Die Schlacht bei Fehrbellin. Schauspiel in fünf Akten.[DTA-Version]
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Schlacht bei Fehrbellin.
H. v. Kleist.
Druck und Verlag von J. B. Wallishausser.
Berlin, bei Reimer.
Personen.
Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg.Die Kurfürstin.
Prinzessin Natalie, seine Nichte.
Feldmarschall Dörfling.
Prinz Friedrich Arthur, General der Reiterei.
Obrist Kottwitz, vom Regiment der Prinzessin Natalie.
Hennings, Graf Truchß,
Graf Heinrich, von der Suite des Kurfürsten.
Rittmeister von Golz.
Ein Wachtmeister.
Officiere. Korporale und Reiter. Hofcavaliere. Hof-
damen. Pagen. Heiducken. Bedienten. Volk jedes
Alters und Geschlechts.
Erster Akt.
Scene: Fehrbellin. Ein Garten im alt-französichen Styl. Im Hintergrunde ein Schloß, von welchem eine Rampe herabführt. — Es ist Nacht.Erster Auftritt.
Prinz Friedrich Arthur (sitzt mit bloßem Haupte und offe- ner Brust, halb wachend, halb schlafend, unter einer Eiche und windet sich einen Kranz.) — Der Kurfürst, seine Gemahlin, Prinzessin Natalie, Graf Hein- rich, Rittmeister Golz und Andere (treten heim- lich aus dem Schloß und schauen vom Geländer der Rampe auf ihn nieder.) — Pagen mit Fackeln. Graf Heinrich.Prinz Friedrich Arthur, unser tapfrer Vetter, Der, an der Reiter Spitze, seit drei Tagen Den flücht’gen Schweden munter nachgesetzt, Und sich erst heute wieder, athemlos, Im Hauptquartier zu Fehrbellin gezeigt: Befehl ward ihm von Dir, hier länger nicht, Als nur drei Fütt’rungsstunden zu verweilen, Und gleich dem Wrangel wiederum entgegen, Der sich am Rhyn versucht hat einzuschanzen, Bis an die Hackelberge vorzurücken?
Der Kurfürst.So ist’s!
Graf Heinrich.Die Chefs nun sämmtlicher Schwadronen, 2 Zum Aufbruch aus der Stadt, dem Plan gemäß, Glock zehn zu Nacht, gemessen instruirt, Wirft er erschöpft, gleich einem Jagdhund lechzend, Sich auf das Stroh, um für die Schlacht, die uns Bevor beim Strahl des Morgens steht, ein wenig Die Glieder, die erschöpften, auszuruhn.
Der Kurfürst.So hört’ ich! — Nun?
Graf Heinrich.Da nun die Stunde schlägt, Und aufgesessen schon die ganze Reiterei Den Acker vor dem Thor zerstampft, Fehlt — wer? Prinz Arthur noch, ihr Führer. Mit Fackeln wird und Lichtern und Laternen Der Held gesucht — und aufgefunden, wo?
(er nimmt einem Pagen die Fackel aus der Hand.)Als ein Nachtwandler, schau, auf jener Bank, Wohin, im Schlaf, wie Du nie glauben wolltest, Der Mondschein ihn gelockt, beschäftiget, Sich träumend, seiner eignen Nachwelt gleich, Den prächt’gen Kranz des Ruhmes einzuwinden.
Der Kurfürst.Was!
Graf Heinrich.In der That! Schau hier herab: da sitzt er!
(er leuchtet von der Rampe auf ihn nieder.) Der Kurfürst.Im Schlaf versenkt? Unmöglich!
Graf Heinrich.Fest im Schlafe! Ruf’ ihn bei Namen auf, so fällt er nieder.
(Pause.) Die Kurfürstin.Der junge Mann ist krank, so wahr ich lebe.
3 Prinzessin Natalie.Er braucht des Arztes —!
Die Kurfürstin.Man sollt’ ihm helfen, dünkt mich, Nicht den Moment verbringen, sein zu spotten!
Graf Heinrich (indem er die Fackel weggiebt.)Er ist gesund, ihr mitleidsvollen Frauen, Bei Gott, ich bin’s nicht mehr! Der Schwede morgen, Wenn wir im Feld’ ihn treffen, wird’s empfinden! Es ist nichts weiter, glaubt mir auf mein Wort, Als eine bloße Unart seines Geistes.
Der Kurfürst.Fürwahr! Ein Mährchen glaubt ich’s! — Folgt mir, Freunde, Und laßt uns näher ihn einmal betrachten.
(sie steigen von der Rampe herab.) Ein Hofcavalier (zu den Pagen.)Zurück! Die Fackeln!
Graf Heinrich.Laßt sie, laßt sie, Freunde! Der ganze Flecken könnt’ in Feuer aufgehn, Daß sein Gemüth davon nicht mehr empfände, Als der Demant, den er am Finger trägt.
(sie umringen ihn; die Pagen leuchten.) Der Kurfürst (über ihn gebeugt.)Was für ein Laub denn flicht er? — Laub der Weide?
Graf Heinrich.Was! Laub der Weid’, o Herr! — Der Lorbeer ist’s, Wie er’s gesehn hat, an der Helden Bildern, Die zu Berlin im Rüstsaal aufgehängt.
Der Kurfürst.— Wo fand er den in meinem märkschen Sand?
Graf Heinrich.Das mögen die gerechten Götter wissen!
4 Der Hofcavalier.Vielleicht im Garten hinten, wo der Gärtner Mehr noch der fremden Pflanzen auferzieht.
Der Kurfürst.Seltsam, beim Himmel! Doch, was gilt’s ich weiß, Was dieses jungen Thoren Brust bewegt?
Graf Heinrich.O — was! Die Schlacht von morgen, mein Gebieter! Sterngucker sieht er, wett’ ich, schon im Geist, Aus Sonnen einen Siegeskranz ihm winden.
(der Prinz besieht den Kranz.) Der Hofcavalier.Jetzt ist er fertig!
Graf Heinrich.Schade, ewig Schade, Daß hier kein Spiegel in der Nähe ist! Er würd’ ihm, eitel wie ein Mädchen, nahn, Und sich den Kranz bald so, und wieder so, Wie eine florne Haube aufprobiren.
Der Kurfürst.Bei Gott! ich muß doch sehn, wie weit er’s treibt!
(Der Kurfürst nimmt ihm den Kranz aus der Hand; der Prinz erröthet und sieht ihn an. Der Kurfürst schlingt seine Halskette um den Kranz und gibt ihn der Prinzessin; der Prinz steht lebhaft auf. Der Kurfürst weicht mit der Prinzessin, welche den Kranz erhebt, zurück; der Prinz mit ausgestreckten Armen folgt ihr.) Prinz Arthur (flüsternd.)Natalie! Mein Mädchen! Meine Braut!
Der Kurfürst.Geschwind! Hinweg!
Graf Heinrich.Was sagt der Thor?
Der Hofcavalier.Was sprach er?
(sie besteigen sämmtlich die Rampe.) 5 Prinz Arthur.Friedrich! Mein Fürst! Mein Vater!
Graf Heinrich.Höll’ und Teufel!
Der Kurfürst (rückwärts ausweichend.)Oeffn’ mir die Pforte nur!
Prinz Arthur.O meine Mutter!
Graf Heinrich.Der Rasende! Er ist —
Die Kurfürstin.Wen nennt er so?
Prinz Arthur (nach dem Kranz greifend.)O! Liebste! Was entweichst du mir? Natalie!
(er erhascht einen Handschuh von der Prinzessin Hand.) Graf Heinrich.Himmel und Erde! Was ergriff er da?
Der Hofcavalier.Den Kranz?
Natalie.Nein, nein!
Graf Heinrich (öffnet die Thür.)Hier rasch herein, mein Fürst! Auf daß das ganze Bild ihm wieder schwinde!
Der Kurfürst.In’s Nichts mit dir zurück, mein junger Prinz, In’s Nichts, in’s Nichts! In dem Gefild der Schlacht, Sehn wir, wenn’s Dir gefällig ist, uns wieder! Im Traum erringt man solche Dinge nicht!
(Alle ab; die Thür fliegt rasselnd vor dem Prinzen zu. Pause.)Zweiter Auftritt.
Prinz Arthur (bleibt einen Augenblick, mit dem Ausdruck der Verwunderung, vor der Thüre stehen; steigt dann sinnend, die Hand, in welcher er den Handschuh hält, vor die Stirne gelegt, von der Rampe herab; kehrt sich, sob er unten ist, um, und sieht wieder nach der Thür hinauf.)Dritter Auftritt.
Graf Heinrich (tritt von unten, durch eine Gitterthür, auf. Ihm folgt) ein Page. — Prinz Arthur. Der Page (leise.)Herr Graf, so hört doch! Gnädigster Herr Graf!
Graf Heinrich (unwillig.)Still! die Cicade! — Nun? Was gibts?
Page.Mich schickt —!
Graf Heinrich.Weck’ ihn mit deinem Zirpen mir nicht auf! — Wohlan! Was gibts?
Page.Der Kurfürst schickt mich her! Dem Prinzen möchtet Ihr, wenn er erwacht, Kein Wort, befiehlt er, von dem Scherz entdecken, Den er sich eben jetzt mit ihm erlaubt!
Graf Heinrich (leise.)Ei, so leg’ Dich im Waizenfeld auf’s Ohr, Und schlaf Dich aus! Das wußt’ ich schon! Hinweg!
(der Page ab.)Vierter Auftritt.
Graf Heinrich. Prinz Arthur. Graf Heinrich (indem er sich in einiger Entfernung hinter den Prinzen stellt, der noch immer unverwandt die Rampe hinaufsieht.)Arthur!
(der Prinz fällt um.)Da liegt er; eine Kugel trifft nicht besser!
(er nähert sich ihm.)Nun bin ich auf die Fabel nur begierig, Die er ersinnen wird, mir zu erklären, Warum er hier sich schlafen hat gelegt.
(er beugt sich über ihn.)Arthur! He! Bist des Teufels Du? Was machst Du? Wie kommst Du hier zu Nacht auf diesen Platz?
Prinz Arthur.Je, Lieber!
Graf Heinrich.Nun, fürwahr, das muß ich sagen! Die Reiterei ist, die Du commandirst, Auf eine Stunde schon im Marsch voraus, Und Du, Du liegst im Garten hier und schläfst.
Prinz Arthur.Welch’ eine Reiterei?
Graf Heinrich.Die Mamelucken! — So wahr ich Leben athm’, er weiß nicht mehr, Daß er der märkschen Reiter Oberst ist?!
Prinz Arthur (steht auf.)Rasch! Meinen Helm! Die Rüstung!
Graf Heinrich.Ja, wo sind sie?
Prinz Arthur.Zur Rechten, Heinz, zur Rechten; auf dem Schemel!
8 Graf Heinrich.Wo? Auf dem Schemel?
Prinz Arthur.Ja, da legt’ ich, mein’ ich —!
Graf Heinrich (sieht ihn an.)So nimm sie wieder von dem Schemel weg!
Prinz Arthur.— Was ist dieß für ein Handschuh?
(er betrachtet den Handschuh, den er in der Hand hält.) Graf Heinrich.Ja, was weiß ich? —
(für sich.)Verwünscht! Den hat er der Prinzessin Nichte, Dort oben unbemerkt vom Arm gerissen!
(abbrechend.)Nun, rasch! Hinweg! Was säumst Du? Fort!
Prinz Arthur (wirft den Handschuh wieder weg.)Gleich! gleich! — He, Franz! der Schurke, der mich wecken sollte —
Graf Heinrich (betrachtet ihn.)Er ist ganz rasend toll!
Prinz Arthur.Bei meinem Eid! Ich weiß nicht, liebster Heinrich, wo ich bin.
Graf Heinrich.In Fehrbellin, Du sinnverwirrter Träumer; In einem von des Gartens Seitengängen, Der ausgebreitet hinterm Schlosse liegt!
Prinz Arthur (für sich.)Daß mich die Nacht verschläng’! Mir unbewußt Im Mondschein bin ich wieder umgewandelt!
(er faßt sich.)Vergib! Ich weiß nun schon. Es war, Du weißt, vor Hitze, 9 Im Bette gestern fast nicht auszuhalten; Ich schlich erschöpft in diesen Garten mich, Und weil die Nacht so lieblich mich umfing, Mit blondem Haar, von Wohlgeruch ganz triefend, Ach! wie den Bräutgam eine Perser-Braut, So legt’ ich hier in ihren Schooß mich nieder. — Was ist die Glocke jetzo?
Graf Heinrich.Halb auf Zwölf.
Prinz Arthur.Und die Schwadronen, sagst Du, brachen auf?
Graf Heinrich.Versteht sich, ja! Glock zehn; dem Plan gemäß! Das Regiment Prinzessin von Oranien, Hat, wie kein Zweifel ist, an ihrer Spitze Bereits die Höhn von Hackelwitz erreicht, Wo sie des Heeres stillen Aufmarsch morgen, Dem Wrangel gegenüber, decken sollen.
Prinz Arthur.Es ist gleichviel! Der alte Kottwitz führt sie, Der jede Absicht dieses Marsches kennt. Zudem hätt’ ich zurück in’s Hauptquartier Um zwei Uhr Morgens wiederkehren müssen, Weil hier Parol’ noch soll empfangen werden: So blieb ich besser gleich im Ort zurück. Komm; laß uns gehn! Der Kurfürst weiß von nichts?
Graf Heinrich.Ei, was! Der liegt im Bette längst und schläft.
(sie wollen gehen; der Prinz stutzt, kehrt sich um und nimmt den Handschuh auf.) Prinz Arthur.Welch’ einen sonderbaren Traum träumt ich?! — Mir war, als ob, von Gold und Silber strahlend, Ein Königsschloß sich plötzlich öffnete, 10 Und hoch von seiner Marmorramp’ herab, Der ganze Reigen zu mir niederstiege, Der Menschen, die mein Busen liebt: Der Kurfürst und die Fürstin, und die — dritte, — Wie heißt sie schon?
Graf Heinrich.Wer?
Prinz Arthur (er scheint zu suchen.)Jene — die ich meine! Ein Stummgeborner würd’ sie nennen können!
Graf Heinrich.Die Platen?
Prinz Arthur.Nicht doch, Lieber!
Graf Heinrich.Die Ramin?
Prinz Arthur.Nicht, nicht doch, Freund!
Graf Heinrich.Die Bork? die Winterfeld?
Prinz Arthur.Nicht, nicht; ich bitte Dich! Du siehst die Perle Nicht vor den Ring, der sie in Fassung hält.
Graf Heinrich.Zum Henker, sprich! Läßt das Gesicht sich rathen? — Welch eine Dame meinst Du?
Prinz Arthur.Gleichviel! Gleichviel! Der Nam’ ist mir, seit ich erwacht, entfallen, Und gilt zu dem Verständniß hier gleichviel.
Graf Heinrich.Gut! So sprich weiter!
Prinz Arthur.Aber stör’ mich nicht! — 11 Und er, der Kurfürst, mit der Stirn des Zevs, Hielt einen Kranz von Lorbeern in der Hand: Er stellt sich dicht mir vor das Antlitz hin, Und schlägt, mir ganz die Seele zu entzünden, Den Schmuck darum, der ihm vom Nacken hängt, Und reicht ihn, auf die Locken mir zu drücken; — O Lieber!
Graf Heinrich.Wem?
Prinz Arthur.O Lieber!
Graf Heinrich.Nun, so sprich!
Prinz Arthur.Es wird die Platen wohl gewesen sein.
Graf Heinrich.Die Platen? Was! — Die jetzt in Preußen ist?
Prinz Arthur.Die Platen. Wirklich. Oder die Ramin?
Graf Heinrich.Ach, die Ramin! Was! Die, mit rothen Haaren! — Die Platen, mit den schelm’schen Veilchen-Augen! Die, weiß man, die gefällt Dir.
Prinz Arthur.Die gefällt mir. —
Graf Heinrich.Nun, und die, sagst Du, reichte Dir den Kranz?
Prinz Arthur.Hoch auf, gleich einem Genius des Ruhms, Hebt sie den Kranz, an dem die Kette schwankte, Als ob sie einen Helden krönen wollte. Ich streck’, in unaussprechlicher Bewegung, Die Hände streck’ ich aus, ihn zu ergreifen: Zu Füßen will ich vor ihr niedersinken. 12 Doch, wie der Duft, der über Thäler schwebt, Vor eines Windes frischem Hauch zerstiebt, Weicht mir die Schaar, die Ramp’ ersteigend, aus. Die Rampe dehnt sich, da ich sie betrete, Endlos, bis an das Thor des Himmels aus, Ich greife rechts, ich greife links umher, Der Theuren Einen ängstlich zu erhaschen. Umsonst! Des Schlosses Thor geht plötzlich auf; Ein Blitz, der aus dem Innern zuckt, verschlingt sie, Das Thor fügt rasselnd wieder sich zusammen: Nur einen Handschuh, heftig, im Verfolgen, Streif ich der süßen Traumgestalt vom Arm: Und einen Handschuh, ihr allmächt’gen Götter, Da ich erwache, halt’ ich in der Hand!
Graf Heinrich.Bei meinem Eid! — Und nun meinst Du, der Handschuh, Der sei der ihre?
Prinz Arthur.Wessen?
Graf Heinrich.Nun, der Platen!
Prinz Arthur.Der Platen. Wirklich. Oder der Ramin? —
Graf Heinrich (lacht.)Schelm, der Du bist, mit Deinen Visionen! Wer weiß von welcher Schäferstunde, traun, Dir noch der Handschuh in den Händen klebt!
Prinz Arthur.Was! Mir? Bei meiner Liebe —!
Graf Heinrich.Ei, zum Henker, Was kümmerts mich? Meinthalben sei’s die Platen, Sei’s die Ramin! Am Sonntag geht die Post nach Preußen, Da kannst Du auf dem kürz’sten Weg’ erfahren, 13 Ob Deiner Schönen dieser Handschuh fehlt. — Fort! Es ist Zwölf. Was stehn wir hier und plaudern.
Prinz Arthur (träumt vor sich nieder.)— Da hast Du Recht. Laß uns zu Bette gehn. Doch was ich sagen wollte, Lieber, Ist die Kurfürstin noch und ihre Nichte hier, Die liebliche Prinzessin von Oranien, Die jüngst in unser Lager eingetroffen?
Graf Heinrich.Warum? — Ich glaube gar der Thor —?
Prinz Arthur.Warum? — Ich sollte, weißt Du, dreißig Reiter stellen, Sie wieder von dem Kriegsplatz wegzuschaffen. Ramin hab ich’ deßhalb beordern müssen.
Graf Heinrich.Ei, was! Die sind längst fort! Fort, oder reisen gleich! Ramin, zum Aufbruch völlig fertig, stand Die ganze Nacht durch mindstens am Portal. Doch fort! Zwölf ist’s; und eh’ die Schlacht beginnt, Wünsch’ ich mich noch ein wenig auszuruhn.
(Beide ab.) Scene: Ebendaselbst. Saal im Schloß. Man hört in der Ferne schießen.Fünfter Auftritt.
Die Kurfürstin und die Prinzessin Natalie (in Reisekleidern, geführt von einem) Hofcavalier, (treten auf, und lassen sich zur Seite nieder) Hofdamen. (Hierauf) der Kurfürst, Feldmarschall Dörfling, der Prinz Arthur (den Handschuh im Collet), Graf Heinrich, Graf Truchseß, Obrist Hennings, Rittmeister von Golz und mehrere andere Ge- nerale, Obersten und Officiere. Der Kurfürst.Was ist dies für ein Schießen? — Ist das Götz?
14 Feldmarschall Dörfling.Das ist der Oberst Götz, mein Fürst und Herr, Der mit dem Vortrab gestern vorgegangen. Er hat schon einen Officier gesandt, Der im Voraus darüber Dich beruh’ge. Ein schwed’scher Posten ist, von tausend Mann, Bis auf die Hackelberge vorgerückt; Doch haftet Götz für diese Berge Dir, Und sagt mir an, Du möchtest nur verfahren, Als hätte sie sein Vortrab schon besetzt.
Der Kurfürst (zu den Officieren.)Ihr Herrn, der Marschall kennt den Schlachtentwurf; Nehmt euren Stift, bitt’ ich, und schreibt ihn auf.
(Die Officiere versammeln sich auf der andern Seite um den Feldmarschall und nehmen ihre Schreibtafeln heraus.) Der Kurfürst (wendet sich zu dem Hofcavalier.)Ramin ist mit dem Wagen vorgefahren?
Ein Hofcavalier.Im Augenblick, mein Fürst. — Man spannt schon an.
Der Kurfürst (läßt sich auf einen Stuhl hinter der Kurfürstin und der Prinzessin nieder.)Ramin wird meine theur’ Elisa führen, Und dreißig rüst’ge Reiter folgen ihm. Ihr geht auf Kalkhuhns, meines Kanzlers Schloß, Bei Havelberg, jenseits des Havelstroms, Wo sich kein Schwede mehr erblicken läßt. —
Die Kurfürstin.Hat man die Fähre wieder hergestellt?
Der Kurfürst.Bei Havelberg? — Die Anstalt ist getroffen. Zudem ist’s Tag, bevor ihr sie erreicht.
(Pause.)Natalie ist so still, mein süßes Mädchen? — Was fehlt dem Kind’?
15 Prinzessin Natalie.Mich schauert, lieber Onkel.
Der Kurfürst.Und gleichwohl ist mein Töchterchen so sicher, In ihrer Mutter Schooß war sie’s nicht mehr.
(Pause.) Die Kurfürstin.Wann, denkst Du, werden wir uns wiedersehen?
Der Kurfürst.Wenn Gott den Sieg mir schenkt, wie ich nicht zweifle, Vielleicht im Laufe dieser Tage schon.
(Pagen kommen und serviren den Damen ein Frühstück. — Feldmarschall Dörfling dictirt. — Prinz Arthur, Stift und Tafel in der Hand, fixirt die Damen.) Feldmarschall.Der Plan der Schlacht, ihr Herren Obersten, Den die Durchlaucht des Herrn ersann, bezweckt, Der Schweden flücht’ges Heer, zu gänzlicher Zersplittrung, von dem Brückenkopf zu trennen, Der an dem Rhynfluß ihren Rücken deckt. Der Oberst Hennings —!
Oberst Hennings.Hier!
(er schreibt.) Feldmarschall.Der, nach des Herren Willen, heut Des Heeres rechten Flügel commandirt, Soll, durch den Grund der Fackelbüsche, still Des Feindes linken zu umgehen suchen, Sich muthig zwischen ihn und die drei Brücken werfen, Und mit dem Grafen Truchß vereint — Graf Truchß!
Graf Truchseß.Hier!
(er schreibt.) 16 Feldmarschall.Und mit dem Grafen Truchß vereint —
(er hält inne.)Der, auf den Höhn indeß, dem Wrangel gegenüber, Mit den Kanonen Posten hat gefaßt —
Graf Truchseß (schreibt.)Kanonen Posten hat gefaßt —
Feldmarschall.Habt ihr?
(er fährt fort.)Die Schweden in den Sumpf zu jagen suchen, Der hinter ihrem rechten Flügel liegt.
Ein Heiduck (tritt auf.)Der Wagen, gnäd’ge Frau, ist vorgefahren.
(Die Damen stehen auf.) Feldmarschall.Prinz Arthur —
Der Kurfürst (erhebt sich gleichfalls.)— Ist Ramin bereit?
Der Heiduck.Er harrt zu Pferd’ schon unten am Portal.
(Die Herrschaften nehmen Abschied von einander.) Graf Truchseß (schreibt.)Der hinter ihrem rechten Flügel liegt.
Feldmarschall.Prinz Friedrich Arthur — Wo ist der Prinz?
Graf Heinrich (heimlich.)Arthur!
Prinz Arthur (fährt zusammen.)Hier!
Graf Heinrich.Bist Du bei Sinnen?
17 Prinz Arthur.Was befiehlt mein Marschall?
(er erröthet, stellt sich mit Stift und Pergament und schreibt.) Feldmarschall.Dem die Durchlaucht des Fürsten wiederum Die Führung ruhmvoll, wie bei Rathenow, Der ganzen märkschen Reiterei vertraut —
(er hält inne)Dem Obrist Kottwitz gleichwohl unbeschadet, Der ihm mit seinem Rath zur Hand wird gehn —
(halblaut zum Rittmeister Golz.)Ist Kottwitz hier?
Rittmeister von Golz.Nein, mein General, Du siehst, Mich hat er abgeschickt, an seiner Statt, Aus Deinem Mund’ den Kriegsbefehl zu hören.
(der Prinz sieht wieder nach den Damen herüber.) Feldmarschall (faͤhrt fort.)Stellt auf der Ebne sich beim Dorfe Hackelwitz, Des Feindes rechten Flügel gegenüber, Fern außer dem Kanonenschusse auf.
Rittmeister von Golz (schreibt.)Fern außer dem Kanonenschusse auf.
(die Kurfürstin bindet der Prinzessin ein Tuch um den Hals. Die Prinzessin, indem sie sich die Handschuh anzie- hen will, sieht sich um, als ob sie etwas suchte.) Der Kurfürst (tritt zu ihr.)Mein Töchterchen, was fehlt Dir —?
Die Kurfürstin.Suchst Du etwas?
Natalie.Ich weiß nicht, liebe Tante, meinen Handschuh —
(sie sehen sich alle um.) Der Kurfürst (zu den Hofdamen.)Ihr Schönen! Wollt ihr gütig euch bemühn?
18 Die Kurfürstin (zur Prinzessin.)Du hältst ihn, Kind.
Natalie.Den rechten; doch den linken?
Der Kurfürst.Vielleicht daß er im Schlafgemach geblieben?
Natalie.O liebe Bork!
Der Kurfürst (zu diesem Fräulein.)Rasch, rasch!
Natalie.Auf dem Kamin!
(die Hofdame ab.) Prinz Arthur (für sich.)Herr meines Lebens! Hab’ ich recht gehört?
(er nimmt den Handschuh aus dem Collet.) Feldmarschall (sieht in ein Papier, das er in der Hand hält.)Fern außer dem Kanonenschusse auf. —
(er fährt fort.)Des Prinzen Durchlaucht wird —
Prinz Arthur.Den Handschuh sucht sie —!
(er sieht bald den Handschuh, bald die Prinzessin an.) Feldmarschall.Nach unsers Herrn ausdrücklichem Befehl —
Rittmeister von Golz (schreibt.)Nach unsers Herrn ausdrücklichem Befehl —
Feldmarschall.Wie immer auch die Schlacht sich wenden mag, Vom Platz nicht, der ihm angewiesen, weichen —
Prinz Arthur.— Rasch, daß ich jetzt erprüfe, ob er’s ist!
(er läßt, zugleich mit seinem Schnupftuch, den Handschuh fal- len; das Schnupftuch hebt er wieder auf, den Handschuh läßt er so, daß ihn jedermann sehen kann, liegen.) 19 Feldmarschall (befremdet.)Was macht des Prinzen Durchlaucht?
Graf Heinrich (heimlich.)Arthur!
Prinz Arthur.Hier!
Graf Heinrich.Ich glaub Du bist des Teufels?!
Prinz Arthur.Was befiehlt mein Marschall?
(er nimmt wieder Stift und Tafel zur Hand. Der Feldmarschall sieht ihn einen Augenblick fragend an. — Pause.) Rittmeister von Golz (nachdem er geschrieben.)Vom Platz nicht, der ihm angewiesen, weichen —
Feldmarschall (fährt fort.)Als bis, gedrängt von Hennings und von Truchß —
Prinz Arthur. (zum Rittmeister Golz, heimlich, indem er in seine Schreib- tafel sieht.)Wer? Lieber Golz! Was? Ich?
Rittmeister von Golz.Ihr, ja! Wer sonst?
Prinz Arthur.Vom Platz nicht soll ich —?
Rittmeister von Golz.Freilich!
Feldmarschall.Nun? Habt ihr?
Prinz Arthur (laut.)Vom Platz nicht, der mir angewiesen, weichen —
(er schreibt.) Feldmarschall.Als bis, gedrängt von Hennings und von Truchß —
(er hält inne.) 20Des Feindes linker Flügel aufgelös’t, Auf seinen rechten stürzt, und alle seine Schlachthaufen wankend nach der Trift sich drängen, In deren Sümpfen, oft durchkreuzt von Gräben, Der Kriegsplan eben ist, ihn aufzureiben.
Der Kurfürst.Ihr Pagen, leuchtet! — Euren Atm, ihr Lieben!
(er bricht mit der Kurfürstin und der Prinzessin auf.) Feldmarschall.Dann wird er die Fanfare blasen lassen.
Die Kurfürstin (da einige Officiere sie komplimentiren.)Auf Wiedersehn, ihr Herrn! Laßt uns nicht stören.
(der Feldmarschall komplimentirt sie auch.) Der Kurfürst (steht plötzlich auf.)Sieh da! Des Fräuleins Handschuh! Rasch! Dort liegt er!
Ein Hofcavalier.Wo?
Der Kurfürst.Zu des Prinzen, unsers Vetters, Füßen!
Prinz Arthur.Zu meinen —? Was! Ist das der eurige?
(er hebt ihn auf und bringt ihn der Prinzessin.) Natalie.Ich dank’ euch, edler Prinz.
Prinz Arthur (verwirrt.)Ist das der eure?
Natalie.Der meinige; der, welchen ich vermißt.
(sie empfängt ihn und zieht ihn an.) Die Kurfürstin (zu dem Prinzen, im Abgehen.)Lebt wohl! Lebt wohl! Viel Glück und Heil und Segen! Macht, daß wir bald und froh uns wiedersehn!
(der Kurfürst mit den Frauen ab. Hofdamen, Cava- liere und Pagen folgen.) 21 Prinz Arthur (steht einen Augenblick, wie vom Blitz getroffen, da; dann wendet er sich mit triumphirenden Schritten wieder in den Kreis der Officiere zurück.)Dann wird er die Fanfare blasen lassen!
(er thut als ob er schriebe.) Feldmarschall (sieht in sein Papier.)Dann wird er die Fanfare blasen lassen. — Doch wird des Fürsten Durchlaucht ihm, damit Durch Mißverstand der Schlag zu früh nicht falle —
(er hält inne.) Rittmeister von Golz (schreibt.)Durch Mißverstand der Schlag zu früh nicht falle —
Prinz Arthur (zum Graf Heinrich, heimlich, in großer Bewegung.)O Heinrich!
Graf Heinrich (unwillig.)Nun! Was giebt’s? Was hast Du vor?
Prinz Arthur.Was! Sahst Du nichts?
Graf Heinrich.Nein, nichts! Sei still, zum Henker!
Feldmarschall (fährt fort.)Ihm einen Officier aus seiner Suite senden, Der den Befehl, das merkt, ausdrücklich noch Zum Angriff auf den Feind ihm überbringe. Eh wird er nicht Fanfare blasen lassen.
(der Prinz steht und träumt vor sich nieder.)— Habt ihr?
Rittmeister von Golz (schreibt.)Eh wird er nicht Fanfare blasen lassen.
Feldmarschall (mit erhöhter Stimme.)Des Prinzen Durchlaucht, habt ihr?
Prinz Arthur.Mein Feldmarschall!
22 Feldmarschall.Ob ihr geschrieben habt?
Prinz Arthur.— Von der Fanfare?
Graf Heinrich (heimlich, unwillig, nachdrücklich.)Fanfare! Sei verwünscht! Nicht eh’, als bis der —
Rittmeister von Golz (eben so.)Als bis er selbst —
Prinz Arthur (unterbricht sie.)Ja, allerdings! Eh nicht — — Doch dann wird er Fanfare blasen lassen.
(er schreibt. — Pause.) Feldmarschall.Den Obrist Kottwitz, merkt das, Baron Golz, Wunsch’ ich, wenn er es möglich machen kann, Noch vor Beginn des Treffens selbst zu sprechen.
Rittmeister von Golz (mit Bedeutung.)Bestellen werd’ ich es. Verlaß’ Dich drauf.
(Pause.) Der Kurfürst (kommt zurück.)Nun, meine General’ und Obersten, Der Morgenstrahl ergraut! — Habt ihr geschrieben?
Feldmarschall.Es ist vollbracht, mein Fürst; Dein Kriegsplan ist An Deine Feldherrn pünktlich ausgetheilt!
Der Kurfürst (indem er Hut und Handschuh nimmt.)Mein Vetter Arthur, Dir empfehl’ ich Ruhe! Du hast am Ufer, weißt Du, mir des Rheins Zwei Siege jüngst verscherzt; regier’ Dich wohl, Und laß mich heut den dritten nicht entbehren, Der Mindres nicht, als Thron und Reich, mir gilt!
(zu den Officieren.)Folgt mir! — He, Franz!
Ein Reitknecht (tritt auf.)Hier!
23 Der Kurfürst.Rasch! Den Schimmel vor! — Noch vor der Sonn im Schlachtfeld will ich seyn!
(ab; die Generale, Obersten und Officiere folgen ihm.)Sechster Auftritt.
Prinz Arthur (in den Vordergrund tretend.)Nun denn, auf Deiner Kugel, Ungeheures, Du, der den Windeshauch den Schleier heut, Gleich einem Seegel, lüftet, roll’ heran! Du hast mir, Glück, die Locken schon gestreift: Ein Pfand schon warfst Du, im Vorüberschweben, Aus Deinem Füllhorn lächelnd mir herab: Heut, Kind der Götter, such’ ich, Flüchtiges, Ich hasche Dich im Feld der Schlacht und stürze Ganz Deinen Segen mir zu Füßen um: Wärst Du auch siebenfach, mit Eisenketten, Am schwed’schen Siegeswagen festgebunden!
(ab.)Zweiter Akt.
Scene: Schlachtfeld bei Fehrbellin.Erster Auftritt.
Obrist Kottwitz, Graf Heinrich, Rittmeister von Golz und andere Officiere, an der Spitze der Reiterei (treten auf.) Obrist Kottwitz (außerhalb der Scene.)Halt hier die Reiterei, und abgesessen!
Graf Heinrich und Golz (treten auf.)Halt! — halt!
Obrist Kottwitz.Wer hilft vom Pferde mir, ihr Freunde?
Graf Heinrich und Golz.Hier, Alter, hier!
(sie treten wieder zurück.) Obrist Kottwitz (außerhalb.)Habt Dank! — Ouf! Daß die Pest mich! — Ein edler Sohn, für euren Dienst, jedwedem, Der euch, wenn ihr zerfallt, ein Gleiches thut!
(er tritt auf; Graf Heinrich, Golz und Andere, hinter ihm.)Ja, auf dem Roß fühl’ ich voll Jugend mich; Doch sitz’ ich ab, da hebt ein Strauß sich an, Als ob sich Leib und Seele kämpfend trennten!
(er sieht sich um.)Wo ist des Prinzen, unsers Führers, Durchlaucht?
25 Graf Heinrich.Der Prinz kehrt gleich zu Dir zurück!
Obrist Kottwitz.Wo ist er?
Graf Heinrich.Er ritt ins Dorf, das Dir, versteckt in Büschen, Zur Seite blieb. Er wird gleich wiederkommen.
Ein Officier.Zur Nachtzeit, hör’ ich, fiel er mit dem Pferd?
Graf Heinrich.Ich glaube, ja!
Obrist Kottwitz.Er fiel?
Graf Heinrich (wendet sich.)Nichts von Bedeutung! Sein Rappe scheute an der Mühle sich, Jedoch, leichthin zur Seite niedergleitend, That er auch nicht den mind’sten Schaden sich. Es ist den Odem keiner Sorge werth.
Obrist Kottwitz (auf einen Hügel tretend.)Ein schöner Tag, so wahr ich Leben athme! Ein Tag, von Gott, dem hohen Herrn der Welt, Gemacht zu süßerm Ding’, als sich zu schlagen! Die Sonne schimmert röthlich durch die Wolken, Und die Gefühle flattern, mit der Lerche, Zum heitern Duft des Himmels jubelnd auf!
Golz.Hast du den Marschall Dörfling aufgefunden?
Obrist Kottwitz (kommt vorwärts.)Zum Henker, nein! Was denkt die Excellenz? Bin ich ein Pfeil, ein Vogel, ein Gedanke, Daß er mich durch das ganze Schlachtfeld sprengt? Ich war beim Vortrab, auf den Hackelhöhn, Und in dem Hackelgrund, beim Hintertrab: 26 Doch wen ich nicht gefunden, war der Marschall! Drauf meine Reiter sucht’ ich wieder auf.
Golz.Das wird sehr leid ihm thun. Es schien er hatte Dir von Belang noch etwas zu vertrauen.
Der Officier.Da kommt des Prinzen, unsers Führers, Durchlaucht!
Zweyter Auftritt.
Prinz Arthur (mit einem schwarzen Band um die linke Hand.) Die Vorigen. Obrist Kottwitz.Sei mir gegrüßt, mein junger, edler Prinz! Schau her, wie während Du im Dörfchen warst, Die Reiter ich im Thalweg aufgestellt: Ich denk’, Du wirst mit mir zufrieden seyn!
Prinz Arthur.Guten Morgen, Kottwitz! — Guten Morgen, Freunde! — Du weißt, ich lobe Alles, was Du thust.
Graf Heinrich.Was machtest, Arthur, in dem Dörfchen Du? — Du scheinst so ernst!
Prinz Arthur.Ich — war in der Kapelle, Die aus des Dörfchens stillen Büschen blinkte. Man läutete, da wir vorüberzogen, Zur Andacht eben ein, da trieb mich’s an, Am Altar auch mich betend hinzuwerfen.
Obrist Kottwitz.Ein frommer junger Herr, das muß ich sagen! Das Werk, glaubt mir, das mit Gebet beginnt, Das wird mit Heil und Ruhm und Sieg sich krönen!
27 Prinz Arthur.Was ich Dir sagen wollte, Heinrich —
(er führt den Grafen ein wenig vor.)Was war’s schon, was der Dörfling, mich betreffend, Bei der Parol’ hat gestern vorgebracht?
Graf Heinrich.— Du warst zerstreut. Ich hab’ es wohl gesehn.
Prinz Arthur.Zerstreut — getheilt; ich weiß nicht, was mir fehlte. Dictiren in die Feder macht mich irr. —
Graf Heinrich.— Zum Glück nicht dießmal eben viel für Dich. Der Truchß und Hennings, die das Fußvolk führen, Die sind zum Angriff auf den Feind bestimmt, Und Dir ist aufgegeben, hier zu halten Im Thal, schlagfertig mit der Reiterei, Bis man zum Angriff den Befehl Dir schickt.
Prinz Arthur (nach einer Pause, in der er vor sich niedergeträumt.)— Ein wunderlicher Vorfall!
Graf Heinrich.Welcher, Lieber?
(er sieht ihn an. — Ein Kanonenschuß fällt.) Obrist Kottwitz.Holla, ihr Herrn, holla! Sitzt auf, sitzt auf! Das ist der Hennings und die Schlacht beginnt!
(sie besteigen sämmtlich einen Hügel.) Prinz Arthur.Wer ist es? Was?
Graf Heinrich.Der Obrist Hennings, Arthur, Der sich in Wrangels Rücken hat geschlichen! Komm nur, dort kannst Du Alles überschauen.
28 Golz (auf dem Hügel.)Seht, wie er furchtbar sich am Rhyn entfaltet!
Prinz Arthur (hält sich die Hand vor’s Auge.)— Der Hennings dort auf unserm rechten Flügel?
Erster Officier.Ja, mein erlauchter Prinz.
Prinz Arthur.Was auch, zum Henker! Der stand ja gestern auf des Heeres Linken.
(Kanonenschüsse in der Ferne.) Obrist Kottwitz.Blitzelement! Seht, aus zwölf Feuerschlünden Wirkt jetzt der Wrangel auf den Hennings los!
Erster Officier.Das nenn’ ich Schanzen das, die schwedischen!
Zweiter Officier.Bei Gott, gethürmt, bis an die Kirchthurmsspitze Des Dorfs, das hinter ihrem Rücken liegt!
(Schüsse in der Nähe.) Golz.Das ist der Truchß!
Prinz Arthur.Der Truchß?
Obrist Kottwitz.Der Truchß, er, ja; Der Hennings jetzt von vorn zu Hülfe kommt.
Prinz Arthur.Wie kommt der Truchß heut in die Mitte?
(heftige Kanonade.) Golz.O Himmel, schaut, mich dünkt das Dorf fing Feuer!
Dritter Officier.Es brennt, so wahr ich leb’!
29 Erster Officier.Es brennt! Es brennt! Die Flamme zuckt schon an dem Thurm empor!
Golz.Hui! Wie die Schwedenboten fliegen rechts und links!
Zweiter Officier.Sie brechen auf!
Obrist Kottwitz.Wo?
Erster Officier.Auf dem rechten Flügel! —
Dritter Officier.Freilich! In Zügen! Mit drei Regimentern! Es scheint, den linken wollen sie verstärken.
Zweiter Officier.Bei meiner Treu! Und Reiterei rückt vor, Den Marsch des rechten Flügels zu bedecken!
Graf Heinrich (lacht.)Ha! Wie das Feld die wieder räumen wird, Wenn sie versteckt uns hier im Thal erblickt!
(Musketenfeuer.) Kottwitz.Schaut, Brüder, schaut!
Zweiter Officier.Horcht!
Erster Officier.Feuer der Musketen!
Dritter Officier.Jetzt sind sie bei den Schanzen aneinander! —
Golz.Bei Gott! Solch einen Donner des Geschützes Hab’ ich Zeit meines Lebens nicht gehört!
30 Graf Heinrich.Schießt! Schießt! und macht den Schooß der Erde bersten! Der Riß soll eurer Leichen Grabmal seyn!
(Pause. — Ein Siegesgeschrei in der Ferne.) Erster Officier.Herr, Du, dort oben, der den Sieg verleiht: Der Wrangel kehrt den Rücken schon!
Graf Heinrich.Nein, sprich!
Golz.Beim Himmel, Freunde! Auf dem linken Flügel! Er räumt mit seinem Feldgeschütz die Schanzen.
Alle.Triumph! Triumph! Triumph! Der Sieg ist unser!
Prinz Arthur (steigt vom Hügel herab.)Auf, Kottwitz, folg’ mir!
Obrist Kottwitz.Ruhig, ruhig, Kinder!
Prinz Arthur.Auf! Laß Fanfare blasen! Folge mir!
Obrist Kottwitz.Ich sage, ruhig.
Prinz Arthur (wild.)Himmel, Erd’ und Hölle!
Obrist Kottwitz.Des Herrn Durchlaucht, bei der Parole gestern, Befahl, daß wir auf Ordre warten sollen. Golz, lies den Herren die Parole vor.
Prinz Arthur.Auf Ordr’? Ei, Kottwitz! Reitest Du so langsam? Hast Du sie noch vom Herzen nicht empfangen?
Obrist Kottwitz.Ordre?
31 Graf Heinrich.Ich bitte Dich!
Obrist Kottwitz.Von meinem Herzen?
Graf Heinrich.Laß Dir bedeuten, Arthur!
Golz.Hör’, mein Obrist!
Obrist Kottwitz (beleidigt.)Oho! Kömmst Du mir so, mein junger Herr? — Den Gaul, den Du daher sprengst, schlepp’ ich noch Im Nothfall an dem Schwanz des meinen fort! Marsch, Marsch, ihr Herrn! Trompeter, die Fanfare! Zum Kampf! Zum Kampf! Der Kottwitz ist dabei!
Golz (zu Kottwitz.)Nein, nimmermehr, mein Obrist! Nimmermehr!
Zweiter Officier.Der Hennings hat den Rhyn noch nicht erreicht!
Erster Officier.Nimm ihm den Degen ab!
Prinz Arthur.Den Degen mir?
(er stößt ihn zurück.)Ei, Du vorwitz’ger Knabe, der Du noch Nicht die zehn märkischen Gebote kennst! Hier ist der deinige, zusammt der Scheide!
(er reißt ihm das Schwert sammt dem Gürtel ab.) Erster Officier (taumelnd.)Mein Prinz, die That, bei Gott —!
Prinz Arthur (auf ihn einschreitend)Den Mund noch öffnest —?
Graf Heinrich (zu dem Officier.)Schweig! Bist Du rasend?
32 Prinz Arthur (indem er den Degen abgiebt.)Ordonanzen! — Führt ihn gefangen ab, in Hauptquartier.
(zu Kottwitz und den übrigen Officieren.)Und jetzt ist die Parol’, ihr Herrn: ein Schurke, Wer seinem General zur Schlacht nicht folgt! — Wer von euch bleibt?
Obrist Kottwitz.Du hörst. Was eiferst Du?
Graf Heinrich (beilegend.)Es war ein Rath nur, den man Dir ertheilt.
Obrist Kottwitz.Auf Deine Kappe nimm’s. Ich folge Dir.
Prinz Arthur (beruhigt.)Ich nehm’s auf meine Kappe. Folgt mir, Brüder!
(Alle ab.) Scene: Zimmer in einem Dorfe.Dritter Auftritt.
Ein Hofcavalier (in Stiefeln und Sporen tritt auf.) — Ein Bauer und seine Frau (sitzen an einem Tisch und arbeiten.) Hofcavalier.Glück auf, ihr wackern Leute! Habt ihr Platz, In eurem Hause Gäste aufzunehmen?
Der Bauer.O ja! Von Herzen.
Die Frau.Darf man wissen, wen?
Hofcavalier.Die hohe Landesmutter! Keine Schlechtere! — Am Dorfthor brach die Axe ihres Wagens, Und weil wir hören, daß der Sieg erfochten, So braucht es weiter dieser Reise nicht.
33 Beide (stehen auf.)Der Sieg erfochten? — Himmel!
Hofcavalier.Das wißt ihr nicht? Das Heer der Schweden ist auf’s Haupt geschlagen, Wenn nicht für immer, doch auf Jahresfrist, Die Mark vor ihrem Schwert und Feuer sicher, — Doch seht! Da kömmt die Landesfürstin schon.
Vierter Auftritt.
Die Kurfürstin (bleich und verstört,) Prinzessin Na- talie und mehrere Hofdamen (folgen.) — Die Vorigen. Kurfürstin (unter der Thür.)Bork! Winterfeld! Kommt: gebt mir euren Arm!
Natalie (zu ihr eilend.)O meine Mutter!
Die Hofdamen.Gott! Sie bleicht! Sie fällt!
(sie unterstützen sie.) Kurfürstin.Führt mich auf einen Stuhl, ich will mich setzen. — Todt, sagt er; todt?
Natalie.O meine theure Mutter!
Kurfürstin.Ich will den Unglücksboten selber sprechen.
Fünfter Auftritt.
Rittmeister von Mörner (tritt verwundet auf, von zwei Reitern geführt.) — Die Vorigen. Kurfürstin.Was bringst Du, Herold des Entsetzens, mir?
34 Mörner.Was diese Augen, leider, theure Frau, Zu meinem ew’gen Jammer, selbst gesehn.
Kurfürstin.Wohlan! Erzähl’!
Mörner.Der Kurfürst ist nicht mehr!
Natalie.O Himmel! Soll ein so ungeheurer Schlag uns treffen?
(sie bedeckt sich das Gesicht.) Kurfürstin.Erstatte mir Bericht, wie er gesunken. — Und wie der Blitzstrahl, der den Wandrer trifft, Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet, So laß dein Wort seyn; Nacht, wenn du gesprochen, Mög’ über meinem Haupt zusammenschlagen.
Mörner (tritt, geführt von den beiden Reitern, vor ihr.)Prinz Friedrich Arthur war, sobald der Feind, Gedrängt von Truchß, in seiner Stellung wankte, Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt; Zwei Linien hatt’ er, mit der Reiterei, Durchbrochen schon, und auf der Flucht vernichtet, Als er auf eine Feldredoute stieß; Hier schlug so mörderischer Eisenregen Entgegen ihm, daß seine Reiterschaar, Wie eine Saat, sich knickend niederlegte: Halt’ mußt’ er machen zwischen Busch und Hügeln, Um sein zerstreutes Reitercorps zu sammeln.
Natalie (zur Kurfürstin.)Geliebte! Fasse Dich!
Kurfürstin.Laß, laß mich, Liebe!
35 Mörner.In diesem Augenblick, dem Staub’ entrückt, Bemerken wir den Herrn, der, bei den Fahnen, Des Truchß’schen Corps, dem Feind entgegenreitet; Auf einem Schimmel, herrlich saß er da Im Sonnenstrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend. Wir Alle sammeln uns, bei diesem Anblick, Auf eines Hügels Abhang, schwer besorgt, In Mitten ihn des Feuers zu erblicken: Als plötzlich jetzt der Kurfürst, Roß und Reiter, In Staub vor unsern Augen niedersinkt; Zwei Fahnenträger fielen über ihn, Und deckten ihn mit ihren Fahnen zu.
Natalie.O meine Mutter!
Erste Hofdame.Himmel!
Kurfürstin.Weiter! Weiter!
Mörner.Drauf faßt, bei diesem schreckenvollen Anblick, Schmerz, unermeßlicher, des Prinzen Herz; Dem Bären gleich, von Wuth gespornt und Rache, Bricht er mit uns auf die Verschanzung los: Der Graben wird, der Erdwall, der sie deckt, Im Anlauf überflogen, die Besatzung Geworfen, auf das Feld zerstreut, vernichtet, Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten, Der Schweden ganzes Kriegsgepäck, erbeutet: Und hätte nicht der Brückenkopf am Rhyn Im Würgen uns gehemmt, so wäre keiner, Der, an dem Heerd der Väter, sagen könnte: Bei Fehrbellin sah ich den Helden fallen!
36 Kurfürstin.Ein Sieg, zu theu’r erkauft! Ich mag ihn nicht. Gebt mir den Preis, den er gekostet, wieder.
(sie sinkt in Ohnmacht.) Erste Hofdame.Hilf, Gott im Himmel! Ihre Sinne schwinden.
(Natalie weint.)Sechster Auftritt.
Prinz Arthur (tritt auf.) — Die Vorigen. Prinz Arthur.O meine theuerste Natalie!
(er legt ihre Hand gerührt an sein Herz.) Natalie.So ist es wahr?
Prinz Arthur.O! Könnt’ ich sagen: nein! Könnt’ ich mit Blut, aus diesem treuen Herzen, Das seinige zurück ins Daseyn rufen! —
Natalie (trocknet sich die Thränen.)Hat man denn schon die Leiche aufgefunden?
Prinz Arthur.Ach, mein Geschäft, bis diesen Augenblick, War Rache nur an Wrangel; wie vermocht’ ich, Solch’ einer Sorge mich bis jetzt zu weihn? Doch eine Schaar von Männern sandt’ ich aus, Ihn, im Gefild des Todes, aufzusuchen: Vor Nacht noch zweifelsohne trifft er ein.
Natalie.Wer wird, in diesem schauderhaften Kampf, Jetzt diese Schweden niederhalten? Wer Vor dieser Welt von Feinden uns beschirmen, Die uns sein Glück, die uns sein Ruhm erworben?
37 Prinz Arthur (nimmt ihre Hand.)Ich, Fräulein, übernehme eure Sache! Ein Engel will ich, mit dem Flammenschwert, An eures Throns verwais’ten Stufen stehn! Der Kurfürst wollte, eh das Jahr noch wechselt, Befreit die Marken sehn; wohlan! ich will der Vollstrecker solchen letzten Willens seyn!
Natalie.Mein lieber, theurer Vetter!
(sie zieht ihre Hand zurück.) Prinz Arthur.O Natalie!
(er hält einen Augenblick inne.)Wie denkt ihr über eure Zukunft jetzt?
Natalie.Ja, was soll ich, nach diesem Wetterschlag, Der unter mir den Grund zerreißt, beginnen? Mir ruht der Vater, mir die theure Mutter, Im Grab zu Amsterdam; in Schutt und Asche Liegt Dortrecht, meines Hauses Erbe, da; Gedrängt von Spaniens Tyrannenheeren, Weiß Moritz kaum, mein Vetter von Oranien, Wo er die eignen Kinder retten soll; Und jetzt sinkt mir die letzte Stütze nieder, Die meines Glückes Rebe aufrecht hielt. Ich ward zum zweitenmale heut verwais’t!
Prinz Arthur (schlägt einen Arm um ihren Leib.)O meine Freundin! Wäre diese Stunde Der Trauer nicht geweiht, so wollt’ ich sagen: Schlingt eure Zweige hier um diese Brust, Um sie, die schon seit Jahren, einsam blühend, Nach eurer Blüthen holden Duft sich sehnt!
Natalie.Mein lieber, guter Vetter!
38 Prinz Arthur.— Wollt ihr? Wollt ihr?
Natalie.— Wenn eins mit ihm ich werden darf?
(sie legt sich an seine Brust.) Prinz Arthur.Wie? Was war das?
Natalie.Hinweg!
Prinz Arthur (hält sie.)Natalie!
(er küßt sie; sie reißt sich los.)O Gott, wär er jetzt da, den wir beweinen, Um diesen Bund zu schauen! Könnten wir Zu ihm aufstammeln: Vater, segne uns!
(er bedeckt sein Gesicht mit seinen Händen; Natalie wendet sich wieder zur Kurfürstin zurück.)Siebenter Auftritt.
Ein Wachtmeister (tritt eilig auf.) — Die Vorigen. Wachtmeister.Mein Prinz, kaum wag’ ich, beim lebendigen Gott, Welch’ ein Gerücht sich ausstreut, euch zu melden! — Der Kurfürst lebt!
Prinz Arthur.Er lebt!
Wachtmeister.Beim hohen Himmel! Graf Sparren bringt die Nachricht eben her.
Natalie.Herr meines Lebens! Mutter, hörtest Du’s?
(sie stürzt vor der Kurfürstin nieder und umfaßt ihren Leib.) Prinz Arthur.Nein, sag —! Wer bringt mir?
39 Wachtmeister.Graf Georg von Sparren, Der ihn in Hackelwitz, beim Truchß’schen Corps, Mit eignem Aug’, gesund und wohl, gesehn!
Prinz Arthur.Geschwind! Lauf, Alter! Bring’ ihn mir herein!
(Wachtmeister ab.)Achter Auftritt.
Graf von Sparren und der Wachtmeister (treten auf.) — Die Vorigen. Kurfürstin.O stürzt mich zweimal nicht zum Abgrund nieder!
Natalie.Nein, meine theure Mutter!
Kurfürstin.Friedrich lebt?
Natalie (hält sie mit beiden Händen aufrecht.)Des Daseyns Gipfel nimmt euch wieder auf!
Wachtmeister (auftretend.)Hier ist der Officier!
Prinz Arthur.Herr Graf von Sparren! Des Herrn Durchlaucht habt ihr, frisch und wohlauf, Beim Truchß’schen Corps, in Hackelwitz gesehn?
Graf Sparren.Ja, mein erlauchter Prinz, im Hof des Pfarrers, Wo er Befehle gab, vom Stab’ umringt, Die Todten beider Heere zu begraben!
Die Hofdamen.O Gott! An Deine Brust —
(sie umarmen sich.) Kurfürstin.O meine Tochter!
40 Natalie.Nein, diese Seligkeit ist fast zu groß!
(sie drückt ihr Gesicht in der Tante Schooß.) Prinz Arthur.Sah ich, von fern, an meiner Reiter Spitze, Ihn nicht zerschmettert von Kanonenkugeln, In Staub, sammt seinem Schimmel, niederstürzen?
Graf Sparren.Der Schimmel, allerdings, stürzt’, sammt dem Reiter, Doch wer ihn ritt, mein Prinz, war nicht der Herr.
Prinz Arthur.Nicht? Nicht der Herr?
Natalie.O Jubel!
(sie steht auf, und stellt sich an die Seite der Kurfürstin) Prinz Arthur.Sprich! Erzähle! Dein Wort fällt schwer wie Gold in meine Brust!
Graf Sparren.O laßt die rührendste Begebenheit, Die je ein Ohr vernommen, euch berichten! Der Landesherr, der, jeder Warnung taub, Den Schimmel wieder ritt, den strahlend weißen, Den Froben jüngst in England ihm erstand, War wieder, wie bis heut noch stets geschah, Das Ziel der feindlichen Kanonenkugeln. Kaum konnte, wer zu seinem Troß gehörte, Auf einen Kreis von hundert Schritt ihm nahn; Granaten wälzten, Kugeln und Kartätschen, Sich wie ein breiter Todesstrom daher, Und Alles, was da lebte, wich an’s Ufer: Nur er, der kühne Schwimmer, wankte nicht, Und, stets den Freunden winkend, rudert’ er Getrost den Höh’n zu, wo die Quelle sprang.
41 Prinz Arthur.Beim Himmel, ja! Ein Grausen war’s, zu sehn.
Graf Sparren.Stallmeister Froben, der, beim Troß der Suite, Zunächst ihm folgt, ruft dieses Wort mir zu: »Verwünscht sey heut mir dieses Schimmels Glanz, Mit schwerem Gold in London jüngst erkauft! Wollt’ ich doch funfzig Stück Dukaten geben, Könnt’ ich ihn mit dem Grau der Mäuse decken.« Er naht, voll heißer Sorge, ihm und spricht: »Hoheit, Dein Pferd ist scheu, Du mußt verstatten, Daß ich’s noch einmal in die Schule nehme!« Mit diesem Wort entsitzt er seinem Fuchs, Und fällt dem Thier des Herren in den Zaum. Der Herr steigt ab, still lächelnd, und versetzt: »Die Kunst, die Du ihn, Alter, lehren willst, Wird er, so lang’ es Tag ist, schwerlich lernen. Nimm, bitt’ ich, fern ihn, hinter jenen Hügeln, Wo seines Fehls der Feind nicht achtet, vor!« Dem Fuchs drauf sitzt er auf, den Froben reitet, Und kehrt zurück, wohin sein Amt ihn ruft. Doch Froben hat den Schimmel kaum bestiegen, So reißt, entsendet aus der Feldredoute, Ihn schon ein Mordblei, Roß und Reiter, nieder: In Staub sinkt er, ein Opfer seiner Treue, Und keinen Laut vernahm man mehr von ihm.
(kurze Pause.) Prinz Arthur.Er ist bezahlt! — Wenn ich zehn Leben hätte, Könnt’ ich sie besser brauchen nicht, als so!
Natalie.Der wackre Froben!
Kurfürstin.Der Vortreffliche!
42 Natalie.Ein Schlechtrer wäre noch der Thränen werth!
(sie weinen.) Prinz Arthur.Genug! Zur Sache jetzt. Wo ist der Kurfürst? Nahm er in Hackelwitz sein Hauptquartier?
Graf Sparren.Vergieb! Der Herr ist nach Berlin gegangen, Und die gesammte Generalität Ist aufgefordert, ihm dahin zu folgen.
Prinz Arthur.Wie? Nach Berlin! — Ist denn der Feldzug aus?
Graf Sparren.Fürwahr, ich staune, daß Dir Alles fremd! — Graf Horn, der schwed’sche General, traf ein; Es ist im Lager, gleich nach seiner Ankunft, Ein Waffenstillstand ausgerufen worden. Wenn ich den Marschall Dörfling recht verstanden, Ward eine Unterhandlung angeknüpft: Leicht, daß der Frieden selbst erfolgen kann.
Kurfürstin.O Gott, wie herrlich klärt sich Alles auf!
(sie steht auf.) Prinz Arthur.Kommt, laßt sogleich uns nach Berlin ihm folgen! — Räumst Du, zu rascherer Befördrung, wohl Mir einen Platz in Deinem Wagen ein? — Zwei Zeilen nur an Kottwitz schreib ich noch, Und steige augenblicklich mit Dir ein.
(er setzt sich nieder und schreibt.) Kurfürstin.Von ganzem Herzen gern!
43 Prinz Arthur (legt den Brief zusammen und übergiebt ihn dem Wachtmei- ster; indem er sich wieder zur Kurfürstin wendet, und den Arm sanft um Nataliens Leib legt.)Ich habe so Dir einen Wunsch noch schüchtern zu vertraun, Dess’ ich mich auf der Reis’ entlasten will.
Natalie (macht sich von ihm los.)Bork! Rasch! Mein Halstuch, bitt’ ich!
Kurfürstin.Du? Einen Wunsch mir?
Erste Hofdame.Ihr tragt das Tuch, Prinzessin, um den Hals!
Prinz Arthur (zur Kurfürstin.)Was? Räthst Du nichts?
Kurfürstin.Nein, nichts!
Prinz Arthur.Was? Keine Sylbe? —
Kurfürstin (abbrechend.)Gleichviel! — Heut keinem Flehenden auf Erden Antwort’ ich: Nein! was es auch immer sey; Und Dir, Du Sieger in der Schlacht, zuletzt! — Hinweg!
Prinz Arthur.O Mutter! Welch ein Wort sprachst Du? Darf ichs mir deuten, wie es mir gefällt?
Kurfürstin.Hinweg, sag’ ich! Im Wagen mehr davon! Kommt, gebt mir euren Arm!
Prinz Arthur.O Cäsar Divus! Die Leiter setz’ ich an, an deinen Stern!
(er führt die Damen ab; Alle folgen.) 44 Scene: Berlin. Lustgarten vor dem alten Schloß. Im Hinter- grunde die Schloßkirche mit einer Treppe. Glockenklang; die Kirche ist stark erleuchtet; man sieht die Leiche Frobens vorübertragen und auf einen prächtigen Katafalk niedersetzen.Neunter Auftritt.
Der Kurfürst, Feldmarschall Dörfling, Obrist Hennings, Graf Truchß, und mehrere andere Ober- sten und Officiere (treten auf. Ihm gegenüber zeigen sich einige) Officiere mit Depeschen. — (In der Kirche sowohl als auf dem Platz) Volk jedes Alters und Ge- schlechts. Der Kurfürst.Wer immer auch die Reiterei geführt Am Tag der Schlacht, und, eh der Obrist Hennings Des Feindes Brücken hat zerstören können, Damit ist aufgebrochen, eigenmächtig, Zur Flucht, bevor ich Ordre gab, ihn zwingend, Der ist des Todes schuldig, das erklär’ ich, Und vor ein Kriegsgericht bestell’ ich ihn. — Prinz Arthur hat sie nicht geführt?
Graf Truchseß.Nein, mein erlauchter Herr!
Der Kurfürst.Wer sagt mir das?
Graf Truchseß.Das können Reiter Dir bekräftigen, Die mir’s versichert, vor Beginn der Schlacht. Der Prinz hat mit dem Pferd sich überschlagen, Man hat verwundet schwer, an Haupt und Schenkeln, In einer Kirche ihn verbinden sehn.
Der Kurfürst.Gleichviel. Der Sieg ist glänzend dieses Tages, Und vor dem Altar morgen dank’ ich Gott; Doch wär er zehnmal größer, das entschuldigt Den nicht, durch den der Zufall mir ihn schenkt: 45 Mehr Schlachten noch, als die, hab’ ich zu kämpfen, Und will, daß dem Gesetz Gehorsam sey. Wer’s immer war, der sie zur Schlacht geführt, Ich wiederhol’s, hat seinen Kopf verwirkt, Und vor ein Kriegsrecht hiemit lad’ ich ihn. — Folgt, meine Freunde, in die Kirche mir!
Zehnter Auftritt.
Prinz Arthur (drei schwed’sche Fahnen in der Hand,) Obrist Kottwitz (mit deren zwei), Graf Heinrich, Ritt- meister Golz, Graf Stein (jeder mit einer Fahne,) mehrere andre Officiere, Corporale und Rei- ter (mit Fahnen, Pauken und Standarten treten auf.) Feldmarschall Dörfling (so wie er den Prinzen erblickt.)Prinz Arthur! — Truchß! Was machtet ihr?
Der Kurfürst (stutzt.)Wo kommt ihr her, Prinz?
Prinz Arthur (einige Schritte vorschreitend.)Von Fehrbellin, mein Kurfürst, Und bringe diese Siegstrophäen Dir.
(er legt die drei Fahnen vor ihm nieder; die Officiere, Cor- porale und Neiter folgen, jeder mit der ihrigen.) Der Kurfürst (hetroffen.)Du bist verwundet, hör’ ich, und gefährlich? — Graf Truchß!
Prinz Arthur (heiter.)Vergieb!
Graf Truchß.Beim Himmel, ich erstaune!
Prinz Arthur.Mein Goldfuchs fiel vor Anbeginn der Schlacht; Die Hand hier, die ein Feldarzt mir verband, Verdient nicht, daß Du sie verwundet taufst.
Der Kurfürst.Mithin hast Du die Reiterei geführt?
46 Prinz Arthur (sieht ihn an.)Ich? Allerdings! Mußt Du von mir das hören? — Hier legt ich den Beweis zu Füßen Dir.
Der Kurfürst.— Nehmt ihm den Degen ab. Er ist gefangen.
Feldmarschall (erschrocken.)Wem?
Der Kurfürst (tritt unter die Fahnen.)Kottwitz! Sey gegrüßt mir!
Graf Truchß (für sich.)O verflucht!
Obrist Kottwitz.Bei Gott, ich bin aufs Aeußerste —!
Der Kurfürst (sieht ihn an.)Was sagst Du? — Schau, welche Saat für unsern Ruhm gemäht! — Die Fahn’ ist von der schwed’schen Leibwacht! Nicht?
(er nimmt eine Fahne auf, entwickelt und betrachtet sie.) Obrist Kottwitz.Mein Kurfürst?
Feldmarschall.Mein Gebieter?
Der Kurfürst.Allerdings! Und zwar aus König Gustav Adolphs Zeiten! — Wie heißt die Inschrift?
Obrist Kottwitz.Ich glaube —
Feldmarschall.Per aspera ad astra.
Der Kurfürst.Das hat sie nicht bei Fehrbellin gehalten —
(Pause.) 47 Obrist Kottwitz (schüchtern.)Mein Fürst, vergönn’ ein Wort mir —!
Der Kurfürst.Was beliebt? Nehmt Alles, Fahnen, Pauken und Standarten, Und hängt sie an der Kirche Pfeilern auf; Beim Siegsfest morgen denk’ ich sie zu brauchen!
(der Kurfürst wendet sich zu den Courieren, nimmt ihnen die Depeschen ab, erbricht und lies’t sie.) Obrist Kottwitz (für sich.)Das, beim lebend’gen Gott, ist mir zu stark!
(der Obrist nimmt, nach einigem Zaudern, seine zwei Fahnen auf; die übrigen Officiere und Neiter folgen; zuletzt, da die drei Fahnen des Prinzen liegen bleiben, hebt Kott- witz auch diese auf, so, daß er nun fünf trägt.) Ein Officier (tritt vor den Prinzen.)Prinz, euren Degen, bitt’ ich.
Graf Heinrich (mit seiner Fahne ihm zur Seite.)Ruhig, Freund!
Prinz Arthur.Träum’ ich? Wach’ ich? Leb’ ich? Bin ich bei Sinnen?
Golz.Prinz, gieb den Degen, rath’ ich, hin und schweig!
Prinz Arthur.Ich, ein Gefangener?
Graf Heinrich.So ist’s!
Golz.Ihr hört’s!
Prinz Arthur.Darf man die Ursach wissen?
Graf Heinrich (mit Nachdruck.)Jetzo nicht; — Du hast zu zeitig, wie wir gleich gesagt, 48 Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war, Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen!
Prinz Arthur.Helft, Freunde, helft! Ich bin verrückt.
Golz (unterbrechend.)Still! Still!
Prinz Arthur.Sind denn die Märkischen geschlagen worden?
Graf Heinrich (stampft mit dem Fuß auf die Erde.)Gleichviel! — Der Satzung soll Gehorsam seyn.
Prinz Arthur (mit Bitterkeit.)So — so, so, so!
Graf Heinrich (entfernt sich von ihm.)Es wird den Hals nicht kosten.
Golz (eben so.)Vielleicht bist Du schon morgen wieder los.
(der Kurfürst legt die Briefe zusammen, und kehrt wieder in den Kreis der Officiere zurück.) Prinz Arthur (nachdem er sich den Degen abgeschnallt.)Mein Vetter Friedrich will den Brutus spielen, Und sieht, mit Kreid’ auf Leinwand verzeichnet, Sich schon auf dem curulschen Stuhle sitzen: Die schwed’schen Fahnen in dem Vordergrund, Und auf dem Tisch die märkschen Kriegsartikel. Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn, Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre. Ein deutsches Herz, von altem Schrot und Korn, Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe, Und wenn er mir in diesem Augenblick, Wie die Antike starr entgegenkömmt, Thut er mir leid, und ich muß ihn bedauern!
(er giebt den Degen an den Officier und geht ab.) 49 Der Kurfürst.Bringt ihn nach Fehrbellin, ins Hauptquartier, Und dort bestellt das Kriegsrecht, das ihn richte.
(ab in die Kirche. Die Fahnen folgen ihm, und werden, wäh- rend er mit seinem Gefolge an dem Sarge Frobens niederkniet und betet, an den Pfeilern derselben aufgehängt. Trauermusik.)Dritter Akt.
Scene: Fehrbellin. Ein Gefängniß.Erster Auftritt.
Prinz Arthur. — (Im Hintergrunde) zwei Reiter, als Wache. — Graf Heinrich (tritt auf.) Prinz Arthur.Sieh da! Freund Heinrich! Sey willkommen mir! — Nun, des Arrestes bin ich wieder los?
Graf Heinrich (erstaunt.)Gott sey Lob, in der Höh’!
Prinz Arthur.Was sagst Du?
Graf Heinrich.Los? Hat er den Degen Dir zurückgeschickt?
Prinz Arthur.Mir? Nein.
Graf Heinrich.Nicht?
Prinz Arthur.Nein!
Graf Heinrich.— Woher denn also los?
Prinz Arthur (nach einer Pause.)Ich glaubte, Du, Du bringst es mir. — Gleichviel!
Graf Heinrich.— Ich weiß von nichts.
51 Prinz Arthur.Gleichviel! Du hörst: gleichviel! So schickt er einen Andern, der mir’s melde.
(er wendet sich und holt Stühle.)Setz’ Dich! — Nun, sag’ mir an, was giebt es Neues? — Der Kurfürst kehrte von Berlin zurück?
Graf Heinrich (zerstreut.)Ja. Gestern Abend.
Prinz Arthur.Ward, beschloßner Maßen, Das Siegsfest dort gefeiert? — — Allerdings! — Der Kurfürst war zugegen in der Kirche?
Graf Heinrich.Er, und die Fürstin und Natalie. — Die Kirche war, auf würd’ge Art, erleuchtet; Battrien ließen sich, vom Schloßplatz her, Mit ernster Pracht bei dem Tedeum hören. Die schwed’schen Fahnen wehten und Standarten, Trophäenartig, von den Pfeilern nieder, Und auf des Herrn ausdrücklichen Befehl, Ward Deines, als des Siegers Namen — Erwähnung von der Kanzel her gethan.
Prinz Arthur.Das hört’ ich! — — Nun, was giebt es sonst; was bringst Du? — Dein Antlitz, dünkt mich, sieht nicht heiter, Freund!
Graf Heinrich.— Sprachst Du ’schon wen?
Prinz Arthur.Golz, eben, auf dem Schlosse, Wo ich, Du weißt es, im Verhöre war.
(Pause.) Graf Heinrich (sieht ihn bedenklich an.)Was denkst Du, Arthur, denn von Deiner Lage, Seit sie so seltsam sich verändert hat?
52 Prinz Arthur.Ich? Nun, was Du und Golz — die Richter selbst! Der Kurfürst hat gethan, was Pflicht erheischte, Und nun wird er dem Herzen auch gehorchen. Gefehlt hast Du, so wird er ernst mir sagen, Vielleicht ein Wort von Tod und Festung sprechen; Ich aber schenke Dir die Freiheit wieder — Und um das Schwert, das ihm den Sieg errang, Schlingt sich vielleicht ein Schmuck der Gnade noch; — Wenn der nicht, gut; denn den verdient’ ich nicht!
Graf Heinrich.O Arthur!
(er hält inne.) Prinz Arthur.Nun?
Graf Heinrich.— Deß’ bist Du so gewiß?
Prinz Arthur.Ich denk’s mir so! Ich bin ihm werth, das weiß ich, Werth wie ein Sohn; das hat seit früher Kindheit Sein Herz, in tausend Proben, mir bewiesen. Was für ein Zweifel ist’s, der Dich bewegt? Schien er an Wachsthum meines jungen Ruhms Nicht mehr fast, als ich selbst, sich zu erfreuen? Bin ich nicht Alles, was ich bin, durch ihn? Und er, er sollte lieblos jetzt die Pflanze, Die er selbst zog, bloß weil sie sich ein wenig Zu rasch und üppig in die Blume warf, Mißgünstig in den Staub daniedertreten? Das glaubt ich seinem schlimmsten Feinde nicht, Vielweniger Dir, der Du ihn kennst und liebst.
Graf Heinrich (bedeutend.)Du standst dem Kriegsrecht, Arthur, im Verhör; Und bist des Glaubens noch?
53 Prinz Arthur.Weil ich ihm stand! — Bei dem lebend’gen Gott, so weit geht keiner, Der nicht gesonnen wäre zu begnad’gen! Dort eben, vor der Schranke des Gerichts, Dort war’s, wo mein Vertraun sich wiederfand. War’s denn ein todeswürdiges Verbrechen, Zwei Augenblicke früher, als befohlen Die schwed’sche Macht in Staub gelegt zu haben? Und welch’ ein Frevel sonst drückt meine Brust? Wie könnt’ er doch vor diesen Tisch mich laden, Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich, Stets von der Kugel mir das Grablied singen: Dächt’ er, mit einem heitern Herrscherspruch, Nicht, als ein Gott, in ihren Kreis zu treten? Nein, Freund, er sammelt diese Nacht von Wolken Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir, Durch ihren Dunstkreis, strahlend aufzugehn! Und diese Lust, fürwahr, kann ich ihm gönnen!
Graf Heinrich.Das Kriegsrecht gleichwohl, sagt man, hat gesprochen?
Prinz Arthur.Ich höre, ja; auf Tod.
Graf Heinrich (erstaunt.)Du weißt es schon?
Prinz Arthur.Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt, Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen.
Graf Heinrich.Nun denn, bei Gott! — Der Umstand rührt Dich nicht?
Prinz Arthur.Mich? Nicht im Mindesten.
54 Graf Heinrich.Du Rasender! Und worauf stützt sich Deine Sicherheit!
Prinz Arthur.Auf mein Gefühl von ihm!
(er steht auf.)Ich bitte, laß mich! Was soll ich mich mit falschen Zweifeln quälen?
(er besinnt sich und läßt sich wieder nieder. — Pause.)Das Kriegsrecht mußte auf den Tod erkennen; So lautet das Gesetz nach dem es richtet. Doch eh’ er solch ein Urtheil läßt vollstrecken, Eh’ er dies Herz hier, das getreu ihn liebt, Auf eines Tuches Wink, der Kugel preis giebt, Eh’ sieh, eh’ öffnet er die eigne Brust sich, Und sprützt sein Blut selbst tropfenweis in Staub.
Graf Heinrich.Nun, Arthur, ich versichre Dich —
Prinz Arthur (unwillig.)O Lieber!
Graf Heinrich.Der Marschall —
Prinz Arthur (eben so.)Laß mich, Freund!
Graf Heinrich.Zwey Worte hör’ noch! Wenn die Dir auch nichts gelten, schweig’ ich still.
Prinz Arthur (wendet sich wieder zu ihm.)Du hörst, ich weiß von Allem. — Nun? Was ist’s?
Graf Heinrich.Der Marschall hat, höchst seltsam ist’s, so eben Das Todsurtheil im Schloss’ ihm überreicht: Und er, statt wie das Urtheil frei ihm stellt, Dich zu begnadigen, er hat befohlen, Daß es zur Unterschrift ihm kommen soll.
55 Prinz Arthur.Gleichviel. Du hörst.
Graf Heinrich.Gleichviel?
Prinz Arthur.Zur Unterschrift?
Graf Heinrich.Bei meiner Ehr’! Ich kann es Dich versichern.
Prinz Arthur.Das Urtheil? — Nein! Die Schrift —?
Graf Heinrich.Das Todesurtheil.
Prinz Arthur.— Wer hat Dir das gesagt?
Graf Heinrich.Er selbst, der Marschall!
Prinz Arthur.Wann?
Graf Heinrich.Eben jetzt.
Prinz Arthur.Als er vom Herrn zurück kam?
Graf Heinrich.Als er vom Herrn die Treppe niederstieg! — Er fügt’ hinzu, da er bestürzt mich sah, Verloren sey noch nichts, und morgen sey Auch noch ein Tag, Dich zu begnadigen; Doch seine bleiche Lippe widerlegte Ihr eignes Wort, und sprach: ich fürchte, nein!
Prinz Arthur (steht auf.)Er könnte — nein! so ungeheuere Entschließungen in seinem Busen wälzen? Um eines Fehls, der Brille kaum bemerkbar, In dem Demanten, den er jüngst empfing, 56 In Staub den Geber treten? Eine That, Die weiß den Dey von Algier brennt, mit Flügeln, Nach Art der Cherubime, silberglänzig, Den Sardanapel ziert, und die gesammte Altrömische Tyrannenreiche, schuldlos, Wie Kinder, die am Mutterbusen sterben, Auf Gottes rechter Seit’ hinüberwirft?
Graf Heinrich (der gleichfalls aufgestanden.)Du mußt, mein Freund, Dich davon überzeugen.
Prinz Arthur.Und der Feldmarschall schwieg und sagte nichts?
Graf Heinrich.Was sollt’ er sagen?
Prinz Arthur.O Himmel! Meine Hoffnung!
Graf Heinrich.Hast Du vielleicht je einen Schritt gethan, Sey’s wissentlich, sey’s unbewußt, Der seinem stolzen Geist zu nah getreten?
Prinz Arthur.Niemals!
Graf HeinrichBesinne Dich.
Prinz Arthur.Niemals, beim Himmel! Mir war der Schatten seines Hauptes heilig.
Graf Heinrich.Arthur, sey mir nicht böse, wenn ich zweifle. Graf Horn traf, der Gesandte Schwedens, ein, Und sein Geschäft geht, wie man hier versichert, An die Prinzessin von Oranien. Ein Wort, das die Kurfürstin Tante sprach, Hat auf’s Empfindlichste den Herrn getroffen; 57 Man sagt, das Fräulein habe schon gewählt. Bist Du auf keine Weise hier im Spiele?
Prinz Arthur.O Gott! Was sagst Du mir?
Graf Heinrich.Bist Du’s? Bist Du’s?
Prinz Arthur.Ich bin’s, mein Freund; jetzt ist mir Alles klar; Es stürzt der Antrag in’s Verderben mich: An ihrer Weig’rung, wisse, bin ich Schuld, Weil mir sich die Prinzessin anverlobt!
Graf Heinrich.Du unbesonn’ner Thor! Was machtest Du? Wie oft hat Dich mein treuer Mund gewarnt?
Prinz Arthur.O Freund! Hilf, rette mich! Ich bin verloren.
Graf Heinrich.Ja, welch’ ein Ausweg führt aus dieser Noth? — Willst Du vielleicht die Fürstin Tante sprechen?
Prinz Arthur (wendet sich.)— He, Wache!
Reiter (im Hintergrund.)Hier!
Prinz Arthur.Ruft euren Officier! —
(er nimmt eilig einen Mantel um von der Wand, und setzt einen Federhut auf, der auf dem Tisch liegt.) Graf Heinrich (indem er ihm behülflich ist.)Der Schritt kann, klug gewandt, Dir Rettung bringen. — Denn kann der Kurfürst nur mit König Karl, Um den bewußten Preis, den Frieden schließen, So sollst Du sehn, sein Herz versöhnt sich Dir, Und gleich, in wenig Stunden, bist Du frey.
Zweiter Auftritt.
Der Officier (tritt auf.) — Die Vorigen. Prinz Arthur (zu dem Officier.)Stranz, übergeben bin ich Deiner Wache! Erlaub’, in einem dringenden Geschäft, Daß ich auf eine Stunde mich entferne.
Der Officier.Mein Prinz, mir übergeben bist Du nicht. Die Ordre, die man mir ertheilt hat, lautet, Dich gehn zu lassen frei, wohin Du willst.
Prinz Arthur.Seltsam! — So bin ich kein Gefangener?
Der Officier.Vergieb! — Dein Wort ist eine Fessel auch.
Graf Heinrich (bricht auf.)Auch gut! Gleichviel!
Prinz Arthur.Wohlan! So leb’ denn wohl!
Graf Heinrich.Die Fessel folgt dem Prinzen auf dem Fuße!
Prinz Arthur.Ich geh auf’s Schloß, zu meiner Tante nur, Und bin in zwei Minuten wieder hier.
(Alle ab.) Scene: Zimmer der Kurfürstin.Dritter Auftritt.
Die Kurfürstin und Natalie (treten auf.) Kurfürstin.Komm, meine Tochter, komm! Dir schlägt die Stunde! Graf Gustav Horn, der schwedische Gesandte, Und die Gesellschaft hat das Schloß verlassen; 59 Im Kabinett des Onkels seh’ ich Licht: Komm, leg’ das Tuch Dir um, und schleich Dich zu ihm, Und sieh, ob Du den Freund Dir retten kannst.
(sie wollen gehen.)Vierter Auftritt.
Eine Hofdame (tritt auf.) — Die Vorigen. Die Hofdame.Prinz Arthur, gnäd’ge Frau, ist vor der Thür! — Kaum weiß ich wahrlich, ob ich recht gesehn?
Kurfürstin (betroffen.)O Gott!
Natalie.Er selbst?
Kurfürstin.Hat er denn nicht Arrest?
Die Hofdame.Er steht in Federhut und Mantel draußen, Und fleht bestürzt und dringend um Gehör.
Kurfürstin (unwillig.)Der Unbesonnene! Sein Wort zu brechen!
Natalie.Wer weiß, was ihn bedrängt.
Kurfürstin (nach einigem Bedenken.)— Laßt ihn herein!
(sie setzt sich auf einen Stuhl.)Fünfter Auftritt.
Prinz Arthur (tritt auf.) — Die Vorigen. Prinz Arthur.O meine Mutter!
(er läßt sich auf Knieen vor ihr nieder.) Kurfürstin.Prinz! Was wollt Ihr hier?
60 Prinz Arthur.O laß mich Deine Kniee umfassen, Mutter!
Kurfürstin (mit unterdrückter Rührung.)Gefangen seyd Ihr, Prinz, und kommt hieher? Was häuft Ihr neue Schuld zu Eurer alten?
Prinz Arthur (dringend.)Weißt Du, was mir geschehn?
Kurfürstin.Ich weiß um Alles! Was aber kann ich, Aermste, für Euch thun?
Prinz Arthur.O meine Mutter, also sprächst Du nicht, Wenn Dich der Tod umschauerte, wie mich! Du scheinst mit Himmelskräften, rettenden, Du mir, das Fräulein, Deine Frau’n, begabt, Mir Alles rings umher; dem Troßknecht könnt’ ich, Dem schlechtesten, der Deiner Pferde pflegt, Gehängt am Halse flehen: rette mich! Nur ich allein, auf Gottes weiter Erde, Bin hülflos, ein Verlaßner, und kann nichts!
Die Kurfürstin.Du bist ganz außer Dir! Was ist geschehn?
Prinz Arthur.Ach! Auf dem Wege, der mich zu Dir führte, Sah ich das Grab, beim Schein der Fackeln, öffnen, Das morgen mein Gebein empfangen soll. Sieh, diese Augen, Tante, die Dich anschaun, Will man mit Nacht umschatten, diesen Busen Mit mörderischen Kugeln mir durchbohren. Bestellt sind auf dem Markte schon die Fenster, Die auf das öde Schauspiel niedergehn, Und der die Zukunft, auf des Lebens Gipfel, Heut, wie ein Feenreich, noch überschaut, 61 Liegt in zwei engen Bretern duftend morgen, Und ein Gestein sagt Dir von ihm: er war!
(die Prinzessin, welche bisher auf die Schultern der Hof- dame gelehnt in der Ferne gestanden hat, läßt sich bei die- sen Worten erschüttert an einem Tisch nieder und weint.) Kurfürstin.Mein Sohn! Wenn’s so des Himmels Wille ist, Wirst Du mit Muth Dich und mit Fassung rüsten!
Prinz Arthur.O Gottes Welt, o Mutter, ist so schön! Laß mich nicht, fleh’ ich, eh’ die Stunde schlägt, Zu jenen schwarzen Schatten niedersteigen! Mag er doch sonst, wenn ich gefehlt, mich strafen, Warum die Kugel eben muß es seyn? Mag er mich meiner Aemter doch entsetzen, Mich aus dem Heer entfernen: Gott des Himmels? Seit ich mein Grab sah, will ich nichts, als leben, Und frage nichts mehr, ob es rühmlich sey!
Kurfürstin.Steh’ auf, mein Sohn, steh auf! Was sprichst Du da? Du bist zu sehr erschüttert. Fasse Dich
Prinz Arthur.Nicht, Tante eh’r, als bis Du mir gelobt, Mit einem Fußfall, der mein Daseyn rette, Fleh’nd seinem höchsten Angesicht zu nahn! Dir übergab zu Homburg, als sie starb, Die Hedwig mich, und sprach, die Jugendfreundin: Sey ihm die Mutter, wenn ich nicht mehr bin. Du beugtest tiefgerührt, am Bette knieend, Auf ihre Hand Dich und erwidertest: Er soll mir seyn, als hätt’ ich ihn erzeugt. Nun, jetzt erinnr’ ich Dich an solch’ ein Wort! Geh hin, als hättst Du mich erzeugt, und sprich; 62 Um Gnade fleh’ ich, Gnade! Laß ihn frei! Ach, und komm mir zurück und sprich: Du bist’s!
Kurfürstin (weint.)Mein theurer Sohn! Es ist bereits geschehen! Doch Alles, was ich flehte, war umsonst!
Prinz Arthur.Ich gebe jeden Anspruch auf an Glück. Nataliens, das vergiss’ nicht, ihm zu melden, Begehr’ ich nicht mehr. Frei ist sie, wie das Reh auf Haiden, wieder, Mit Hand und Mund, als wär’ ich nie gewesen. Ich will auf meine Güter gehn am Rhein, Da will ich bauen, will ich niederreißen, Daß mir der Schweiß herabtrieft, säen, ernten, Als wär’s für Weib und Kind; Und, wenn ich erntete, von Neuem säen, Und in den Kreis herum das Leben jagen, Bis es am Abend niedersinkt und stirbt.
Kurfürstin.Wohlan! Kehr jetzt nur heim in Dein Gefängniß, Das ist die erste Ford’rung meiner Gunst!
Prinz Arthur (steht auf und wendet sich zur Prinzessin.)Du armes Mädchen, weinst! Die Sonne leuchtet Heut alle Deine Hoffnungen zu Grab! Entschieden hat Dein erst Gefühl für mich, Und Deine Miene sagt mir, treu wie Gold, Du wirst Dich nimmer einem Andern weihn. Ja, was erschwing’ ich, Aermster, das Dich tröste? Geh an den Main, rath’ ich, ins Stift der Jungfrau’n, Zu Deiner Base Thurn, such’ in den Bergen Dir einen Knaben, blondgelockt wie ich, Kauf’ ihn mit Gold und Silber Dir, drück ihn An Deine Brust und lehr’ ihn: Mutter! stammeln, 63 Und wenn er größer ist, so unterweis’ ihn, Wie man den Sterbenden die Augen schließt. — Das ist das ganze Glück, das vor Dir liegt!
Natalie (muthig und erhebend, indem sie aufsteht und ihre Hand in die seinige legt.)Geh, junger Held, in Deines Kerkers Haft, Und, auf dem Rückweg, schau noch einmal ruhig Das Grab Dir an, das Dir geöffnet ward! Es ist nichts finsterer und um nichts breiter, Als es Dir tausendmal die Schlacht gezeigt! Inzwischen werd’ ich in dem Tod Dir treu Ein rettend Wort für Dich dem Oheim wagen: Vielleicht gelingt es mir, sein Herz zu rühren, Und Dich von allem Kummer zu befrein!
(Pause.) Prinz Arthur (faltet, in ihrem Anschauen verloren, die Hände.)Hättst Du zwei Flügel, Jungfrau, an den Schultern, Für einen Engel wahrlich hielt ich Dich! — O Gott, hört’ ich auch recht? Du für mich sprechen? — Wo ruhte denn der Köcher Dir der Rede Bis heute, liebes Kind, das Du willst wagen, Den Herrn in solcher Sache anzugehn? — O Hoffnungslicht, das plötzlich mich erquickt!
Natalie.Gott wird die Pfeile mir, die treffen, reichen! — Doch wenn der Kurfürst des Gesetzes Spruch Nicht ändern kann, nicht kann: wohlan! so wirst Du Dich tapfer ihm, der Tapfre, unterwerfen: Und der im Leben tausendmal gesiegt, Er wird auch noch im Tod zu siegen wissen!
Kurfürstin.Hinweg! — Die Zeit verstreicht, die günstig ist!
64 Prinz Arthur.Nun, alle Heil’gen mögen Dich beschirmen! Leb’ wohl! Leb’ wohl! Und was Du auch erringst, Vergönne mir ein Zeichen vom Erfolg!
(Alle ab.)Vierter Akt.
Scene: Zimmer des Kurfürsten.Erster Auftritt.
Der Kurfürst (steht mit Papieren an einem mit Lichtern besetz- ten Tisch.) — Natalie (tritt durch die mittlere Thur auf, und läßt sich in einiger Entfernung vor ihm nieder.) (Pause.) Natalie (knieend)Mein edler Oheim, Friedrich von der Mark!
Der Kurfürst (legt die Papiere weg.)Natalie!
(er will sie erheben.) Natalie.Laß, laß!
Der Kurfürst.Was willst Du, Liebe?
Natalie.Zu Deiner Füße Staub, wie’s mir gebührt, Für Vetter Arthur Dich um Gnade flehn! Ich will ihn nicht für mich erhalten wissen — Mein Herz begehrt sein und gesteht es Dir; Ich will ihn nicht für mich erhalten wissen — Mag er sich welchem Weib’ er will vermahlen; Ich will nur, daß er da sey, lieber Oheim, Für sich, selbstständig, frei und unabhängig, Wie eine Blume, die mir wohlgefällt. 66 Dies fleh’ ich Dich, mein höchster Herr und Freund, Und weiß, solch Flehen wirst Du mir erhören.
Der Kurfürst (erhebt sie.)Mein Töchterchen! Was für ein Wort entfiel Dir? — Weißt Du, was Vetter Arthur jüngst verbrach?
Natalie.O lieber Oheim!
Der Kurfürst.Nun? Verbrach er nichts?
Natalie.O dieser Fehltritt, blond mit blauen Augen, Den, eh’ er noch gestammelt hat: ich bitte! Verzeihung schon vom Boden heben sollte: Den wirst Du nicht mit Füßen von Dir weisen! Den drückst Du um die Mutter schon an’s Herz, Die ihn gebahr, und rufst: komm, weine nicht; Du bist so werth mir, wie die Treue selbst! War’s Eifer nicht, im Augenblick des Treffens, Für Deines Namens Ruhm, der ihn verführt, Die Schranke des Gesetzes zu durchbrechen: Und, ach! die Schranke jugendlich durchbrochen, Trat er dem Lindwurm männlich nicht auf’s Haupt? Erst, weil er siegt’, ihn kränzen, dann enthaupten, Das fordert die Geschichte nicht von Dir; Das wäre so erhaben, lieber Ohm, Das man es fast unmenschlich nennen könnte: Und Gott schuf noch nichts milderes, als Dich.
Der Kurfürst.Mein süßes Kind! Sieh! Wär’ ich ein Tyrann, Dein Wort, das fühl ich lebhaft, hätte mir Das Herz schon in der ehrnen Brust geschmelzt. Dich aber frag’ ich selbst: darf ich den Spruch, Den das Gericht gefällt, wohl unterdrücken? — Was würde doch davon die Folge seyn?
67 Natalie.Für wen? Für Dich?
Der Kurfürst.Für mich; nein! — Was? Für mich! Kennst Du nichts höh’res, Jungfrau, als nur mich! Ist Dir ein Heiligthum ganz unbekannt, Das, in dem Lager, Vaterland sich nennt?
Natalie.O Herr? Was sorgst Du doch? Dies Vaterland! Das wird, um dieser Regung Deiner Gnade, Nicht gleich, zerschellt in Trümmern, untergehn, Vielmehr, was Du, im Lager auferzogen, Unordnung nennst, die That, den Spruch der Richter, In diesem Fall, willkührlich zu zerreißen, Erscheint mir als die schönste Ordnung erst: Das Kriegsgesetz, das weiß ich wohl, soll herrschen, Jedoch die lieblichen Gefühle auch. Das Vaterland, das Du uns gründetest, Steht, eine feste Burg, mein edler Ohm: Das wird ganz andre Stürme noch ertragen, Fürwahr als diesen unberufnen Sieg; Das wird sich ausbaun herrlich, in der Zukunft, Erweitern unter Enkels Hand, verschönern, Mit Zinnen, üppig, feenhaft, zur Wonne Der Freunde und zum Schrecken aller Feinde: Das braucht nicht dieser Bindung, kalt und öd’, Aus eines Freundes Blut, um Oheims Herbst, Den friedlich prächtigen, zu überleben.
Der Kurfürst.Denkt Vetter Arthur auch so?
Natalie.Vetter Arthur?
68 Der Kurfürst.Meint er, dem Vaterlande gelt’ es gleich, Ob Willkühr drinn, ob drinn die Satzung herrsche?
Natalie.Ach, dieser Jüngling!
Der Kurfürst.Nun?
Natalie.Ach, lieber Oheim! — Hierauf zur Antwort hab’ ich nichts, als Thränen.
Der Kurfürst (betroffen.)Warum, mein Töchterchen? Was ist geschehn?
Natalie (zaudernd.)Der denkt jetzt nichts, als nur dies Eine: Rettung! Den schaun die Röhren, an der Schützen Schultern, So gräßlich an, daß überrascht und schwindelnd, Ihm jeder Wunsch, als nur zu leben, schweigt: Der könnte, unter Blitz und Donnerschlag, Das ganze Reich der Mark versinken sehn, Daß er nicht fragen würde: was geschieht? — Ach, welch’ ein Heldenherz hast Du geknickt!
(sie wendet sich und weint.) Der Kurfürst (im äußersten Erstaunen.)Nein, meine theuerste Natalie, Unmöglich in der That?! — Er fleht um Gnade?
Natalie.Ach, hättest Du nimmer, nimmer ihn verdammt!
Der Kurfürst.Nein, sag: er fleht um Gnade? — Gott im Himmel, Was ist geschehn, mein liebes Kind? Was weinst Du? — Du sprachst ihn? Thu mir Alles kund! Du sprachst ihn?
Natalie (an seine Brust gelehnt.)In den Gemächern eben jetzt der Tante, Wohin, im Mantel, schau, und Federhut, 69 Er, unterm Schutz der Dämm’rung, kam geschlichen: Verstört und schüchtern, heimlich, ganz unwürdig, Ein unerfreulich, jammernswürd’ger Anblick. Zu solchem Elend, glaubt’ ich, sänke keiner, Den die Geschicht als ihren Helden preis’t. Schau her, ein Weib bin ich, und schaudere Dem Wurm zurück, der meiner Ferse naht: Doch so zermalmt, so fassungslos, so ganz Unheldenmüthig träfe mich der Tod, In eines scheußlichen Leun Gestalt nicht an! — Ach, was ist Menschengröße, Menschenruhm!
Der Kurfürst (verwirrt.)Nun denn, beim Gott des Himmels und der Erde, So fasse Muth, mein Kind; so ist er frei!
Natalie.Wie, mein erlauchter Herr?
Der Kurfürst.Er ist begnadigt! — Ich will sogleich das Nöth’g’ an ihn erlassen.
Natalie.O Liebster! Ist es wirklich wahr?
Der Kurfürst.Du hörst!
Natalie.Ihm soll vergeben seyn? Er stirbt jetzt nicht?
Der Kurfürst.Bei meinem Eid! Ich schwör’s Dir zu! Wo werd’ ich Mich gegen solchen Kriegers Meinung setzen? Die höchste Achtung, wie Dir wohl bekannt, Trag’ ich im Innersten für sein Gefühl: Wenn er den Spruch für ungerecht kann halten, Cassir’ ich die Artikel: er ist frei! — (er bringt ihr einen Stuhl.) Willst Du, auf einen Augenblick, Dich setzen?
(er geht an den Tisch, setzt sich und schreibt. — Pause.) 70 Natalie (für sich.)Ach, Herz, was klopfst Du also an Dein Haus?
Der Kurfürst (indem er schreibt.)Der Prinz ist drüben noch im Schloß?
Natalie.Vergieb! Er ist in seine Haft zurückgekehrt. —
Der Kurfürst (endigt und siegelt; hierauf kehrt er mit dem Brief wieder zur Prinzessin zurück.)Fürwahr, mein Töchterchen, mein Nichtchen, weinte! Und ich, dem ihre Freude anvertraut, Mußt’ ihrer holden Augen Himmel trüben!
(er legt den Arm um ihren Leib.)Willst Du den Brief ihm selber überbringen? —
Natalie.In’s Stadthaus! Wie?
Der Kurfürst (drückt ihr den Brief in die Hand.)Warum nicht? — He! Heiducken!
(Heiducken treten auf.)Den Wagen vorgefahren! Die Prinzessin Hat ein Geschäft beim Obersten Arthur!
(die Heiducken treten wieder ab.)So kann er, für sein Leben, gleich Dir danken.
(er umarmt sie.)Mein liebes Kind! Bist Du mir wieder gut?
Natalie (nach einer Pause.)Was Deine Huld, o Herr, so rasch erweckt, Ich weiß es nicht und untersuch’ es nicht. Das aber, sieh, das fühl’ ich in der Brust, Unedel meiner spotten wirst Du nicht: Der Brief enthalte, was es immer sey, Ich glaube Rettung — und ich danke Dir!
(sie küßt ihm die Hand.) 71 Der Kurfürst.Gewiß, mein Töchterchen, gewiß! So sicher, Als sie in Vetter Arthurs Wünschen liegt.
(ab.) Scene: Zimmer der Prinzessin.Zweiter Auftritt.
Prinzessin Natalie (tritt auf.) Zwei Hofdamen und der Rittmeister, Graf Stein, (folgen.) Natalie (eilfertig.)Was bringt ihr, Graf? — Von meinem Regiment? Ist’s von Bedeutung? Kann ich’s morgen hören?
Graf Stein (überreicht ihr ein Schreiben.)Ein Brief vom Obrist Kottwitz, gnäd’ge Frau!
Natalie.Geschwind! Gebt! Was enthält er?
(sie eröffnet ihn.) Graf Stein.Eine Bittschrift, Freimüthig, wie ihr seht, doch ehrfurchtsvoll, An die Durchlaucht des Herrn, zu unsers Führers, Des Prinzen Arthur Gunsten aufgesetzt.
Natalie (lies’t.)»Supplik, in Unterwerfung eingereicht, Vom Regiment, Prinzessin von Oranien.« —
(Pause.)Die Bittschrift ist von wessen Hand verfaßt?
Graf Stein.Wie ihrer Züg’ unsichre Bildung schon Errathen läßt, vom Obrist Kottwitz selbst. — Auch steht sein edler Name obenan.
Natalie.Die dreißig Unterschriften, welche folgen? —
72 Graf Stein.Der Officiere Namen, Gnädigste, Wie sie, dem Rang nach, Glied für Glied sich folgen.
Natalie.Und mir, mir wird die Bittschrift zugefertigt?
Graf Stein.Mein Fräulein, unterthänigst euch zu fragen, Ob ihr, als Chef, den ersten Platz, der offen, Mit eurem Namen gleichfalls füllen wollt.
(Pause.) Natalie.Der Prinz zwar, hör’ ich, soll mein edler Vetter, Vom Herrn aus eignem Trieb, begnadigt werden, Und eines solchen Schritts bedarf es nicht.
Graf Stein (vergnügt.)Wie? Wirklich?
Natalie.Gleichwohl will ich unter einem Blatte, Das, in des Herrn Entscheidung, klug gebraucht, Als ein Gewicht kann in die Waage fallen, Das ihm vielleicht den Ausschlag einzuleiten Sogar willkommen ist, mich nicht verweigern — Und, eurem Wunsch gemäß, mit meinem Namen, Hiemit an eure Spitze setz’ ich mich.
(sie geht und will schreiben.) Graf Stein.Fürwahr, uns lebhaft werdet Ihr verbinden!
(Pause.) Natalie (wendet sich wieder zu ihm.)Ich finde nur mein Regiment, Graf Stein! — Warum vermiß’ ich Bomsdorf Cuirassiere, Und die Dragoner Götz und Anhalt-Pleß?
Graf Stein.Nicht, wie vielleicht Ihr sorgt, weil ihre Herzen 73 Ihm lauer schlügen, als die unsrigen! — Es trifft ungünstig sich für die Supplik, Daß Kottwitz fern in Arnstein cantonirt, Gesondert von den andern Regimentern, Die hier, bei dieser Stadt, im Lager stehn. Dem Blatt fehlt es an Freiheit, leicht und sicher, Die Kraft nach jeder Richtung zu entfalten.
Natalie.Gleichwohl fällt, dünkt mich, so das Blatt nur leicht? — Seyd Ihr gewiß, Herr Graf, wärt Ihr im Ort, Und sprächt die Herrn, die hier versammelt sind, Sie schlössen gleichfalls dem Gesuch sich an?
Graf Stein.Hier in der Stadt, mein Fräulein? — Kopf für Kopf! Die ganze Reiterei verpfändete Mit ihren Namen sich; bei Gott, ich glaube, Es ließe glücklich eine Subscription, Beim ganzen Heer der Märker, sich eröffnen!
Natalie (nach einer Pause.)Warum nicht schickt Ihr Officiere ab, Die das Geschäft im Lager hier betreiben?
Graf Stein.Vergebt! — Dem weigerte der Obrist sich! — Er wünsche, sprach er, nichts zu thun, das man Mit einem übeln Namen taufen könnte.
Natalie.Der wunderliche Herr! Bald kühn! bald zaghaft! — Zum Glück trug mir der Kurfürst, fällt mir ein, Bedrängt von anderen Geschäften, auf, An Kottwitz, dem die Stellung dort zu eng, Zum Marsch hierher die Ordre zu erlassen! — Ich setze gleich mich nieder es zu thun.
(sie setzt sich und schreibt.) 74 Graf Stein.Beim Himmel, trefflich Fräulein! Ein Ereigniß, Das günst’ger sich dem Blatt nicht fügen könnte!
Natalie (während sie schreibt.)Gebrauchts, Herr Graf von Stein, so gut ihr könnt;
(sie schließt, und siegelt, und steht wieder auf.)Inzwischen bleibt, versteht! dies Schreiben noch In eurem Portefeuille; ihr geht nicht eher Damit nach Arnstein ab, und gebt’s dem Kottwitz: Bis ich bestimmtern Auftrag euch ertheilt!
(sie giebt ihm das Schreiben.) Ein Heiduck (tritt auf.)Der Wagen, Fräulein, auf des Herrn Befehl, Steht angeschirrt im Hof und wartet eur!
Natalie.So fahrt ihn vor! Ich komme gleich herab!
(Pause, in welcher sie gedankenvoll an den Tisch tritt, und ihre Handschuhe anzieht.)Wollt ihr zum Prinzen Arthur mich, Herr Graf, Den ich zu sprechen willens bin, begleiten? Euch steht ein Platz in meinem Wagen offen.
Graf Stein.Mein Fräulein, diese Ehre, in der That —!
(er bietet ihr den Arm.) Natalie (zu den Hofdamen.)Folgt, meine Freundinnen! — Vielleicht daß ich Gleich dort, des Briefes wegen, mich entscheide!
(Alle ab.) Scene: Gefängniß des Prinzen.Dritter Auftritt.
Prinz Arthur (hängt seinen Hut an die Wand, und läßt sich nachlässig auf ein auf der Erde ausgebreitetes Kissen nieder.)Das Leben nennt der Derwisch eine Reise, 75 Und eine kurze. Freilich! Von zwei Spannen Diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter. Ich will auf halbem Weg mich niederlassen! Wer heut sein Haupt noch auf der Schulter trägt, Hängt es schon morgen zitternd auf den Leib, Und übermorgen liegt’s bei seiner Ferse. Zwar, eine Sonne, sagt man, scheint dort auch, Und über buntre Felder noch, als hier: Ich glaub’s; nur Schade, daß das Auge modert, Das diese Herrlichkeit erblicken soll.
Vierter Auftritt.
Prinzessin Natalie (tritt auf, geführt von dem) Ritt- meister Graf Stein. Hofdamen (folgen. Ihnen voran tritt) ein Heiduck (mit einer Fackel.) Prinz Arthur. Heiduck.Durchlaucht, Prinzessin Natalie!
Prinz Arthur (steht auf.)Natalie!
Heiduck.Hier ist sie selber schon.
Natalie (verbeugt sich gegen den Grafen.)Laßt uns, auf einen Augenblick, allein!
(Graf Stein und der Heiduck ab.) Prinz Arthur.Mein theures Fräulein!
Natalie.Lieber, guter Vetter!
Prinz Arthur (führt sie vor.)Nun sagt, was bringt ihr? Sprecht, wie steht’s mit mir?
Natalie.Gut. Alles gut. Wie ich vorher euch sagte. 76 Begnadigt seyd Ihr, frei; hier ist ein Brief Von seiner Hand, der es bekräftiget.
Prinz Arthur.Es ist nicht möglich! Nein! Es ist ein Traum!
Natalie.Les’t! Les’t den Brief! So werdet Ihr’s erfahren.
Prinz Arthur (lies’t.)»Prinz Arthur, als ich euch gefangen setzte, Um eures Angriffs, allzufruh vollbracht, Da glaubt’ ich nichts, als meine Pflicht zu thun; Auf euren eignen Beifall rechnet’ ich. Meint ihr, ein Unrecht sey euch widerfahren, So bitt’ ich, sagt’s mir mit zwei Worten, Und gleich den Degen schick’ ich euch zurück.«
(Natalie erblaßt. Pause. Der Prinz sieht sie fragend an.) Natalie mit dem Ausdruck plötzlicher Freude.)Nun denn, da steht’s! Zwei Worte nur bedarf’s —! O lieber, süßer Freund!
(sie drückt seine Hand.) Prinz Arthur.Mein theures Fräulein!
Natalie.O sel’ge Stunde, die mir aufgegangen! — Hier, nehmt, hier ist die Feder; nehmt, und schreibt!
Prinz Arthur.Und hier die Unterschrift?
Natalie.Das F; sein Zeichen! O Bork! O freut euch doch! — O seine Milde Ist uferlos, ich wußt’ es, wie die See. — Schafft einen Stuhl nur her, er soll gleich schreiben.
Prinz Arthur.Er sagt, wenn ich der Meinung wäre —?
77 Natalie (unterbricht ihn.)Freilich! Geschwind! Setzt euch! Ich will es euch dictiren.
(sie setzt ihm einen Stuhl hin.) Prinz Arthur.— Ich will den Brief noch einmal überlesen.
Natalie (reißt ihm den Brief aus der Hand.)Wozu? — Saht Ihr die Gruft nicht schon im Münster, Mit offnem Rachen euch entgegengähnen? — Der Augenblick ist dringend. Sitzt und schreibt!
Prinz Arthur (lächelnd.)Wahrhaftig, thut ihr doch, als würde sie Mir, wie ein Panther, über’n Nacken kommen.
(er setzt sich, und nimmt eine Feder.) Natalie (wendet sich und weint.)Schreibt, wenn Ihr mich nicht böse machen wollt!
(Der Prinz klingelt einem Bedienten; der Bediente tritt auf.) Prinz ArthurPapier und Feder, Wachs und Pettschaft mir!
(Der Bediente, nachdem er diese Sachen zusammengesucht, geht wieder ab. Der Prinz schreibt. — Pause.) Prinz Arthur (indem er den Brief, den er angefangen hat, zerreißt und unter den Tisch wirst.)Ein dummer Anfang.
(er nimmt ein anderes Blatt.) Natalie (hebt den Brief auf.)Wie? Was sagtet Ihr? — Mein Gott, das ist ja gut; das ist vortrefflich.
Prinz Arthur (in den Bart.)Pah! — Einer Memme Fassung, keines Prinzen. — Ich denk’ mir eine andre Wendung aus.
(Pause. — Er greift nach des Kurfürsten Brief, den die Prin- zessin in der Hand hält.)Was sagt er eigentlich im Briefe denn?
78 Natalie (ihn verweigernd.)Nichts, gar nichts!
Prinz Arthur.Gebt!
Natalie.Ihr las’t ihn ja!
Prinz Arthur (erhascht ihn.)Wenn gleich! — Ich will nur sehn, wie ich mich fassen soll.
(er entfaltet und überlies’t ihn.) Natalie (für sich.)O Gott der Welt! Jetzt ist’s um ihn geschehn!
Prinz Arthur (betroffen.)Sieh da! Höchst wunderbar, so wahr ich lebe! — Du übersahst die Stelle wohl?
Natalie.Nein! — Welche?
Prinz Arthur.Mich selber ruft er zur Entscheidung auf!
Natalie.Nun ja!
Prinz Arthur.Recht wacker, in der That, recht würdig! Recht, wie ein großes Herz sich fassen muß!
Natalie.O seine Großmuth, Freund, ist ohne Gränzen! — Doch nun thu auch das Deine Du, und schreib, Wie er’s begehrt; Du siehst, es ist der Vorwand, Die äußre Form nur, deren es bedarf: Sobald er die zwei Wort’ in Händen hat, Flugs ist der ganze Streit vorbei!
Prinz Arthur (legt den Brief weg.)Nein, Liebe! Ich will die Sach’ bis morgen überlegen.
79 Natalie.Du Unbegreiflicher! Welch eine Wendung? — Warum? Weshalb?
Prinz Arthur (erhebt sich leidenschaftlich vom Stuhl.)Ich bitte, frag’ mich nicht! Du hast des Briefes Inhalt nicht erwogen! Daß er mir unrecht that, wie’s mir bedingt wird, Das kann ich ihm nicht schreiben; zwingst Du mich, Antwort, in dieser Stimmung, ihm zu geben, Bei Gott! so setz’ ich hin: Du thust mir Recht!
(er läßt sich wieder mit verschränkten Armen an den Tisch nieder, und sieht in den Brief.) Natalie (bleich.)Du, Rasender! Was für ein Wort sprachst Du?
(sie beugt sich gerührt über ihn.) Prinz Arthur (drückt ihr die Hand.)Laß, einen Augenblick! Mir scheint —
(er sinnt.) Natalie.Was sagst Du?
Prinz Arthur.Gleich werd’ ich wissen, wie ich schreiben soll.
Naralie (schmerzvoll.)Arthur!
Prinz Arthur (nimmt die Feder.)Ich hör’! Was giebt’s?
Natalie.Mein süßer Freund! Die Regung lob’ ich, die Dein Herz ergriff; Das aber schwör’ ich Dir: das Regiment Ist commandirt, das, Dir Versenktem morgen, Aus Carabinern, über’m Grabeshügel, Versöhnt die Todtenfeier halten soll. Kannst Du dem Rechtsspruch, edel wie Du bist, 80 Nicht widerstreben, nicht, ihn aufzuheben, Thun, wie er’s hier in diesem Brief verlangt: Nun so versichr’ ich Dich, er faßt sich Dir Erhaben, wie die Sache steht, und läßt Den Spruch mitleidlos morgen Dir vollstrecken!
Prinz Arthur (schreibend.)Gleichviel!
Natalie.Gleichviel?
Prinz Arthur.Er handle, wie er darf; Mir ziemt’s hier zu verfahren, wie ich soll!
Natalie (tritt erschrocken näher.)Du Unglückseliger, ich glaub’, Du schreibst?
Prinz Arthur (schließt.)»Arthur! gegeben, Fehrbellin, am zwölften —;« Ich bin schon fertig. — Franz!
(er couvertirt und siegelt den Brief.) Natalie.O Gott im Himmel!
Prinz Arthur (steht auf.)Bring’ diesen Brief auf’s Schloß, zu meinem Herrn!
(Der Bediente ab.)Ich will ihm, der so würdig vor mir steht, Nicht, ein Unwürd’ger, gegenüber stehn! Schuld ruht, bedeutende, mir auf der Brust, Wie ich es wohl erkenne; kann er mir Vergeben nur, wenn ich mit ihm drum streite, So mag ich nichts von seiner Gnade wissen.
Natalie (küßt ihn.)Nimm diesen Kuß! — Und bohrten gleich zwölf Kugeln Dich jetzt in Staub, nicht halten könnt’ ich mich, Und jauchzt’ und weint’ und spräche: Du gefällst mir; — Inzwischen, wenn Du Deinem Herzen folgst, 81 Ist’s mir erlaubt, dem meinigen zu folgen. — Graf Stein!
(Der Heiduck öffnet die Thür; der Graf tritt auf.) Graf Stein.Hier!
Natalie.Auf, mit eurem Brief, Nach Arnstein hin, zum Obersten von Kottwitz! Das Regiment bricht auf, der Herr befiehlt’s; Hier, noch vor Mitternacht, erwart’ ich es!
(Alle ab.)Fünfter Akt.
Scene: Saal im Schloß.Erster Auftritt.
Der Kurfürst (kommt halb entkleidet aus dem Nebencabinet; ihm folgen) Graf Truchß, Graf Heinrich und der Rittmeister von Golz. — Pagen mit Lichtern. Der Kurfürst.Kottwitz? Mit den Dragonern der Prinzessin? Hier in der Stadt?
Graf Truchß (öffnet das Fenster.)Ja, mein erlauchter Herr! Hier steht er vor dem Schlosse aufmarschirt.
Der Kurfürst.Nun? — Wollt ihr mir, ihr Herrn, dieß Räthsel lösen? — Wer rief ihn her?
Graf Heinrich.Das weiß ich nicht, mein Kurfürst.
Der Kurfürst.Der Standort, den ich ihm bestimmt, heißt Arnstein! — Geschwind! Geh Einer hin, und bring’ ihn her!
Golz.Er wird sogleich, o Herr, vor Dir erscheinen!
Der Kurfürst.Wo ist er?
Golz.Auf dem Rathhaus, wie ich höre, 83 Wo die gesammte Generalität, Die Deinem Hause dient, versammelt ist.
Der Kurfürst.Weßhalb? Zu welchem Zweck?
Graf Heinrich.— Das weiß ich nicht.
Graf Truchß.Erlaubt mein Fürst und Herr, daß wir uns gleichfalls, Auf einen Augenblick, dorthin verfügen?
Der Kurfürst.Wohin? Auf’s Rathhaus?
Graf Heinrich.In der Herrn Versammlung! Wir gaben unser Wort, uns einzufinden.
Der Kurfürst (nach einer kurzen Pause.)— Ihr seyd entlassen!
Golz.Kommt, ihr werthen Herrn!
(die Officiere ab.)Zweiter Auftritt.
Der Kurfürst. — (Späterhin) zwei Bediente. Der Kurfürst.Seltsam! — Wenn ich der Dey von Tunis wäre, Schlüg’ ich, bei so zweideut’gem Vorfall, Lärm; Die seidne Schnur legt’ ich auf meinen Tisch, Und vor das Thor, verrammt mit Pallisaden, Führt ich Kanonen und Haubitzen auf. Doch weil’s Hans Kottwitz aus der Priegnitz ist, Der sich mir naht, willkührlich, eigenmächtig, So will ich mich auf märk’sche Weise fassen: Von den drei Locken, die man, silberglänzig, Auf seinem Schädel sieht, fass’ ich die Eine, Und führ’ ihn still, mit seinen zwölf Schwadronen, 84 Nach Arnstein, in sein Hauptquartier, zurück, Wozu die Stadt aus ihrem Schlafe wecken?
(nachdem er wieder einen Augenblick an’s Fenster getreten, geht er an den Tisch und klingelt; zwei Bediente treten auf.) Der Kurfürst.Spring’ doch herab und frag’, als wär’s für dich, Was es im Stadthaus giebt.
Erster Bedienter.Gleich, mein Gebieter!
Der Kurfürst (zu dem Anderen.)Du aber geh, und bring’ die Kleider mir!
(der Bediente geht und bringt sie; der Kurfürst kleidet sich an, und legt seinen fürstlichen Schmuck an.)Dritter Auftritt.
Feldmarschall Dörfling (tritt auf.) — Die Vorigen. Feldmarschall.Rebellion, mein Kurfürst!
Der Kurfürst (noch im Ankleiden beschäftigt.)Ruhig, ruhig! — Es ist verhaßt mir, wie Dir wohl bekannt, In mein Gemach zu treten, ungemeldet! — Was willst Du?
Feldmarschall.Herr, ein Vorfall — Du vergiebst! Führt von besonderem Gewicht mich her. Der Obrist Kottwitz rückte, unbeordert, Hier in die Stadt; an hundert Officiere Sind auf dem Rittersaal um ihn versammelt; Es geht ein Blatt in ihrem Kreis herum, Bestimmt in Deine Rechte einzugreifen.
Der Kurfürst.Es ist mir schon bekannt! — Was wird es seyn, 85 Als eine Regung zu des Prinzen Gunsten, Dem das Gesetz die Kugel zuerkannte.
Feldmarschall.So ist’s! Beim höchsten Gott! Du hast’s getroffen!
Der Kurfürst.Nun gut! — So ist mein Herz in ihrer Mitte.
Feldmarschall.Man sagt, sie wollten heut, die Rasenden! Die Bittschrift noch im Schloß Dir überreichen, Und falls, mit unversöhntem Grimm, Du auf Den Spruch beharrst — kaum wag’ ich’s Dir zu melden? — Aus seiner Haft ihn mit Gewalt befreien!
Der Kurfürst (finster.)Wer hat Dir das gesagt?
Feldmarschall.Wer mir das sagte? Die Dame Retzow, der Du trauen kannst, Die Base meiner Frau! Sie war heut Abend, In ihres Ohms, des Drost von Retzow, Haus, Wo Officiere, die vom Lager kamen, Laut diesen dreisten Anschlag äußerten.
Der Kurfürst.Das muß ein Mann mir sagen, eh’ ich’s glaube. Mit meinem Stiefel, vor sein Haus gesetzt, Schütz’ ich vor diesen jungen Helden ihn!
Feldmarschall.Herr, ich beschwöre Dich, wenn’s überall Dein Wille ist, den Prinzen zu begnadigen: Thu’s eh ein höchstverhaßter Schritt geschehn! Jedwedes Heer liebt, weißt Du, seinen Helden; Laß diesen Funken nicht, der es durchglüht, Ein heillos fressend Feuer um sich greifen. Kottwitz weiß und die Schaar, die er versammelt, Noch nicht, daß Dich mein treues Wort gewarnt; 86 Schick’, eh er noch erscheint, das Schwert dem Prinzen, Schick’s ihm, wie er’s zuletzt verdient, zurück: Du giebst der Zeitung eine Großthat mehr, Und eine Unthat weniger zu melden.
Der Kurfürst.Da müßt’ ich noch den Prinzen erst befragen, Den Willkühr nicht, wie Dir bekannt seyn wird, Gefangen nahm und nicht befreien kann. — Ich will die Herren, wenn sie kommen, sprechen.
Feldmarschall (für sich.)Verwünscht! — Er ist jedweden Pfeil gepanzert.
Vierter Auftritt.
Zwei Heiducken (treten auf; der Eine hält einen Brief in der Hand.) — Die Vorigen. Erster Heiduck.Der Obrist Kottwitz, Hennings, Truchß und Andre, Erbitten sich Gehör!
Der Kurfürst (zu dem Anderen, indem er ihm den Brief aus der Hand nimmt.)Vom Prinzen Arthur?
Zweiter Heiduck.Ja, mein erlauchter Herr!
Der Kurfürst.Wer gab ihn Dir?
Zweiter Heiduck.Der Schweizer, der am Thor die Wache hält, Dem ihn des Prinzen Jäger eingehändigt.
(der Kurfürst stellt sich an den Tisch und lies’t, nachdem dies ge- schehen ist, wendet er sich, und ruft einem Pagen.)Prittwitz! — Das Todesurtheil bring’ mir her! — Und auch den Paß, für Gustav Graf von Horn, Den schwedischen Gesandten, will ich haben!
(der Page ab; zu dem ersten Heiducken.)Kottwitz, und sein Gefolg’ — sie sollen kommen!
Fünfter Auftritt.
Obrist Kottwitz und Obrist Hennings, Graf Truchß, Graf Heinrich und Sparren, Graf Stein, Ritt- meister von Golz und Stranz, und andre Obristen und Officiere (treten auf.) — Die Vorigen. Obrist Kottwitz (mit der Bittschrift.)Vergönne, mein erhabner Kurfürst, mir, Daß ich, im Namen des gesammten Heers, In Demuth dies Papier Dir überreiche!
Der Kurfürst.Kottwitz, bevor ich’s nehme, sag’ mir an, Wer hat Dich her nach dieser Stadt gerufen?
Kottwitz (sieht ihn an.)Mit den Dragonern?
Der Kurfürst.Mit dem Regiment! — Arnstein hatt’ ich zum Sitz Dir angewiesen.
Kottwitz.Herr! Deine Ordre hat mich hergerufen.
Der Kurfürst.Wie? — Zeig’ die Ordre mir.
Kottwitz.Hier, mein Gebieter.
Der Kurfürst (lies’t.)»Natalie, gegeben Fehrbellin; In Auftrag meines höchsten Oheims Friedrich.« —
Kottwitz.Bei Gott, mein Fürst und Herr, ich will nicht hoffen, Daß Dir die Ordre fremd?
Der Kurfürst.Nicht, nicht! Versteh mich — Wer ist’s, der Dir die Ordre überbracht?
Kottwitz.Graf Stein!
88 Der Kurfürst (nach einer augenblicklichen Pause.)Vielmehr, ich heiße Dich willkommen! — Dem Prinzen Arthur, dem das Recht gesprochen, Bist Du bestimmt, mit Deinen zwölf Schwadronen, Die letzten Ehren morgen zu erweisen.
Kottwitz (erschrocken.)Wie, mein erlauchter Herr?!
Der Kurfürst (indem er ihm die Ordre wieder giebt.)Das Regiment Steht noch, in Nacht und Nebel, vor dem Schloß?
Kottwitz.Die Nacht, vergieb —
Der Kurfürst.Warum rückt es nicht ein?
Kottwitz.Mein Fürst, es rückte ein; es hat Quartiere, Wie Du befahlst, in dieser Stadt bezogen.
Der Kurfürst (mit einer Wendung gegen das Fenster.)Wie? Vor zwei Augenblicken — —? Nun, beim Himmel! So hast Du Ställe rasch Dir ausgemittelt! — Um so viel besser denn! Gegrüßt noch einmal! Was führt Dich her, sag’ an? Was bringst Du Neues?
Kottwitz.Herr, diese Bittschrift Deines treuen Heers.
Der Kurfürst.Gieb!
Kottwitz.Doch das Wort, das Deiner Lipp’ entfiel, Schlägt alle meine Hoffnungen zu Boden.
Der Kurfürst.So hebt ein Wort auch wiederum sie auf,
(er lies’t.)»Bittschrift, die allerhöchste Gnad’ erflehend, Für unsern Führer, peinlich angeklagt, 89 Den General, Prinz Friedrich Arthur.«
(zu den Officieren.)Ein edler Nam’, ihr Herrn! unwürdig nicht, Daß ihr, in solcher Zahl, euch ihm verwendet!
(er sieht wieder in das Blatt.)Die Bittschrift ist verfaßt von wem?
Kottwitz.Von mir.
Der Kurfürst.Der Prinz ist von dem Inhalt unterrichtet?
Kottwitz.Nicht auf die fernste Weis’! In unsrer Mitte Ist sie empfangen und vollendet worden.
Der Kurfürst.Gebt mir auf einen Augenblick Geduld.
(er tritt an den Tisch und durchsieht die Schrift. — Lange Pause.)Hm! Sonderbar! — Du nimmst, Du alter Krieger, Des Prinzen That in Schutz? Rechtfertigst ihn, Daß er auf Wrangel stürzte, unbeordert?
Kottwitz.Ja, mein erlauchter Herr; das thut der Kottwitz!
Der Kurfürst.Der Meinung auf dem Schlachtfeld warst Du nicht.
Kottwitz.Das hatt’ ich schlecht erwogen, mein Gebieter! Dem Prinzen, der den Krieg gar wohl versteht, Hätt ich mich ruhig unterwerfen sollen. Die Schweden wankten, auf dem linken Flügel, Und auf dem rechten wirkten sie Succurs; Hätt’ er auf Deine Ordre warten wollen, Sie faßten Posten wieder, in den Schluchten, Und nimmermehr hätt’st Du den Sieg erkämpft.
90 Der Kurfürst.So! — Das beliebt Dir so vorauszusetzen! Den Obrist Hennings hatt’ ich abgeschickt, Wie Dir bekannt, den schwed’schen Brückenkopf, Der Wrangels Rücken deckt, hinwegzunehmen. Wenn ihr die Ordre nicht gebrochen hättet, Dem Hennings wäre dieser Schlag geglückt; Die Brücken hätt’ er, in zwei Stunden Frist, In Brand gesteckt, am Rhyn sich aufgepflanzt, Und Wrangel wäre ganz, mit Stumpf und Stiel, In Gräben und Morast, vernichtet worden.
Kottwitz.Es ist der Stümper Sache, nicht die Deine, Des Schicksals höchsten Kranz erringen wollen; Du nahmst, bis heut, noch stets, was es Dir bot. Der Drache ward, der Dir die Marken trotzig Verwüstete, mit blut’gem Hirn verjagt: Was konnte mehr, an einem Tag, geschehn? Was liegt Dir dran, ob er zwei Wochen noch Erschöpft im Sand liegt, und die Wunden heilt? Die Kunst jetzt lernten wir, ihn zu besiegen, Und sind voll Lust, sie fürder noch zu üben: Laß uns den Wrangel rüstig, Brust an Brust, Noch einmal treffen, so vollendet sich’s, Und in die Ostsee ganz fliegt er hinab! Rom ward an einem Tage nicht erbaut.
Der Kurfürst.Mit welchem Recht, Du Thor, erhoffst Du das, Wenn auf dem Schlachtenwagen, eigenmächtig, Mir in die Zügel jeder greifen darf? Meinst Du, das Glück werd’ immerdar, wie jüngst, Mit einem Kranz den Ungehorsam lohnen? Den Sieg nicht mag ich, der, ein Kind des Zufalls, Mir von der Bank fällt; das Gesetz will ich, 91 Die Mutter meiner Krone, aufrecht halten, Die ein Geschlecht von Siegen mir erzeugt.
Kottwitz.Herr, das Gesetz, das höchste, oberste, Das wirken soll, in Deiner Feldherrn Brust, Das ist der Buchstab Deines Willens nicht; Das ist das Vaterland, das ist die Krone Das bist Du selber, dessen Haupt sie trägt. Was kümmert Dich, ich bitte Dich, die Regel, Nach der der Feind sich schlägt: wenn er nur nieder Vor Dir, mit allen seinen Fahnen, sinkt? Die Regel, die ihn schlägt, das ist die höchste! Schütt’ -ich mein Blut Dir, an dem Tag der Schlacht, Für Sold, sey’s Geld, sey’s Ehre, in den Staub? Was! Meine Lust hab’ meine Freude ich, An Deiner Trefflichkeit und Herrlichkeit, Am Ruhm und Wachsthum Deines großen Namens! Das ist der Lohn, dem sich mein Herz verkauft! Gesetzt, um dieses unberufnen Siegs, Brächst Du dem Prinzen jetzt den Stab; und ich, Ich träfe morgen, gleichfalls unberufen, Den Sieg wo irgend zwischen Wald und Felsen Mit den Schwadronen, wie ein Schäfer, an: Bei Gott ein Schelm müßt’ ich doch seyn, wenn ich Des Prinzen That nicht munter wiederholte. Und sprächst Du, das Gesetzbuch in der Hand: »Kottwitz, Du hast den Kopf verwirkt!« so sagt ich: Das wußt’ ich, Herr; da nimm ihn hin, hier ist er: Als mich ein Eid an Deine Krone band, Mit Haut und Haar, nahm ich den Kopf nicht aus, Und nichts Dir gäb’ ich, was nicht Dein gehörte!
Der Kurfürst.Mit Dir, Du alter, wunderlicher Herr, Werd’ ich nicht fertig! Es besticht dein Wort 92 Mich, mit arglist’ger Rednerkunst gesetzt, Mich, den Du weißt Dir zugethan, und einen Sachwalter ruf’ ich mir, den Streit zu enden, Der meine Sache führt!
(er klingelt, ein Bedienter tritt auf.)Prinz Friedrich Arthur — Man führ’ aus dem Gefängniß ihn hieher!
(Der Bediente ab.)Der wird Dich lehren, das versichr’ ich Dich, Was Kriegszucht und Gehorsam sey! Ein Schreiben Schickt’ er mir mindstens zu, das anders lautet, Als der spitzfünd’ge Lehrbegriff der Freiheit, Den Du hier, wie ein Knabe mir entfaltet.
(er stellt sich wieder an den Tisch und lies’t.) Kottwitz (erstaunt.)Wen holt? — Wen ruft? —
Oberst Hennings.Ihn selber?
Graf Truchß.Nein, unmöglich!
(die Officiere treten unruhig zusammen und sprechen mit einander.) Der Kurfürst.Von wem ist diese zweite Zuschrift hier?
Graf Heinrich.Von mir, mein Fürst!
Der Kurfürst (lies’t)»Beweis, das Kurfürst Friedrich Des Prinzen That selbst« — — — Nun, beim Himmel! Das nenn’ ich keck! Was! Die Veranlassung, Du wälzest sie des Frevels, Den er sich in der Schlacht erlaubt, auf mich?
93 Graf Heinrich.Auf Dich, mein Kurfürst; ja, ich, Vetter Heinrich!
Der Kurfürst.Nun denn, bei Gott, das übersteigt die Fabel! Der Eine zeigt mir, daß nicht schuldig er, Der Andre gar mir, daß der Schuld’ge ich! — Womit wirst solchen Satz Du mir beweisen?
Graf Heinrich.Du wirst Dich jener Nacht, o Herr, erinnern, Da wir den Prinzen, tief versenkt im Schlaf, Im Garten unter den Platanen fanden: Vom Sieg des nächsten Tages mocht’ er träumen, Und einen Lorbeer hielt er in der Hand. Du, gleichsam um sein tiefes Herz zu prüfen, Nahmst ihm den Kranz hinweg, die Kette schlugst Du, Die Dir vom Hals hängt, lächelnd um das Laub; Und reichtest Kranz und Kette, so verschlungen, Dem Fräulein, Deiner edlen Nichte, hin. Der Prinz steht, bei so wunderbarem Anblick, Erröthend auf, so süße Dinge will er, Und von so lieber Hand gereicht, ergreifen: Du aber, die Prinzessin rückwärts führend, Entziehst Dich eilig ihm; die Thür empfängt Dich, Jungfrau und Kett’ und Lorbeerkranz verschwinden, Und einsam — einen Handschuh in der Hand, Den er, nicht weiß er selber, wem? entrissen — Im Schooß der Mitternacht, bleibt er zurück.
Der Kurfürst.Welch’ einen Handschuh?
Graf Heinrich.Herr, laß mich vollenden! — Die Sache war ein Scherz; jedoch von welcher Bedeutung ihm, das lernt’ ich bald erkennen; Denn, da ich, durch des Gartens hintre Pforte, 94 Jetzt zu ihm schleich’, als wär’s von ungefähr, Und ihn erweck’, und er die Sinne sammelt: Gießt die Erinnrung Freude über ihn, Nichts Rührenders fürwahr, kannst Du Dir denken! Den ganzen Vorfall, gleich, als wär’s ein Traum, Trägt er, bis auf den kleinsten Zug, mir vor; So lebhaft, meint’ er, hab er nie geträumt —: Und fester Glaube baut sich in ihm auf, Der Himmel hab’ ein Zeichen ihm gegeben: Es werde Alles, was sein Geist gesehn, Jungfrau und Lorbeerkranz und Ehrenschmuck, Gott, an dem Tag der nächsten Schlacht, ihm schenken.
Der Kurfürst.Hm! Sonderbar! — Und jener Handschuh? —
Graf Heinrich.Ja! Dieß Stück des Traums, das ihm verkörpert ward, Zerstört zugleich und kräftigt seinen Glauben. Zuerst, mit großem Aug’ sieht er ihn an: — Weiß ist die Farb’, er scheint, nach Art und Bildung, Von einer Dame Hand: — doch weil er keine Zu Nacht, der er entnommen könnte seyn, Im Garten sprach, — durchkreuzt, in seinem Dichten, Von mir, der zur Parol auf’s Schloß ihn ruft, Vergißt er, was er nicht begreifen kann, Und steckt zerstreut den Handschuh in’s Collet.
Der Kurfürst.Nun? Drauf?
Graf Heinrich.Drauf tritt er nun, mit Stift und Tafel, In’s Schloß, aus des Feldmarschalls Mund, in frommer Aufmerksamkeit den Schlachtbefehl zu hören; Die Fürstin und Prinzessin, reisefertig Befinden grad’ im Herrensaal sich auch. 95 Doch wer ermißt das ungeheure Staunen, Das ihn ergreift, da die Prinzess’ den Handschuh, Den er sich ins Collet gesteckt, vermißt! Der Marschall ruft, zu wiederholten Malen: Prinz Friedrich Arthur! Was befiehlt mein Marschall? Entgegnet er, und will die Sinne sammeln; Doch er, von Wundern ganz umringt — —: der Donner Des Himmels hätte niederfallen können — —!
(er hält inne.) Der Kurfürst.War’s der Prinzessin Handschuh?
Graf Heinrich.Allerdings!
(der Kurfürst fällt in Gedanken.) Graf Heinrich (fährt fort.)Ein Stein ist er; den Bleistift in der Hand, Steht er zwar da und scheint ein Lebender; Doch die Empfindung, wie durch Zauberschläge, In ihm verlöscht; und erst am andern Morgen, Da das Geschütz schon in den Reihen donnert, Kehrt er in’s Daseyn wieder und befragt mich: Liebster, was hat schon Dörfling, sag’ mir’s, gestern Beim Schlachtbefehl, mich treffend, vorgebracht?
Feldmarschall.Herr die Erzählung, wahrlich, unterschreib ich! Der Prinz, erinn’r ich mich, von meiner Rede Vernahm kein Wort; zerstreut sah ich ihn oft, Jedoch in solchem Grad abwesend ganz Aus seiner Brust, noch nie, als diesen Tag.
Der Kurfürst.Und nun, wenn ich Dich anders recht verstehe, Thürmst Du, wie folgt, das Schlußgebäu mir auf: Hätt’ ich, mit dieses jungen Träumers Zustand, Zweideutig nicht gescherzt, so blieb er schuldlos: Bei der Parole wär’ er nicht zerstreut, 96 Nicht widerspänstig in der Schlacht gewesen. Nicht? Nicht? Das ist die Meinung?
Graf Heinrich.Mein Gebieter, Das überlass’ ich jetzt Dir, zu ergänzen.
Der Kurfürst.Thor, der Du bist, Blödsinniger! Hättest Du Nicht in den Garten mich hinabgerufen, So hätt’ ich, einem Trieb der Neugier folgend, Mit diesem Träumer harmlos nicht gescherzt. Mithin behaupt’ ich, ganz mit gleichem Recht, Der sein Versehn veranlaßt hat, warst Du! — Die delphsche Weisheit meiner Officiere!
Graf Heinrich.Es ist genug, mein Kurfürst! Ich bin sicher, Mein Wort fiel, ein Gewicht, in Deine Brust.
Sechster Auftritt.
Ein Officier (tritt auf.) — Die Voriger. Der Officier.Der Prinz, o Herr, wird augenblicks erscheinen!
Der Kurfürst.Wohlan! Laßt ihn herein.
Officier.In zwei Minuten! — Er ließ nur flüchtig, im Vorübergehn, Durch einen Pförtner sich den Kirchhof öffnen.
Der Kurfürst.Den Kirchhof?
Officier.Ja, mein Fürst und Herr!
Der Kurfürst.Weßhalb?
97 Officier.Die Wahrheit zu gestehn, ich weiß es nicht; Es schien, das Grabgewölb wünscht’ er zu sehen, Das Dein Gebot ihm dort eröffnen ließ.
(Die Obersten treten zusammen und sprechen mit einander.) Der Kurfürst.Gleichviel! Sobald er kömmt, laßt ihn herein.
(er tritt wieder an den Tisch und sieht in die Papiere.) Graf Truchß.Da führt die Wache schon den Prinzen her.
Siebenter Auftritt.
Prinz Arthur (tritt auf.) Ein Officier mit Wache. Die Vorigen. Der Kurfürst.Mein junger Prinz, euch ruf’ ich mir zu Hülfe! Der Obrist Kottwitz bringt, zu Gunsten eurer, Mir dieses Blatt hier, schaut, in langer Reihe Von hundert Edelleuten unterzeichnet; Das Heer begehre, heißt es, eure Freiheit, Und billige den Spruch des Kriegsrechts nicht. — Les’t, bitt’ ich, selbst, und unterrichtet euch!
(er giebt ihm das Blatt.) Prinz Arthur (nach dem er einen Blick hineingethan, wendet er sich und sieht sich im Kreis der Officiere um.)Kottwitz, gieb Deine Hand mir, alter Freund! Du thust mir mehr, als ich, am Tag der Schlacht Um Dich verdient! Doch jetzt geschwind geh hin Nach Arnstein wiederum, von wo Du kamst, Und rühr’ Dich nicht; ich hab’s mir überlegt; Ich will den Tod, der mir erkannt, erdulden!
(er übergiebt ihm die Schrift.) 98 Kottwitz (betroffen.)Nein, nimmermehr, mein Prinz! Was sprichst Du da?
Graf Heinrich.Er will den Tod —?
Graf Truchß.Er soll und darf nicht sterben!
Mehrere Officiere (vordringend.)Mein Herr und Kurfürst! Mein Gebieter! Hör’ uns!
Prinz Arthur.Ruhig! Es ist mein unbeugsamer Wille! Ich will das heilige Gesetz des Kriegs, Das ich verletzt’ im Angesicht des Heers, Durch einen freien Tod verherrlichen! Was kann der Sieg euch, meine Brüder, gelten, Der eine, dürftige, den ich vielleicht Dem Wrangel noch entreiße, dem Triumph Verglichen, über den verderblichsten Der Feind’ in uns, dem Trotz, dem Uebermuth, Errungen glorreich morgen? Es erliege Der Fremdling, der uns unterjochen will, Und frei, auf mütterlichem Grund, behaupte Der Brandenburger sich, denn sein ist er, Und seiner Fluren Pracht nur ihm erbaut!
Kottwitz (gerührt.)Mein Sohn! Mein liebster Freund! Wie nenn’ ich Dich?
Graf Truchß.O Gott der Welt!
Kottwitz.Laß Deine Hand mich küssen!
(Sie drängen sich um ihn.) Prinz Arthur (wendet sich zum Kurfürsten.)Doch Dir, mein Fürst, der einen süßern Namen Dereinst mir führte, leider jetzt verscherzt; Dir leg’ ich, tiefbewegt, zu Füßen mich! 99 Vergieb, wenn ich, am Tage der Entscheidung, Mit übereiltem Eifer Dir gedient: Der Tod wäscht jetzt von jeder Schuld mich rein. Laß meinem Herzen, das versöhnt und heiter Sich Deinem Rechtsspruch unterwirft, den Trost, Daß Deine Brust auch jedem Groll entsagt: Und in der Abschiedsstunde, dess’ zum Zeichen, Bewill’ge huldreich eine Gnade mir!
Der Kurfürst.Sprich, junger Held! Was ist’s, das Du begehrst? Mein Wort verpfänd’ ich Dir und Ritterehre! Was es auch sey, es ist Dir zugestanden!
Prinz Arthur.Erkauf’, o Herr, mit Deiner Nichte Hand, Von Gustav Karl den Frieden nicht! Hinweg Mit diesem Unterhändler aus dem Lager, Der solchen Antrag ehrlos Dir gemacht: Mit Kettenkugeln schreib’ die Antwort ihm!
Der Kurfürst (küßt seine Stirn.)Sey’s, wie Du sagst, mit diesem Kuß, mein Sohn, Bewilligt sey die letzte Bitte Dir! Was auch bedarf es dieses Opfers noch, Vom Mißglück nur des Kriegs mir abgerungen; Blüht doch aus jedem Wort, das Du gesprochen, Jetzt mir ein Sieg auf, der zu Staub ihn malmt! Prinz Arthur’s Braut sey sie, werd’ ich ihm schreiben, Der Fehrbellins halb dem Gesetz verfiel, Und seinem Geist, todt vor den Fahnen schreitend, Kämpf er auf dem Gefild der Schlacht, sie ab!
(er küßt ihn noch einmal und erhebt ihn.) Prinz Arthur.Nun sieh, jetzt schenktest Du das Leben mir! Nun fleh’ ich jeden Segen Dir herab Den von dem Thron der Wolken Seraphin 100 Auf Heldenhäupter jauchzend niederschütten; Geh und bekrieg’, o Herr, und überwinde Den Weltkreis, der Dir trotzt — denn Du bist’s werth!
Der Kurfürst.Wache! Führt ihn zurück in sein Gefängniß!
Achter Auftritt.
Natalie und die Kurfürstin (zeigen sich unter der Thür), Hofdamen (folgen.) — Die Vorigen. Natalie.O Mutter, laß! Was sprichst Du mir von Sitte? Die höchst’, in solcher Stund’, ist ihn zu lieben! — Mein theurer, unglücksel’ger Freund!
Prinz Arthur (bricht auf.)Hinweg!
Graf Truchß (hält ihn.)Nein, nimmermehr, mein Prinz!
(mehrere Officiere treten ihm in den Weg.) Prinz Arthur.Führt mich hinweg!
Graf Heinrich.Mein Kurfürst, kann Dein Herz —?
Prinz Arthur (reißt sich los.)Tyrannen, wollt ihr Hinaus an Ketten mich zum Richtplatz schleifen? Fort! — Mit der Welt schloß ich die Rechnung ab!
(ab, mit Wache.) Natalie (indem sie sich an die Brust der Tante legt.)O Erde, nimm in deinen Schoos mich auf! Wozu das Licht der Sonne länger schauen?
Neunter Anftritt.
Die Vorigen (ohne den Prinzen Arthur.) Feldmarschall.O Gott der Welt! Mußt’ es bis dahin kommen!
(der Kurfürst spricht heimlich und angelegentlich mit einem Officier.) Kottwitz (kalt.)Mein Fürst und Herr, nach dem, was vorgefallen Sind wir entlassen?
Der Kurfürst.Nein! Zur Stund noch nicht! Dir sag’ ich’s an, wenn Du entlassen bist!
(er fixirt ihn eine Weile mit den Augen; alsdann nimmt er die Papiere, die ihm der Page gebracht hat, vom Tisch, und wendet sich damit zum Feldmarschall.)Hier diesen Paß dem schwed’schen Grafen Horn! Es wär’ des Prinzen, meines Vetters Bitte, Die ich verpflichtet wäre, zu erfüllen; Der Krieg heb’ in drei Tagen wieder an!
(Pause. — Er wirft einen Blick in das Todesurtheil.)Ja, urtheilt selbst, ihr Herrn! Prinz Friedrich Arthur Hat im verflossenen Jahr, durch Trotz und Leichtsinn, Um zwei der schönsten Siege mich gebracht, Den dritten auch hat er mir schwer gekränkt. Die Schule dieser Tage durchgegangen, Wollt ihr’s zum vierten Male mit ihm wagen?
Kottwitz und Truchß (durcheinander.)Wie, mein vergöttert — angebeteter? —
Der Kurfürst.Wollt ihr? Wollt ihr?
Kottwitz.Bei dem lebend’gen Gott, Du könntest an Verderbens Abgrund stehn, 102 Daß er, um Dir zu helfen, Dich zu retten, Auch nicht das Schwert mehr zückte, ungerufen!
Der Kurfürst (zerreißt das Todesurtheil.)So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir!
(Alle ab.) Scene: Schloß, mit der Rampe, die in den Garten hinabführt, wie im ersten Akt. — Es ist wieder Nacht.Zehnter Auftritt.
Prinz Arthur (wird vom) Rittmeister Stranz (mit verbundenen Augen durch das untere Gartengitter aufgeführt.) Officiere mit Wache. — (In der Ferne hört man) Trommeln des Todtenmarsches. Prinz Arthur.Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein! Du strahlst mir durch die Binde meiner Augen, Mit Glanz der tausendfachen Sonne zu! Es wachsen Flügel mir an beiden Schultern, Durch stille Aetherräume schwingt mein Geist; Und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt, Die muntre Hafenstadt versinken sieht, So geht mir dämmernd alles Leben unter: Jetzt’ unterscheid’ ich Farben noch und Formen, Und jetzt liegt Nebel Alles unter mir.
(Der Prinz setzt sich auf die Bank, die in der Mitte des Platzes um die Eiche aufgeschlagen ist, der Nittmeister Stranz entfernt sich von ihm, und sieht nach der Rampe hinauf.) Prinz Arthur.Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet! — Spürst Du es nicht?
(Stranz kommt wieder zu ihm zurück.) Stranz.Es sind Levkoyn und Nelken.
Prinz Arthur.Levkoyn? — Wie kommen die hierher?
103 Stranz.Ich weiß nicht. — Es scheint, ein Mädchen hat sie hier gepflanzt. — Kann ich Dir eine Nelke reichen?
Prinz Arthur.Lieber! — Ich will zu Hause sie in Wasser setzen.
Elfter Auftritt.
Der Kurfürst (mit dem Lorbeerkranz, um welchen die goldne Kette geschlungen ist,) Kurfürstin, Prinzessin Na- talie, Feldmarschall Dörfling, Obrist Kott- witz, Graf Heinrich, Golz u. s. w. — Hofda- men, Officiere und Fackeln (erscheinen auf der Rampe des Schlosses.) — Graf Heinrich (tritt, mit einem Tuch, an das Geländer und winkt dem) Rittmeister Stranz; (worauf dieser den) Prinzen Arthur (ver- läßt, und im Hintergrund mit der) Wache (spricht.) Prinz Arthur.Lieber, was für ein Glanz verbreitet sich?
Stranz (kehrt zu ihm zurück.)Mein Prinz, willst Du gefällig Dich erheben?
Prinz Arthur.Was giebt es?
Stranz.Nichts, das Dich erschrecken dürfte! — Die Augen bloß will ich Dir wieder öffnen.
Prinz Arthur.Schlug meiner Leiden letzte Stunde?
Stranz.Ja! — Heil Dir und Segen, denn Du bist es werth!
(der Kurfürst giebt den Kranz, an welchem die Kette hängt, der Prinzessin, nimmt sie bei der Hand und führt sie die Rampe hinab. Herren und Damen folgen. Die Prin- zessin tritt, umgeben von Fackeln, vor den Prinzen, 104 welcher erstaunt aufsteht; setzt ihm den Kranz auf, hängt ihm die Kette um, und drückt seine Hand an ihr Herz. Der Prinz fällt in Ohnmacht.) Natalie.Himmel! Die Freude tödtet ihn!
Graf Heinrich (faßt ihn auf.)Zu Hülfe!
Der Kurfürst.Laßt den Kanonendonner ihn erwecken!
(Kanonenschüsse. Ein Marsch. Das Schloß erleuchtet sich.) Kottwitz.Heil, Heil dem Prinz Arthur!
Die Officiere.Heil! Heil! Heil!
Alle.Dem Sieger in der Schlacht bei Fehrbellin!
(augenblickliches Stillschweigen.) Prinz Arthur.Nein, sagt! Ist es ein Traum?
Kottwitz.Ein Traum, was sonst?
Mehrere Officiere.In’s Feld! In’s Feld!
Graf Truchß.Zur Schlacht!
Feldmarschall.Zum Sieg! Zum Sieg!
Alle.In’s Feld! Zum Sieg!