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Ueber Christian Jakob Kraus.
Der verstorbene Professor Kraus in Königsberg
war ein scharfsinniger und wohlgeordneter,
obwohl et¬
was langsamer und
unfruchtbarer Kopf. Einen gege¬
benen Gedanken zu zerlegen, zu periphrasiren, von
al¬5
lem falschen Beisatz zu
läutern, nachher in allen sei¬
nen Elementen zu rubriciren, und zu numeriren, und
dergestalt ihn auch ganz mechanischen Köpfen annehm¬
lich zu machen, hat er treflich verstanden; ein
außer¬
ordentliches Talent für die Deduction, wie es auf dem 10
Felde der Staatswirthschaft noch nicht vorgekommen,
läßt sich ihm
nicht absprechen. Seine Bearbeitung des
Adam Smith ist ein Werk großen, rechtschaffenen
und
mühseligen Fleißes: er hat aus den Aussagen Sach¬
verständiger, aus der
Geschichte und denen Reisebe¬15
schreibungen, zur Bewährung seines Autors vielfältiges
beigebracht, und gebietet unbedingte Ehrfurcht, wenn
man erwägt, wie
vor ihm das Werk des großen brit¬
tischen Staatsgelehrten von völlig Unberufenen, denen
Soden, Lüder, Sartorius,
Jakobs u. s. f. war zersetzt 20
und zerfetzt, ausgezogen und ausgesogen worden.
In der Fluth von Gedanken und Apperçus, wor¬
in wir leben, und bei der Seltenheit
gründlicher und
schulgerechter Form, die in Ermanglung eigentlichen
wissenschaftlichen Lebens allezeit ein schätzbares Surro¬25
gat desselben bleiben wird,
bedauern wir es doppelt, ge¬
gen einen Mann sprechen zu müssen, der zur Ehre sei¬
nes Vaterlandes gelebt hat, und den nur die
übertrie¬
bene
Adoration geistreicher Schüler, an seinem wohl¬
verdienten Ruhme hat verkürzen können. 30
Das Werk des Adam Smith ist jetzt, nachdem es
[ 11 ]44seit 30 Jahren alle
bedeutenden Staatsmänner Euro¬
pas beschäftigt hat, reif für die Geschichte und für ein
gründliches Urtheil. Wir glauben sogar, daß der große
Mann viel größere und freiere Ansichten der Staats¬35
wirthschaft veranlaßt hat, als die
sein Buch darbietet;
also müssen wir die Positivität und Tyranney womit
jetzt — nach 30 Jahren — der Buchstab desselben in
der Krausschen Bearbeitung auftritt für etwas Unzei¬
tiges erklären. Tief
überzeugt von dem Unheil, welches 40
dieser Buchstab in der Gesetzgebung
unsers Vaterlan¬
des
anrichten könnte, müssen wir angehenden Staats¬
wirthen rathen, über den dogmatisirten und fixirten
Adam Smith des Professor
Kraus, nicht das Studium
ihrer lehrreichen Zeit zu versäumen. Wir müssen
sie 45
warnen vor der verführerischen Bestimmtheit jenes
Buchs, und es ihrem ernstlichen Nachdenken überlas¬
sen, ob wohl die Wissenschaft der Oekonomie zu abso¬
luten Principien und
unbedingter Präcision gelangen
könne, ohne die von ihr beständig
unzertrennliche, schwe¬50
sterliche Wissenschaft des Rechts, und so lange die Theo¬
rie des Staats selbst noch im
Argen liegt. — Wir eh¬
ren die Talente, denen Kraus die erste Richtung ge¬
geben, aber wir fürchten einen unheilbaren Zwie¬
spalt
zwischen den Gerichtshöfen und der 55
Administration, wenn sich je
diese, jugendlichen
Köpfen wohl anstehende, Richtung der Gesetzgebung
eines bejahrten Staates mittheilen könnte.
Zum Schluß können wir zwei Fragen nicht
unter¬
drücken, die
wir aus Unbekanntschaft mit den Königs¬60
bergischen Verhältnissen
nicht zu beantworten wagen:
zuerst, wie konnte ein guter aber völlig unproducti¬
ver und abhängiger Kopf zu der Lokalautorität
gelan¬
gen, von der wir
uns manches Wunder haben erzählen
lassen? und dann: wie konnte in einem wissenschaft¬65
lich gar nicht
entlegenen Orte die Lehre des Adam
Smith erst so spät und nachdem sie
schon zwanzig Jahre
hindurch Europa beschäftigt hatte, zu diesem übertrie¬
benen Ansehn gelangen? —
Wir ehren Christian Jakob
Kraus und sein red¬70
liches Forschen und Bearbeiten vielleicht mehr als die¬
jenigen, welche aus überschwellender
Dankbarkeit ihm
im Tode eine Gesetzgeberrolle aufdringen wollen, für
die er nicht geboren war.
Ps. 75
Nützliche
Erfindungen.
Entwurf einer Bombenpost.
Man hat, in
diesen Tagen, zur Beförderung des
Verkehrs innerhalb der Gränzen der
vier Welttheile,
einen elektrischen Telegraphen erfunden; einen
Tele¬80
graphen, der mit
der Schnelligkeit des Gedankens, ich
will sagen, in kürzerer Zeit, als
irgend ein chronome¬
trisches Instrument angeben kann, vermittelst des Elek¬
trophors und des
Metalldraths, Nachrichten mittheilt;
dergestalt, daß wenn jemand, falls
nur sonst die Vor¬85
richtung dazu getroffen wäre, einen guten Freund, den
er
unter den Antipoden hätte, fragen wollte: wie geht’s
dir? derselbe, ehe
man noch eine Hand umkehrt, ohn¬
gefähr so, als ob er in einem und demselben Zimmer
stünde, antworten könnte: recht gut. So gern wir dem 90
Erfinder dieser Post, die, auf recht eigentliche Weise,
auf Flügeln des Blitzes reitet, die Krone des Verdien¬
stes zugestehn, so hat doch auch diese
Fernschreibekunst
noch die Unvollkommenheit, daß sie nur, dem Interesse
des Kaufmanns wenig ersprießlich, zur Versendung ganz95
kurzer und lakonischer Nachrichten, nicht aber zur Ueber¬
machung von Briefen, Berichten, Beilagen und
Packe¬
ten taugt. Demnach schlagen wir, um auch diese Lücke
zu
erfüllen, zur Beschleunigung und Vervielfachung der
Handels-Communikationen, wenigstens innerhalb der 100
Gränzen der
cultivirten Welt, eine Wurf- oder Bom¬
benpost vor; ein Institut, das sich auf zweckmäßig,
innerhalb des Raums einer Schußweite, angelegten Ar¬
tillerie-Stationen, aus Mörsern oder Haubitzen,
hohle,
statt des Pulvers, mit Briefen und Paketen angefüll¬105
te Kugeln, die man ohne
alle Schwierigkeit, mit den
Augen verfolgen, und wo sie hinfallen,
falls es
ein
kein
ein [wird nicht emendiert]
ein [wird nicht emendiert]
Mo¬
rastgrund
ist, wieder auffinden kann, zuwürfe; derge¬
stalt, daß die Kugel, auf jeder Station zuvörderst er¬
öffnet, die respektiven
Briefe für jeden Ort herausge¬110
nommen, die neuen hineingelegt, das Ganze wieder ver¬
46schlossen, in einen neuen Mörser geladen, und zur näch¬
sten Station weiter spedirt
werden könnte. Den Pro¬
spectus des Ganzen und die
Beschreibung
Beschrebung
und Ausein¬
andersetzung der Anlagen und Kosten behalten wir ei¬115
ner umständlicheren und weitläufigeren
Abhandlung
bevor. Da man, auf diese Weise, wie eine kurze ma¬
thematische Berechnung
lehrt, binnen Zeit eines halben
Tages, gegen geringe Kosten von
Berlin nach Stettin
oder Breslau würde schreiben oder respondiren können, 120
und
mithin, verglichen mit unseren reitenden Posten,
ein zehnfacher
Zeitgewinn entsteht oder es eben soviel
ist, als ob ein Zauberstab
diese Orte der Stadt Ber¬
lin zehnmal näher gerückt hätte: so
glauben wir für
das bürgerliche sowohl als handeltreibende Publicum,
125
eine Erfindung von dem größesten und entscheidendsten
Gewicht, geschickt, den Verkehr auf den höchsten Gipfel
der Vollkommenheit zu treiben, an den Tag gelegt zu
haben.
Berlin d. 10. Oct. 1810. rmz.130
Auf einen
Denuncianten.
(Räthsel.)
Vollendet er als Stier — des Phalaris.
(Die Auflösung im folgenden Stück.) 135
st.
Polizeiliche Tages-Mittheilungen.
Der Leichnam
eines hiesigen Seidenwirkers, der
schon seit einiger Zeit von seiner
Familie gesucht wurde,
ist jetzt, schon sehr in Verwesung
übergegangen, vor 140
dem Köpnicker Thore in der Spree gefunden.
Einer von den 7
Verbrechern, welche im Juli d.
Jahrs aus der Vestung Spandau entwichen sind, ist
jetzt
hier erkannt und verhaftet.
Ein fremder
Schiffer hat beim Torfverkauf einen 145
hiesigen Bürger auf ¼ Haufen um 5
Kiepen übervor¬
theilt und ist daher zur Untersuchung gezogen.