32, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 21.05.2025

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 Emendationen (insges. 3)
  • 77ihnihr
  • 100diamentral-entgegengesetzterdiametral-entgegengesetzter
  • 126StädtStadt

Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 32tes Blatt. Den 6ten November 1810. Berlin: J. E. Hitzig, 6.11.1810.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 127–130

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Warnung gegen weibliche Jägerei. (Beschluß.)

Zur Autorschaft: Autor-Zn: vaa. [= Achim von Arnim]

Siehe 31. Blatt, Angaben zum Autor.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 127f

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 163f

Brief eines jungen Dichters an einen jungen Mahler.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: y. [= Heinrich von Kleist]

Kleists Autorschaft wird erstmals von Köpke benannt (vgl. Köpke:1862, S. 29 u. S. 35f).

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 128–130

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 164–166 [MA] II 392f [DKV] III 552–554 [SE:1993] II 336f

Als dem mittelmäßigen Alcest eine Auszeichnung widerfuhr.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: sn. [= Friedrich August v. Stägemann]

Sembdner vermutet Stägemann als Autor (vgl. SE:1939, S. 37 u. SE:1959, S. 12*).

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 130

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 166

Miscellen. [6.11.1810]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist

— Miszelle ›Wiedereinschiffung‹: redigierter Text aus ›Journal de l’Empire‹ vom 27. Oktober 1810.
— Miszelle ›Lord Wellington‹: redigierter Text aus ›Journal de l’Empire‹ vom 27. Oktober 1810.
— Miszelle ›Oporto‹: redigierter Text aus ›Privilegirte Liste der Börsen-Halle‹ vom 3. November 1810
— Miszelle ›Crawfurd‹: redigierter Text aus ›Privilegirte Liste der Börsen-Halle‹ vom 3. November 1810
— Miszelle ›conföderirte Staaten: redigierter Text aus ›Privilegirte Liste der Börsen-Halle‹ vom 2. November 1810.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 130

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 166

Polizeiliche Tages-Mittheilungen. [6.11.1810]

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist

Von Kleist redigierte Texte aus den Polizei-Rapporten vom 4. u. 5. November 1810 (Vgl. BKB 11, hier S. 123–125).

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 130

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 166f

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