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    Christian Jacob Kraus. (Beschluß.)Fragmente aus den Papieren eines Zuschauers am Tage.Wer ist der Aermste?Der witzige Tischgesellschafter.Anekdote.Polizeiliche Tages-Mittheilungen.[Anzeige] J. E. Hitzig
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  • 21tes Blatt. Den 24ten October 1810.
21tes Blatt. Den 24ten October 1810.

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83

Berliner Abendblätter.

21tes Blatt. Den 24ten October 1810.

Christian Jacob Kraus./

(Beschluß.)/

Dieser Zwiespalt zwischen der Gesetzgebung und Ad/ministration dürfte schwerlich entstehen, wenn er nicht /durch Brandbriefe angeschürt wird. Die Frage scheint /zu sein: soll der Preuß. Staat über der Achtung für /das strenge Recht gänzlich zu Grunde gehn, oder — /gebeut die Pflicht der Selbsterhaltung, verjährte Rechte /zu modificiren, die mit seiner Existenz und dem Zeit/geiste unverträglich sind, weil sie einen geheimen Zwie/ 10 spalt in der Nation pflegen und nähren, zu einer Zeit, /wo Eintracht und Hintansetzung aller egoistischen An/sichten, und Aufhebung von Verfassungen, welche die/ser Eintracht nachtheilig sind, so dringendes Bedürf/niß ist?/

Es giebt andre Schriften, die weit eher eines /Warnungszeichens für junge Gemüther bedürfen. Viel/leicht werden wir in der Folge dieses Blattes eine der/selben analysiren; nicht einen Feuerbrand, wie wir sie /gehabt haben, bei denen der Umschlag das feurigste / 20 war; sondern einen echten Feuerbrand, wie es je einen /gab, deren Verfasser, ein wirklicher nicht ein fingirter /Faust, einen in Preußen beseitigten Streit wieder auf/nimmt, und sein Vaterland in helle Flammen setzen /könnte, wenn die politischen Verhältnisse seinen Be/wohnern nicht täglich zuriefen: Ruhe ist die erste Bür/gerpflicht!/

Uebrigens machte Kraus nie Anspruch auf die Rolle /eines Gesetzgebers. Smith und er waren bloß Organe /der Natur, dieser großen Gesetzgeberin, und protestir/ 30 ten gegen Gesetze der Willkühr, die nicht ihren heili/gen Stempel tragen. Sie verlangen eine nothwendige /Gesetzgebung aus der Natur des Staatsvereins ent/wickelt, und durch die äußeren Verhältnisse des Staa/tes modificirt. Sie bestimmen die Grenzen der Ge/setzgebung, verengen dieselben, bezeichnen die Gegen/stände, deren Bestimmung sich die Natur vorbehalten /hat, und wo der Gesetzgeber ohne Mißgriffe nicht ein/greifen darf, erklären jedes nicht durch innere Noth/84wendigkeit oder äußere gebieterische Verhältnisse ge/ 40 rechtfertigte Gesetz für schädlich, und wünschen eine /allgemeine Revision, weil wir deren noch eine Menge /haben./

Fragmente aus den Papieren eines Zuschauers /am Tage./

Dutens erzählt in seinen Mémoires,Ompteda bezieht sich hier auf die ›Mémoires d’un voyageur‹, 2 Bde. von Louis Dutens, erschienen 1807. [Als Google-Books: Bd. 1, Bd. 2] daß in Paris /einst die Comtesse de Boufflers einer dort, dem An/scheine nach in einer abhängigen Lage, sich aufhalten/den jungen Engländerin, bei einem entstandenen Zwiste /den Vorwurf gemacht habe: Mais, Vous êtes bien or/ 50 gueilleuse! Die Engländerin habe geantwortet: Vous /vous trompez, Madame, je ne suis que fière. [liest ›fière‹] Mad. /de B. habe versetzt: Mais quelle difference y-a-t-il /à cela? Worauf die Engländerin erwiedert: C’est que /l’orgueil est offensif, & que la fierté est défensive. [liest ›défensive.‹] /

Diese, auch von Dutens herausgehobene, sehr /feine und richtige Distinction, könnte vielleicht zu einer /billigern Würdigung eines Vorwurfs führen, der all/gemein der Englischen Nation gemacht wird, des Vor/wurfs eines übertriebenen Stolzes. Wer die Nation / 60 viel gesehn hat, wird zugeben müssen, daß der Stolz /derselben nicht zu der anmaßenden Gattung gehöre; /daß er keine beleidigende Prätensionen, durch List oder /Gewalt, noch weniger durch trügerisch-einschmeichelnde /äußere Formen geltend zu machen suche; daß er wenig /von der eigentlichen Sucht zu glänzen, oder von einer /stets unruhigen, kleinlichen Eitelkeit in sich fasse. Aber, /der defensive Stolz ist allerdings ein ziemlich allge/meiner Character-Zug der Engländer. Er äußert sich /in einer kalten, ruhigen, gleichgültigen Zurückhaltung. / 70 Er ist gegründet auf die allgemeine, leidenschaftliche /Neigung zur Independenz, wohl verstanden der Inde/pendenz, die auch die Independenz Anderer sehr billig /gestattet und anerkennt. Aber, um die eigene Inde/pendenz nicht zu compromittiren, wird mit Strenge /auf das gehalten, was Jeder für eigenthümliches Recht /in den Societätsverhältnissen rechnet, und keine Annä/herung gesucht oder verstattet, bevor das Terrain nicht /hinlänglich recognoscirt ist. Ein recht auffallender Be/weis dieser Absicht liegt in einer Englischen Sitte, die / 80 einem Ausländer im Anfange höchst sonderbar aufstößt, /so allgemein sie auch, wiewohl mit den Etiketten der /mehrsten übrigen Länder contrastirend, unter den Eng/85ländern ist. Kömmt eine Englische Familie an einen /fremden Ort, so erwartet sie, vorzüglich die Damen, /daß man die ersten Schritte thue, um ihren Umgang /zu suchen, anstatt daß bekanntlich in andern Ländern, /die Bekanntschaft durch Herumsendung der Visitencar/ten von Seiten der Ankommenden eröffnet wird. Die/ser Gebrauch würde in England als Zudringlichkeit ver/ 90 schmäht, oder, im Anwendungsfalle, als solche geahndet /werden. Frägt man die Engländer um die Ursache, so /ist die Antwort: „Wir wünschen uns gegen Verbin/dungen zu sichern, die uns nicht anständig sein mög/ten, aber wir werden selbst nach unserer Ueberzeugung /solche aufsuchen, die wir nach unsern Verhältnissen und /hinlänglicher Kenntniß für wünschenswerth halten.“ /Und so wird der Umgang von den bereits Etablirten /gegründet, und ist gewöhnlich — um desto solider./

Wer ist der Aermste?/ 100

„Geld!“ rief, „mein edelster Herr!“ ein Armer. /Der Reiche versetzte: /„Lümmel, was gäb’ ich darum, wär ich so hungrig, /als er!“/

Der witzige Tischgesellschafter./

Treffend, durchgängig ein Blitz, voll Scharfsinn, sind /seine Repliken: /Wo? An der Tafel? Vergieb! Wenn er’s zu Hause /bedenkt./

xp./ 110

Anekdote./

Bach, als seine Frau starb, sollte zum Begräbniß /Anstalten machen. Der arme Mann war aber gewohnt, /Alles durch seine Frau besorgen zu lassen; dergestalt, /daß da ein alter Bedienter kam, und ihm für Trauer/86flor, den er einkaufen wollte, Geld abforderte, er un/ter stillen Thränen, den Kopf auf einen Tisch gestützt, /antwortete: „sagt’s meiner Frau.“ —/

Polizeiliche Tages-Mittheilungen./

Ein Knecht eines hiesigen Branntweinbrenners / 120 ist aus einer 20 Fuß hohen Bodenlucke gefallen und /am Kopfe jedoch nicht lebensgefährlich verwundet./

Einer hiesigen Bäckerwittwe ist für 8 Gr. zu leich/tes Brod zerschnitten./

Ein Schneidergesell, der lange an der Auszehrung /krank war, hat sich gestern, wahrscheinlich aus Ver/zweiflung über seine hülflose Lage, durch einen Pisto/lenschuß das Leben genommen./

Ein Lehrling eines hiesigen Uhrmachers hat zwei /seinem Herrn gehörige Uhren verkauft und noch meh/ 130 rere Betrügereien verübt./

Zweien Bauern sind auf dem neuen Markte ab/genutzte Gemäße zerschlagen./

Interessante Schriften, welche in der Buch/handlung von J. E. Hitzig zu haben sind./

Sapphus Lesbiae Carmina et fragmenta.H. F. Magnus Volgers Fragmentensammlung zur griechischen Sängerin Sappho von Mytilene (Lesbos). Google-Book. Recensuit, /Commentario illustravit. Schemata musica adjecit et /Indices confecit Henr. Frid. Magnus Volger, Pae/dagogii Regii Ilfeldensis Collaborator 1 thl./

Christian Jacob Kraus. (Beschluß.); Fragmente aus den Papieren eines Zuschauers am Tage.; Wer ist der Aermste?; Der witzige Tischgesellschafter.; Anekdote.; Polizeiliche Tages-Mittheilungen.; [Anzeige] J. E. Hitzig;

Quellenangaben für Zitation
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1810-21, [ggf. Angabe von Zeile/Vers oder Seite], 22.05.2025

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Stellenkommentar

47Mémoires,Ompteda bezieht sich hier auf die ›Mémoires d’un voyageur‹, 2 Bde. von Louis Dutens, erschienen 1807. [Als Google-Books: Bd. 1, Bd. 2]

136Sapphus Lectiae Carmina et fragmenta.H. F. Magnus Volgers Fragmentensammlung zur griechischen Sängerin Sappho von Mytilene (Lesbos). Google-Book.

 Emendationen (insges. 4)
  • 52fiere.fière.
  • 55defensive.défensive.
  • 74anerkannt.anerkennt.
  • 136LectiaeLesbiae

Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 21tes Blatt. Den 24ten October 1810. Berlin: J. E. Hitzig, 24.10.1810.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 83–86

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Christian Jacob Kraus. (Beschluß.)

Zur Autorschaft: Joh. Gottfried Hoffmann

Zur Autordiskussion vgl. Anmerkung 19tes Blatt.

Zur Textwiedergabe:

Der Beitrag nimmt Bezug auf Adam Müllers Text ›Ueber Christian Jakob Kraus‹ im 11ten Blatt v. 12.10.1810.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 83f

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 108f

Fragmente aus den Papieren eines Zuschauers am Tage.

Zur Autorschaft: Christian Freiherr v. Ompteda

Auf die Autorschaft Omptedas hat erstmals Steig hingewiesen [vgl. Steig:1901; S. 90–100, hier S. 91–94]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 84f

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 109f

Wer ist der Aermste?

Zur Autorschaft: Autor-Zn: xp. [= Heinrich von Kleist]

Die Epigramme ›Wer ist der Aermste?‹ und ›Der witzige Tischgesellschafter‹ sind durch einen Querstrich voneinander getrennt. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass sich Kleists Chiffre ›xp.‹ auf beide bezieht und ihn als Autor beider Epigramme kennzeichnet. Die Chiffre ›xp.‹ ist Kleist erstmals durch Köpke zugewiesen worden [Köpke:1862; S. 29].

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 85

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 111 [MA] II 521 [DKV] III 444 [SE:1993] I 37

Der witzige Tischgesellschafter.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: xp. [= Heinrich von Kleist]

Siehe Anmerkung zu Epigramm ›Wer ist der Aermste?‹

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 85

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 111 [MA] II 521 [DKV] III 444 [SE:1993] I 37

Anekdote.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist

Zur Textwiedergabe:

Sembdner nimmt an, dass Kleist als Quelle für seine Anekdote einen Text aus dem ›Museum des Wundervollen oder Magazin des Außerordendlichen in der Natur, der Kunst und im Menschenleben‹ benutzt hat [12 Bde, hier Bd. 6 (1807), 6. Stück, S. 461f].

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 86

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 111 [MA] II 377 [DKV] III 361 [SE:1993] II 268

Polizeiliche Tages-Mittheilungen.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [bearb.]

Von Kleist redigierte Texte aus den Polizei-Rapporten vom 23. u. 24. Oktober 1810. (Vgl. BKB 11, hier S. 100–102)

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 86

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 111f

[Anzeige] J. E. Hitzig

Zur Autorschaft: Julius E. Hitzig

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 86

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 112

 Vergleich Editionen

Die durchgeführte Kollation mit unterschiedlichen historischen und aktuellen Kleist-Editionen zeigt bestimmte Lesarten und Emendationen, die von der vorliegenden emendierten Fassung abweichen. In den Anmerkungen finden sich hierzu häufig nähere Erläuterungen. (Gelegentlich ist die Ursache für Abweichungen ein Transkriptionsfehler in der jeweiligen Edition.)

Disclaimer: Abweichungen, die ihren Grund in typographisch bedingten Normalisierungen und Standardisierungen haben, werden nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Mitgeteilte Abweichungen müssen am Original überprüft werden.

[BKA:1989] [2 Abw.]
  • 52fiere. ] [liest ›fière‹]
  • 55defensive. ] [liest ›défensive.‹]
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