kleist-digital
  • Werke
  • Briefe
  • Verzeichnisse
  •  Suche
kleist-digital
  •  Suche
  • Werke
  • Briefe
  • Verzeichnisse

  • Stellenkommentar
  • Emendationen
  • Textkonstitution
  • Editorial Artikel
  • Kollation Editionen
    Zu den Artikeln
    Christian Jacob Kraus. (Fortsetzung.)Zuschrift eines Predigers an den Herausgeber der Berliner Abendblätter.Nachricht an den Einsender obigen Briefes.Anekdote.Miscellen.Polizeiliche Tages-Mittheilungen.Interessante Schriften, welche in der Buchhandlung von J. E. Hitzig zu haben sind.
  • Home
  • Werke
  • Berliner Abendblätter
  • 20tes Blatt. Den 23ten October 1810.
20tes Blatt. Den 23ten October 1810.

(Textwiedergabe  nach Erstdruck.)

  • Fassung Erstdruck
    emendiert
  • Textversion
    ohne orig. Zeilenfall
  • Textversion
    ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ

Alle Textversionen sind inhaltlich identisch und folgen dem angegebenen Textzeugen.
Die Fassung Erstdruck/Textzeuge zeigt die zeichengenaue Wiedergabe des Textzeugen. Nur offensichtliche Fehler sind emendiert. Alle Emendationen sind im Apparat verzeichnet. Der originale Zeilenfall ist beibehalten. Die Fassung wird auf Smartphones wegen der Zeilenlänge nicht angezeigt.

In der Textversion ohne originalen Zeilenfall wird der Zeilenfall mit einem Schrägstrich / angezeigt, die Zeile wird aber nicht umbrochen. Ansonsten folgt sie der angegebenen Textquelle.

In der Textversion ohne ſ, aͤ, oͤ, uͤ sind zusätzlich das lange ſ und historische Umlautformen der heutigen Orthographie angepasst.

79

Berliner Abendblätter.

20tes Blatt. Den 23ten October 1810.

Christian Jacob Kraus.

(Fortsetzung.)

Wenn wir das Gefühl der Leser in Anspruch neh¬
men
wollten, so könnten wir eine recht grelle Parallele
des vorigen und jetzigen Zustandes der Preuß. Domai¬5
nen
-Bauern ziehen.

Den Wohlstand und die Selbstständigkeit des Land¬
manns
und der arbeitenden Classe überhaupt zu grün¬
den
, das hielt Kraus für die Wesentlichste aller staats¬
wirthschaftlichen
Operationen.
Ueber diesen Gegen¬10
stand
, der diesen etwas langsamen und unfruchtbaren
Kopf immer zur Begeisterung hinriß, mußte man ihn
sprechen hören, um von Achtung und Liebe nicht sowohl
für den Staatswirth als für den herrlichen reinen Men¬
schen
erfüllt zu werden.
Wohlhabende, selbstständige 15
Menschen wollte er schaffen, und dadurch seinem Va¬
terlande
, das er mit der ganzen Kraft einer männli¬
chen
Seele liebte, allmählig eine sichere Existenz unter
seinen drei kolossalen Nachbarn vorbereiten.

Er wußte so gut als diejenigen, die es vornehm 20
bedauern, gegen diesen Mann sprechen zu müssen, daß
es etwas höheres giebt, als Wohlstand; aber er wußte
auch, daß Wohlstand dessen nothwendige Bedingung ist;
daß dieses Höhere nur aus dessen allgemeinster Ver¬
breitung
hervorgehen kann; daß außer dem Wohlstande, 25
bürgerliche Freiheit und Gerechtigkeit das Einzige ist,
was die Gesellschaft ihren Mitgliedern zu gewähren
vermag; daß dieses Höhere kein Vorwurf der Regierung
und Landesverwaltung sein kann und soll, sondern ei¬
ner
höheren Macht, mag man sie Natur oder Gottheit 30
nennen, die sich in ihre Operationen nicht eingreifen
läßt.
Wir sind nun einmal so unmodern, ein Verdienst
darin zu finden, Menschen glücklich zu machen, d. h.
um allen Mißdeutungen vorzubeugen, ihnen bürgerliche
Freiheit als Bedingung des Wohlstandes und des Glücks 35
zu gewähren; und zu glauben, daß ein solches Verdienst
Ehrensäulen und Monumente verdient, wie Preußen
seinem Kraus bei ruhigeren Zeiten gewiß setzen wird.

Wir sind so altväterisch dieses Verdienst unendlich er¬
[ 20 ]80habener
zu finden, als die höchste Genialität zur Ver¬40
theidigung
von Gräueln der Vorwelt gemißbraucht.

Dieser völlig unproduktive Kopf hat Menschenglück pro¬
ducirt
.
Er hat Veranlassung gegeben, dem Vaterlande
eine Menge wohlhabender selbstständiger, ihm ergebener
Familien zu gewinnen, die einzige Guarantie für die 45
Dauer der äußeren und inneren Sicherheit eines Staa¬
tes
.
Daraus mag sich der Herr Verfasser die Schlu߬
frage
: wie Krans Kraus zu diesen [emendiert in ›diesem‹] Ruf und zur Achtung sei¬
ner
Zeitgenossen gelangt ist, selbst beantworten.
Der
Hauptzweck seines Aufsatzes scheint zu sein: den Kraus¬50
schen
Schriften gleichsam eine Warnungstafel anzu¬
hängen
, und der Jugend ihren vorsichtigen Gebrauch
auzurathen. anzurathen.
Er besorgt Unheil aus der Anwendung
der Krausschen Lehre, und unheilbaren Zwiespalt zwi¬
schen
den Gerichtshöfen und der Administration; oder 55
stellt sich wenigstens so.
Sogar von dem Krausschen
Buchstaben fürchtet er Unheil für die Gesetzgebung
unseres Vaterlandes.
Darüber kann sich der Hr. V.
völlig beruhigen; denn der Buchstab ist bloß in seiner
Fantasie.
Wo tritt denn der Buchstab in Adam Smith 60
oder Kraus auf?
Beide protestiren auf jeder Seite
gegen den todten Buchstaben, kämpfen überall gegen
Pennalismus und Schlendrianismus; verlangen über¬
all
Selbstprüfung und die freieste Thätigkeit des Gei¬
stes
.
Oder — was meint der Herr Verfasser mit dem 65
Buchstaben?

(Beschluß folgt.)

Zuschrift eines Predigers an den Herausgeber
der Berliner Abendblätter.

Mein Herr, 70
Der Erfinder der neuesten Quinen-Lotterie hat die aufgeklärte
Absicht gehabt, die aberwitzige Traumdeuterei, zu welcher, [liest ›welcher‹] [liest ›welcher‹] in der
Zahlen-Lotterie, die Freiheit, die Nummern nach eigner Willkühr zu
wählen, Veranlassung gab, durch bestimmte und feststehende Loose,
die die Direction ausschreibt, niederzuschlagen.
75

Mit Bedauern aber machen wir die Erfahrung, daß diese Ab¬
sicht
nur auf sehr unvollkommene Weise erreicht wird, indem der
Aberglauben, auf einem Gebiet, auf dem man ihn gar nicht erwar¬
tet
hatte, wieder zum Vorschein kommt.

Es ist wahr, die Lente Leute träumen jetzt keine Nummern mehr; 80
aber sie träumen die Namen der Collecteurs, bei denen man setzen
kann. Die gleichgültigsten Veranlassungen nehmen sie, in einer
Verkettung von Gedanken, zu welchen kein Mensch die Mittelglieder
81 errathen würde, für geheimnißvolle Winke der Vorsehung an.
Ver¬
wichenen
Sonntag nannte ich den David, auf der Kanzel, einen 85
gottgefälligen Mann; nicht den Collecteur dieses Orts, wie Dieselben
leicht denken können, sondern den israëlitischen [liest ›israelitischen‹] König, den bekannten
Sänger der frommen Psalmen.
Tags darauf ließ mir der Collecteur,
durch einen Freund, für meine Predigt, scherzhafter Weise danken,
indem alle Quinenloose, wie er mir versicherte, bei ihm vergriffen 90
worden waren.

Ich bitte Sie, mein Herr, diesen Vorfall zur Kenntniß des
Publicums zu bringen, und durch Ihr Blatt, wenn es möglich ist,
den Entwurf einer anderweitigen Lotterie zu veranlassen, die den
Aberglauben auf eine bestimmtere und so unbedingte Weise, als es 95
der Wunsch aller Freunde der Menschheit ist, ausschließe.

F... d. 15. Okt. 1810.

F...

Nachricht an den Einsender obigen Briefes.

Geschäfte von bedeutender Wichtigkeit halten uns ab, selbst an 100
den Entwurf einer solchen Lotterie zu denken.

Inzwischen wollen wir, zu Erreichung dieses Zwecks, soviel in
unsern Kräften steht, von Herzen gern beförderlich sein.

Wir setzen demnach einen Preis von 50 Rthlr. auf die Erfin¬
dung
einer solchen Lotterie.
105

Die Mathematiker, die sich darum bewerben wollen, haben ihre
Entwürfe mit Divisen versehen, an uns einzusenden.

Berlin, d. 22. Oct. 1810.

Die Redaction der Abendblätter.

Anekdote.110

Als (William) Shakespear einst der Vorstellung seines Richard
des III. beiwohnte, sah er einen Schauspieler sehr eifrig und zärt¬
lich
mit einem jungen reizenden Frauenzimmer sprechen.
Er nä¬
herte
sich unvermerkt, und hörte das Mädchen sagen: um 10 Uhr
poche dreimal an die Thür, ich werde fragen: wer ist da? und du 115
mußt antworten: Richard der III. —.
Shakespear, der die Weiber
sehr liebte, stellte sich eine Viertelstunde früher ein, und gab beides,
das verabredete Zeichen und die Antwort, ward eingelassen, und
war, als erkannt wurde, glücklich genug, den Zorn der Betrogenen
zu besänftigen.
Zur bestimmten Zeit fand sich der wahre Liebhaber 120
ein. Shakespear öffnete das Fenster und fragte leise: wer ist da?

— Richard der III., war die Antwort. — Richard, erwiederte Sha¬
kespear
, kommt zu spät; Wilhelm der Eroberer hat die Festung
schon besetzt. —

82

Miscellen.125

Sr. Königl. Hoheit der Kronprinz von Schweden
sind mit ihrem Gefolge durch eine doppelte Linie von
500 Engl. Segeln, die im Norden und Süden des
Belts lagen, glücklich, und ohne den mindesten Un¬
fall
von Nyborg zu Corsöer auf Seeland eingetroffen.
130

Nach den neuesten Nachrichten ist es nunmehr be¬
stimmt
, daß nicht Wittenberg, sondern Torgau eine
sächsische Festung werden soll.

Sr. Maj. der König von Neapel hat nach einem
zu Scylla erschienenen Tagesbefehl die Expedition auf 135
Sizilien verschoben, und mit der Armee die Winter¬
quartiere
bezogen.

Polizeiliche Tages-Mittheilungen.

Einem hiesigen Kaufmann sind von seinem Reise¬
wagen
durch Aufschneidung des Hinterverdecks mehrere 140
Handlungs-Artikel an Kattun, Materialwaaren ⁊c.
entwendet.

Bei der in der Nacht vom 19ten zum 20ten d. M.
zwischen 1 und 5 Uhr vorgenommenen General-Visi¬
tation
der hiesigen Residenz und des äußern Polizei-145
Bezirks
, sind, wegen nächtlichen Herumtreibens und
mangelnder Legitimation 11 Mannspersonen und 4
Frauenzimmer gefänglich eingezogen worden.
Unter
ihnen befaud befand sich ein berüchtigter Betrüger und Dieb,
welcher sich erst vor Kurzem der Entwendung eines 150
Koffers mit Sachen, 100 Thlr. an Werth, schuldig ge¬
macht
hatte.

Auf dem Spittelmarkt ist eine abgenutzte Metze
zerschlagen.

Ebendaselbst ist einem Bauer ein ordnungswidri¬155
ges
Gemäß zerschlagen worden.

Interessante Schriften, welche in der Buch¬
handlung
von J. E. Hitzig zu haben sind.

Musikalien.

Es kann doch schon immer so bleiben, als Ant¬160
wort
auf das Lied: Es kann schon nicht immer
so bleiben;
in Musik gesetzt von C. F. H. Schmidt.
4 Gr.

Christian Jacob Kraus. (Fortsetzung.); Zuschrift eines Predigers an den Herausgeber der Berliner Abendblätter.; Nachricht an den Einsender obigen Briefes.; Anekdote.; Miscellen.; Polizeiliche Tages-Mittheilungen.; Interessante Schriften, welche in der Buchhandlung von J. E. Hitzig zu haben sind.;

https://archive.org/details/BerlinerAbendbltter1810-11/page/n86

Quellenangabe für Zitat:
https://kleist-digital.de/berliner-abendblaetter/1810-20 [ + Angabe von Zeile / Vers oder Seite ], 24.03.2023

Apparat

 Stellenkommentar

42DieserDas ›s‹ in ›dieser‹ ist im Druck nur schwach erkennbar.

126Königl.Im Druck nur ›Konigl.‹. Das hochgestellte ›e‹ entweder nicht mitgedruckt oder nicht vorhanden.

 Emendationen (insges. 4)
  • 48KransKraus
  • 53auzurathen.anzurathen.
  • 80LenteLeute
  • 149befaudbefand

Textkonstitution

Textwiedergabe nach:
Kleist, Heinrich von (Hrsg.): Berliner Abendblätter. 20tes Blatt. Den 23ten October 1810. Berlin: J. E. Hitzig, 20.10.1810.

Faksimiledruck in: BA-Reprint:1925 S. 79–82

Angaben zu den einzelnen Artikeln

Christian Jacob Kraus. (Fortsetzung.)

Zur Autorschaft: Joh. Gottfried Hoffmann

Zur Autordiskussion vgl. Anmerkung 19tes Blatt.

Zur Textwiedergabe:

Der Beitrag nimmt Bezug auf Adam Müllers Text ›Ueber Christian Jakob Kraus‹ im 11ten Blatt v. 12.10.1810.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 79f

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 103f

Zuschrift eines Predigers an den Herausgeber der Berliner Abendblätter.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: F... [= Heinrich von Kleist]

Erstmals von Zolling in eine Kleist-Edition aufgenommen worden [Zolling:1885; Bd. 4, S. 346f].

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 80f

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 105 [MA] II 375f [DKV] III 602f [SE:1993] II 394

Nachricht an den Einsender obigen Briefes.

Zur Autorschaft: Autor-Zn: Die Redaction der Abendblätter. [= Heinrich von Kleist]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 81

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 105 [MA] II 376 [DKV] III 603 [SE:1993] II 395

Anekdote.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [bearb.]

Es handelt sich hier nur um eine Bearbeitung einer vorhandenen Anekdote, die sich in fast identischer Fassung schon in ›Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser‹ vom 31.10.1803 (Nr. 173, S. 692) findet. Wie Kleist Zugang zu dieser Ausgabe oder zu einer möglichen anderen Quelle dieser Anekdote gefunden hat, ist nicht überliefert. Wegen der nur spärlichen Bearbeitung ist die Anekdote nicht in die Editionen von Sembdner und des DKV aufgenommen worden.

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 81

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 106 [MA] II 376f

Miscellen.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [bearb.]

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 82

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 106

Polizeiliche Tages-Mittheilungen.

Zur Autorschaft: Heinrich von Kleist [bearb.]

Von Kleist redigierte Texte aus den Polizei-Rapporten vom 20. Oktober 1810. (Vgl. BKB 11, hier S. 90f)

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 82

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 106f

Interessante Schriften, welche in der Buchhandlung von J. E. Hitzig zu haben sind.

Zur Autorschaft: J. E. Hitzig

Pagina Erstdruck Berliner Abendblätter: S. 82

Pagina Kleist-Editionen: [BKA] II/7 107

 Vergleich Editionen

Die durchgeführte Kollation mit unterschiedlichen historischen und aktuellen Kleist-Editionen zeigt bestimmte Lesarten und Emendationen, die von der vorliegenden emendierten Fassung abweichen. In den Anmerkungen finden sich hierzu häufig nähere Erläuterungen. (Gelegentlich ist die Ursache für Abweichungen ein Transkriptionsfehler in der jeweiligen Edition.)

Disclaimer: Abweichungen, die ihren Grund in typographisch bedingten Normalisierungen und Standardisierungen haben, werden nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Mitgeteilte Abweichungen müssen am Original überprüft werden.

[BKA:1989] [3 Abw.]
  • 48diesen ] [emendiert in ›diesem‹]
  • 72welcher, ] [liest ›welcher‹]
  • 87israëlitischen ] [liest ›israelitischen‹]
[MA:2010] [1 Abw.]
  • 72welcher, ] [liest ›welcher‹]
WERKE
  • Dramen
  • Erzählungen
  • Lyrik
  • Sonstige Prosa
  • Berliner Abendblätter
  • Phöbus
VERZEICHNISSE
  • Personen
  • Orte
  • Kleist Texte (alphabetisch)
  • Von Kleist erwähnte Werke
  • Literaturverzeichnis
SONSTIGES
  • Über die Edition
  • Kleist-Wörter-Rätsel
  • Handschriften-Simulator
  • Handschriften-Fonts
  • Kontakt Herausgeber
  • Impressum / Haftungsausschluss
  • Datenschutzerklärung
  • Creative Commons LizenzvertragDieses Werk ist lizenziert unter einer
    Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz